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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Vierdtes Gespräch.
Was die betrübte faust dir zu gefallen setzt.

2. Du hast dein süsses theil zwar allbereit in armen/
Drum such ich keine gunst/ ich suche nur erbarmen.
Gieb mir den abschieds-gruß/ es schadt der liebe nicht
Wenn gleich dein schöner mund mir einen kuß verspricht.
3. Gedenck an meine noth darin ich mich betrübe/
Jch liebte deinen glantz in keuscher gegenliebe/
Jch war in deiner gunst was kaum ein bruder ist.
Nun soll ich fremde thun weil du versprochen bist.
4. Jst unser freundlichkeit so unverhofft verschwunden[/]
Wo ist die liebe zeit/ wo sind die schönen stunden/
Da ich mit stiller lust in deinen schosse saß/
Und alle liebligkeit von deinen lippen laß?
5. Ach freylich ist es auß/ ein ander hat das glücke/
Der jagt durch nneue spaß den alten schertz zurücke/
Und wenn er in der lust sein mandelnüßgen schmeckt/
So lächt er mich wol auß daß ich den rand geleckt.
6. Diß ist mir endlich lieb/ daß du dich hast erkläret:
Und also sind wir doch einander nicht bescheret:
Drum reis' ich auch von hier. Wie solte mir geschehn/
Wenn ich das hertzeleid solt alle tage sehn.
7. Mein kind ich bitte nur durch ihre weichen hände/
Und durch den rothen mund/ sie mach ein gutes ende.
Wiewol mein abschied ihut ihr nicht zu übrig weh.
Es ist auch schon genung daß ich ins elend geh.
8. Der himmel segne sie mit ihren schönen gaben/
Kein mensch hats wol gemerckt daß wir gelöffelt haben/
Drum schweig ich auch davon/ und sage mit bedacht/
Gantz still daß niemand hört/ mein hertzgen gute nacht.
Lis. Mons. Gilanes er kan zwey sprachen/ höh-
nisch und treuhertzig reden.
Gil. Jch kan es nicht läugnen/ ich habe es so nicht
gemeint. Der liebhaber hatte es auch verdient/ daß
man seine thorheit mit einem solchen nachklange be-
zahlte.
Fill. Jhr jungfern merckt doch diß/ wenn sich einer
an-
A a 2

Vierdtes Geſpraͤch.
Was die betruͤbte fauſt dir zu gefallen ſetzt.

2. Du haſt dein ſuͤſſes theil zwar allbereit in armen/
Drum ſuch ich keine gunſt/ ich ſuche nur erbarmen.
Gieb mir den abſchieds-gruß/ es ſchadt der liebe nicht
Wenn gleich dein ſchoͤner mund mir einen kuß verſpricht.
3. Gedenck an meine noth darin ich mich betruͤbe/
Jch liebte deinen glantz in keuſcher gegenliebe/
Jch war in deiner gunſt was kaum ein bruder iſt.
Nun ſoll ich fremde thun weil du verſprochen biſt.
4. Jſt unſer freundlichkeit ſo unverhofft verſchwunden[/]
Wo iſt die liebe zeit/ wo ſind die ſchoͤnen ſtunden/
Da ich mit ſtiller luſt in deinen ſchoſſe ſaß/
Und alle liebligkeit von deinen lippen laß?
5. Ach freylich iſt es auß/ ein ander hat das gluͤcke/
Der jagt durch nneue ſpaß den alten ſchertz zuruͤcke/
Und wenn er in der luſt ſein mandelnuͤßgen ſchmeckt/
So laͤcht er mich wol auß daß ich den rand geleckt.
6. Diß iſt mir endlich lieb/ daß du dich haſt erklaͤret:
Und alſo ſind wir doch einander nicht beſcheret:
Drum reiſ’ ich auch von hier. Wie ſolte mir geſchehn/
Wenn ich das hertzeleid ſolt alle tage ſehn.
7. Mein kind ich bitte nur durch ihre weichen haͤnde/
Und durch den rothen mund/ ſie mach ein gutes ende.
Wiewol mein abſchied ihut ihr nicht zu uͤbrig weh.
Es iſt auch ſchon genung daß ich ins elend geh.
8. Der himmel ſegne ſie mit ihren ſchoͤnen gaben/
Kein menſch hats wol gemerckt daß wir geloͤffelt haben/
Drum ſchweig ich auch davon/ und ſage mit bedacht/
Gantz ſtill daß niemand hoͤrt/ mein hertzgen gute nacht.
Liſ. Monſ. Gilanes er kan zwey ſprachen/ hoͤh-
niſch und treuhertzig reden.
Gil. Jch kan es nicht laͤugnen/ ich habe es ſo nicht
gemeint. Der liebhaber hatte es auch verdient/ daß
man ſeine thorheit mit einem ſolchen nachklange be-
zahlte.
Fill. Jhr jungfern merckt doch diß/ wenn ſich einer
an-
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[371/0387] Vierdtes Geſpraͤch. Was die betruͤbte fauſt dir zu gefallen ſetzt. 2. Du haſt dein ſuͤſſes theil zwar allbereit in armen/ Drum ſuch ich keine gunſt/ ich ſuche nur erbarmen. Gieb mir den abſchieds-gruß/ es ſchadt der liebe nicht Wenn gleich dein ſchoͤner mund mir einen kuß verſpricht. 3. Gedenck an meine noth darin ich mich betruͤbe/ Jch liebte deinen glantz in keuſcher gegenliebe/ Jch war in deiner gunſt was kaum ein bruder iſt. Nun ſoll ich fremde thun weil du verſprochen biſt. 4. Jſt unſer freundlichkeit ſo unverhofft verſchwunden/ Wo iſt die liebe zeit/ wo ſind die ſchoͤnen ſtunden/ Da ich mit ſtiller luſt in deinen ſchoſſe ſaß/ Und alle liebligkeit von deinen lippen laß? 5. Ach freylich iſt es auß/ ein ander hat das gluͤcke/ Der jagt durch nneue ſpaß den alten ſchertz zuruͤcke/ Und wenn er in der luſt ſein mandelnuͤßgen ſchmeckt/ So laͤcht er mich wol auß daß ich den rand geleckt. 6. Diß iſt mir endlich lieb/ daß du dich haſt erklaͤret: Und alſo ſind wir doch einander nicht beſcheret: Drum reiſ’ ich auch von hier. Wie ſolte mir geſchehn/ Wenn ich das hertzeleid ſolt alle tage ſehn. 7. Mein kind ich bitte nur durch ihre weichen haͤnde/ Und durch den rothen mund/ ſie mach ein gutes ende. Wiewol mein abſchied ihut ihr nicht zu uͤbrig weh. Es iſt auch ſchon genung daß ich ins elend geh. 8. Der himmel ſegne ſie mit ihren ſchoͤnen gaben/ Kein menſch hats wol gemerckt daß wir geloͤffelt haben/ Drum ſchweig ich auch davon/ und ſage mit bedacht/ Gantz ſtill daß niemand hoͤrt/ mein hertzgen gute nacht. Liſ. Monſ. Gilanes er kan zwey ſprachen/ hoͤh- niſch und treuhertzig reden. Gil. Jch kan es nicht laͤugnen/ ich habe es ſo nicht gemeint. Der liebhaber hatte es auch verdient/ daß man ſeine thorheit mit einem ſolchen nachklange be- zahlte. Fill. Jhr jungfern merckt doch diß/ wenn ſich einer an- A a 2

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/387>, abgerufen am 01.06.2024.