Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der beschützten Unschuld Flav. Seyd ihr von Turin? was habt ihr hier zu thun? Dieg. Es hat mich ein Herr hieher geschickt/ (hier mag der bote den Camillo in seinem gesicht/ haaren/ kleidern/ etc. beschreiben/ wie derselbe aussieht/ der die person agirt) aber ich darff es andern leuten nicht weiß machen/ was ich ausgerich- tet habe. Flav. Wo seyd ihr denn gewesen? ihr seyd treflich wunderlich. Dieg. Was mir verboten ist/ das sag ich nicht/ gu- ten tag. (geht ab.) Flav. Jst es möglich/ daß Camillo einen boten hier abgefertigt/ und mir keinen brieff geschickt hat. Jch muß selber anfangen an seiner treu zu zweiffeln. Pon- cinello ist auch nirgends anzutreffen/ welchen ich sonst diesem boten könte über den hals schicken. (Er rufft) Poncinello/ Poncinello. Poncinello kömmt. Ponc. Was da/ was da/ wer rufft? Flav. Du stückschelm/ wo steckstu den gantzen tag? du wirst dein geld wohl verdienen. Ponc. Herr ich bin stets zu hause. Flav. Jm wein-hause vielleicht. Ponc. Jch kan keinen wein riechen. Flav. Drum säuffstu ihn aus/ daß du ihn nicht rie- chen darffst. Pon. Jch hab ein gut gewissen. Flav. Grösser als ein scheun-thor. Doch itzt ist nicht die zeit/ possen zu treiben: hastu noch keinen bo- ten von Camillo gesehn? Ponc. Nein fürwahr/ ich lauffe alle tage auff die land-
Der beſchuͤtzten Unſchuld Flav. Seyd ihr von Turin? was habt ihr hier zu thun? Dieg. Es hat mich ein Herꝛ hieher geſchickt/ (hier mag der bote den Camillo in ſeinem geſicht/ haaren/ kleidern/ ꝛc. beſchreiben/ wie derſelbe ausſieht/ der die perſon agirt) aber ich darff es andern leuten nicht weiß machen/ was ich ausgerich- tet habe. Flav. Wo ſeyd ihr denn geweſen? ihr ſeyd treflich wunderlich. Dieg. Was mir verboten iſt/ das ſag ich nicht/ gu- ten tag. (geht ab.) Flav. Jſt es moͤglich/ daß Camillo einen boten hieꝛ abgefertigt/ und mir keinen brieff geſchickt hat. Jch muß ſelber anfangen an ſeiner treu zu zweiffeln. Pon- cinello iſt auch nirgends anzutreffen/ welchen ich ſonſt dieſem boten koͤnte uͤber den hals ſchicken. (Er rufft) Poncinello/ Poncinello. Poncinello koͤmmt. Ponc. Was da/ was da/ wer rufft? Flav. Du ſtuͤckſchelm/ wo ſteckſtu den gantzen tag? du wirſt dein geld wohl verdienen. Ponc. Herꝛ ich bin ſtets zu hauſe. Flav. Jm wein-hauſe vielleicht. Ponc. Jch kan keinen wein riechen. Flav. Drum ſaͤuffſtu ihn aus/ daß du ihn nicht rie- chen darffſt. Pon. Jch hab ein gut gewiſſen. Flav. Groͤſſer als ein ſcheun-thor. Doch itzt iſt nicht die zeit/ poſſen zu treiben: haſtu noch keinen bo- ten von Camillo geſehn? Ponc. Nein fuͤrwahr/ ich lauffe alle tage auff die land-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0518" n="502"/> <fw place="top" type="header">Der beſchuͤtzten Unſchuld</fw><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Seyd ihr von Turin? was habt ihr hier zu<lb/> thun?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Dieg.</speaker> <p>Es hat mich ein Herꝛ hieher geſchickt/</p> <stage>(hier<lb/> mag der bote den Camillo in ſeinem geſicht/<lb/> haaren/ kleidern/ ꝛc. beſchreiben/ wie derſelbe<lb/> ausſieht/ der die perſon agirt)</stage> <p>aber ich darff es<lb/> andern leuten nicht weiß machen/ was ich ausgerich-<lb/> tet habe.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Wo ſeyd ihr denn geweſen? ihr ſeyd treflich<lb/> wunderlich.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Dieg.</speaker> <p>Was mir verboten iſt/ das ſag ich nicht/ gu-<lb/> ten tag.</p> </sp> <stage>(geht ab.)</stage><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Jſt es moͤglich/ daß Camillo einen boten hieꝛ<lb/> abgefertigt/ und mir keinen brieff geſchickt hat. Jch<lb/> muß ſelber anfangen an ſeiner treu zu zweiffeln. Pon-<lb/> cinello iſt auch nirgends anzutreffen/ welchen ich ſonſt<lb/> dieſem boten koͤnte uͤber den hals ſchicken.</p> </sp><lb/> <stage>(Er rufft) <hi rendition="#fr">Poncinello/ Poncinello.</hi><lb/><hi rendition="#c">Poncinello koͤmmt.</hi></stage><lb/> <sp> <speaker>Ponc.</speaker> <p>Was da/ was da/ wer rufft?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Du ſtuͤckſchelm/ wo ſteckſtu den gantzen tag?<lb/> du wirſt dein geld wohl verdienen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Ponc.</speaker> <p>Herꝛ ich bin ſtets zu hauſe.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Jm wein-hauſe vielleicht.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Ponc.</speaker> <p>Jch kan keinen wein riechen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Drum ſaͤuffſtu ihn aus/ daß du ihn nicht rie-<lb/> chen darffſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Pon.</speaker> <p>Jch hab ein gut gewiſſen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Groͤſſer als ein ſcheun-thor. Doch itzt iſt<lb/> nicht die zeit/ poſſen zu treiben: haſtu noch keinen bo-<lb/> ten von Camillo geſehn?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Ponc.</speaker> <p>Nein fuͤrwahr/ ich lauffe alle tage auff die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">land-</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [502/0518]
Der beſchuͤtzten Unſchuld
Flav. Seyd ihr von Turin? was habt ihr hier zu
thun?
Dieg. Es hat mich ein Herꝛ hieher geſchickt/ (hier
mag der bote den Camillo in ſeinem geſicht/
haaren/ kleidern/ ꝛc. beſchreiben/ wie derſelbe
ausſieht/ der die perſon agirt) aber ich darff es
andern leuten nicht weiß machen/ was ich ausgerich-
tet habe.
Flav. Wo ſeyd ihr denn geweſen? ihr ſeyd treflich
wunderlich.
Dieg. Was mir verboten iſt/ das ſag ich nicht/ gu-
ten tag.
(geht ab.)
Flav. Jſt es moͤglich/ daß Camillo einen boten hieꝛ
abgefertigt/ und mir keinen brieff geſchickt hat. Jch
muß ſelber anfangen an ſeiner treu zu zweiffeln. Pon-
cinello iſt auch nirgends anzutreffen/ welchen ich ſonſt
dieſem boten koͤnte uͤber den hals ſchicken.
(Er rufft) Poncinello/ Poncinello.
Poncinello koͤmmt.
Ponc. Was da/ was da/ wer rufft?
Flav. Du ſtuͤckſchelm/ wo ſteckſtu den gantzen tag?
du wirſt dein geld wohl verdienen.
Ponc. Herꝛ ich bin ſtets zu hauſe.
Flav. Jm wein-hauſe vielleicht.
Ponc. Jch kan keinen wein riechen.
Flav. Drum ſaͤuffſtu ihn aus/ daß du ihn nicht rie-
chen darffſt.
Pon. Jch hab ein gut gewiſſen.
Flav. Groͤſſer als ein ſcheun-thor. Doch itzt iſt
nicht die zeit/ poſſen zu treiben: haſtu noch keinen bo-
ten von Camillo geſehn?
Ponc. Nein fuͤrwahr/ ich lauffe alle tage auff die
land-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |