Weise, Christian: Baurischer Machiavellus. Dresden [u. a.], 1679.Der Bäurische Wohl aber konte es nützlich seyn/ wenn man sich äusser-[li]ch durch einen Tugendhafften Schein recommandirte/ viewohl mit diesem Bedinge/ daß man auf dem Noth- [f]all zu den Lastern greiffen/ und die Tugend ohne Be- [s]chwerung des Gewissens verjagen könte. Mach. Was mein Buch betrifft davor hab ich vor diesen Durchl. Richter-Stuhl meine Straffe erlitten. Denn ob ich wohl durch eine Satyrische Schrifft die gewöhnliche Tyranney der Jtaliänischen Fürsten vor [d]er gantzen Welt prostituren wolte; So hätte ich doch besser gethan/ wenn ich in der Schrift nicht so ernstlich und gleich als mit einer gewissen Meinung aufgezogen wäre. Allein wo kömt diese neue Klage her? Gentill. So lange das Buch nicht aus der gantzen Welt verbannet wird/ so lange kan ein neuer Scha- den erwachsen/ und so lange muß der Autor des Buches davor stehen. Jch meine die Parisische Blut-Hochzeit wäre nachblieben/ wenn die damahligen Statisten den Machiavellum nicht fleissiger gelesen hätten als die Bibel. Mach. Aus welchen Buche studirten die Sicilianer jhre Vesper? Denn ich werde mein Buch nicht etliche 100. Jahr zuvor geschrieben haben/ eh ich gebohren bin. Oder aus welchen Buche studirte Cain/ daß er in Ge- genwart seines Vaters mit dem Abel freundlich reden/ und jhm hernach mit guter Gelegenheit den Halß bre- schen solte. Gentill. Jch habe genung/ was in dem Buche steht/ das wird itzund in der Welt practicirt: Also müssen wir den jenigen beschuldigen/ welcher den ärgsten Ver- [d]acht auf sich geladen hat. Mach.
Der Baͤuriſche Wohl aber konte es nuͤtzlich ſeyn/ wenn man ſich aͤuſſer-[li]ch durch einen Tugendhafften Schein recommandirte/ viewohl mit dieſem Bedinge/ daß man auf dem Noth- [f]all zu den Laſtern greiffen/ und die Tugend ohne Be- [ſ]chwerung des Gewiſſens verjagen koͤnte. Mach. Was mein Buch betrifft davor hab ich vor dieſen Durchl. Richter-Stuhl meine Straffe erlitten. Denn ob ich wohl durch eine Satyriſche Schrifft die gewoͤhnliche Tyranney der Jtaliaͤniſchen Fuͤrſten vor [d]er gantzen Welt proſtituren wolte; So haͤtte ich doch beſſer gethan/ wenn ich in der Schrift nicht ſo ernſtlich und gleich als mit einer gewiſſen Meinung aufgezogen waͤre. Allein wo koͤmt dieſe neue Klage her? Gentill. So lange das Buch nicht aus der gantzen Welt verbannet wird/ ſo lange kan ein neuer Scha- den erwachſen/ und ſo lange muß der Autor des Buches davor ſtehen. Jch meine die Pariſiſche Blut-Hochzeit waͤre nachblieben/ wenn die damahligen Statiſten den Machiavellum nicht fleiſſiger geleſen haͤtten als die Bibel. Mach. Aus welchen Buche ſtudirten die Sicilianer jhre Veſper? Denn ich werde mein Buch nicht etliche 100. Jahr zuvor geſchrieben haben/ eh ich gebohren bin. Oder aus welchen Buche ſtudirte Cain/ daß er in Ge- genwart ſeines Vaters mit dem Abel freundlich reden/ und jhm hernach mit guter Gelegenheit den Halß bre- ſchen ſolte. Gentill. Jch habe genung/ was in dem Buche ſteht/ das wird itzund in der Welt practicirt: Alſo muͤſſen wir den jenigen beſchuldigen/ welcher den aͤrgſten Ver- [d]acht auf ſich geladen hat. Mach.
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Der Baͤuriſche
Wohl aber konte es nuͤtzlich ſeyn/ wenn man ſich aͤuſſer-
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viewohl mit dieſem Bedinge/ daß man auf dem Noth-
fall zu den Laſtern greiffen/ und die Tugend ohne Be-
ſchwerung des Gewiſſens verjagen koͤnte.
Mach. Was mein Buch betrifft davor hab ich vor
dieſen Durchl. Richter-Stuhl meine Straffe erlitten.
Denn ob ich wohl durch eine Satyriſche Schrifft die
gewoͤhnliche Tyranney der Jtaliaͤniſchen Fuͤrſten vor
der gantzen Welt proſtituren wolte; So haͤtte ich doch
beſſer gethan/ wenn ich in der Schrift nicht ſo ernſtlich
und gleich als mit einer gewiſſen Meinung aufgezogen
waͤre. Allein wo koͤmt dieſe neue Klage her?
Gentill. So lange das Buch nicht aus der gantzen
Welt verbannet wird/ ſo lange kan ein neuer Scha-
den erwachſen/ und ſo lange muß der Autor des Buches
davor ſtehen. Jch meine die Pariſiſche Blut-Hochzeit
waͤre nachblieben/ wenn die damahligen Statiſten den
Machiavellum nicht fleiſſiger geleſen haͤtten als die
Bibel.
Mach. Aus welchen Buche ſtudirten die Sicilianer
jhre Veſper? Denn ich werde mein Buch nicht etliche
100. Jahr zuvor geſchrieben haben/ eh ich gebohren bin.
Oder aus welchen Buche ſtudirte Cain/ daß er in Ge-
genwart ſeines Vaters mit dem Abel freundlich reden/
und jhm hernach mit guter Gelegenheit den Halß bre-
ſchen ſolte.
Gentill. Jch habe genung/ was in dem Buche ſteht/
das wird itzund in der Welt practicirt: Alſo muͤſſen
wir den jenigen beſchuldigen/ welcher den aͤrgſten Ver-
dacht auf ſich geladen hat.
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