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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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an den Leser.

Mehr sage ich nicht. Es möchte es auch niemand lesen/
wann ich es zu lang machte: doch dieses eintzige lied/ wel-
ches ich ungefehr vergessen habe in den gesprächen mit ein-
zubringen/ wird sich an diesem orte nicht unfüglich zur zu-
gabe herbey setzen lassen.

WOhl dem der noch in seinem leben
Ein lustig stündgen haben kan/
Wann andre sich dem schmertz ergeben/
Und stecken zwischen furcht und wahn/
So bleibt der trost der ihn ergetzt
Auff einen festen grund gesetzt.
2. Jch finde keine lust im sauffen:
Gesetzt ich liesse tag und nacht
Den kalten safft in magen lauffen/
Der nur den scheidel hitzig macht.
So sagt ich endlich morgens früh/
Die lust verlohnt sich nicht der müh.
3. So frag ich auch nach keinen spielen/
Es macht mich reich und wieder arm/
Und sol ich meinen schaden fühlen/
So wird die stube gar zu warm/
Gleichwie man spricht: das spielen hitzt.
Und wann man in dem keller sitzt.
4. Dem frauenzimmer nachzugehen
Giebt endlich schlechten überdruß/
Doch weil man offt zurücke stehen
Und in gedancken wuchern muß/
So ist auch dieses nicht die bahn
Darauff man sich vergnügen kan.
5. Drum lob ich allzeit meine freude
Der angenehmen Poesi/
Die
an den Leſer.

Mehr ſage ich nicht. Es moͤchte es auch niemand leſen/
wann ich es zu lang machte: doch dieſes eintzige lied/ wel-
ches ich ungefehr vergeſſen habe in den geſpraͤchen mit ein-
zubringen/ wird ſich an dieſem orte nicht unfuͤglich zur zu-
gabe herbey ſetzen laſſen.

WOhl dem der noch in ſeinem leben
Ein luſtig ſtuͤndgen haben kan/
Wann andre ſich dem ſchmertz ergeben/
Und ſtecken zwiſchen furcht und wahn/
So bleibt der troſt der ihn ergetzt
Auff einen feſten grund geſetzt.
2. Jch finde keine luſt im ſauffen:
Geſetzt ich lieſſe tag und nacht
Den kalten ſafft in magen lauffen/
Der nur den ſcheidel hitzig macht.
So ſagt ich endlich morgens fruͤh/
Die luſt verlohnt ſich nicht der muͤh.
3. So frag ich auch nach keinen ſpielen/
Es macht mich reich und wieder arm/
Und ſol ich meinen ſchaden fuͤhlen/
So wird die ſtube gar zu warm/
Gleichwie man ſpricht: das ſpielen hitzt.
Und wann man in dem keller ſitzt.
4. Dem frauenzimmer nachzugehen
Giebt endlich ſchlechten uͤberdruß/
Doch weil man offt zuruͤcke ſtehen
Und in gedancken wuchern muß/
So iſt auch dieſes nicht die bahn
Darauff man ſich vergnuͤgen kan.
5. Drum lob ich allzeit meine freude
Der angenehmen Poeſi/
Die
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[287/0303] an den Leſer. Mehr ſage ich nicht. Es moͤchte es auch niemand leſen/ wann ich es zu lang machte: doch dieſes eintzige lied/ wel- ches ich ungefehr vergeſſen habe in den geſpraͤchen mit ein- zubringen/ wird ſich an dieſem orte nicht unfuͤglich zur zu- gabe herbey ſetzen laſſen. WOhl dem der noch in ſeinem leben Ein luſtig ſtuͤndgen haben kan/ Wann andre ſich dem ſchmertz ergeben/ Und ſtecken zwiſchen furcht und wahn/ So bleibt der troſt der ihn ergetzt Auff einen feſten grund geſetzt. 2. Jch finde keine luſt im ſauffen: Geſetzt ich lieſſe tag und nacht Den kalten ſafft in magen lauffen/ Der nur den ſcheidel hitzig macht. So ſagt ich endlich morgens fruͤh/ Die luſt verlohnt ſich nicht der muͤh. 3. So frag ich auch nach keinen ſpielen/ Es macht mich reich und wieder arm/ Und ſol ich meinen ſchaden fuͤhlen/ So wird die ſtube gar zu warm/ Gleichwie man ſpricht: das ſpielen hitzt. Und wann man in dem keller ſitzt. 4. Dem frauenzimmer nachzugehen Giebt endlich ſchlechten uͤberdruß/ Doch weil man offt zuruͤcke ſtehen Und in gedancken wuchern muß/ So iſt auch dieſes nicht die bahn Darauff man ſich vergnuͤgen kan. 5. Drum lob ich allzeit meine freude Der angenehmen Poeſi/ Die

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/303>, abgerufen am 16.07.2024.