Weise, Christian: Baurischer Machiavellus. Dresden [u. a.], 1679.Der Bäurische wiß an meiner Person etwas aggreables ersehen ha-[b]en. Heysa/ die expedition ist eines Frantzösischen [L]iedgens werth. (er singet.) Zodiacus (kömt.) Sieh da guter Freundt/ wo war er hinkommen/ ich bin jhm ein Gläßgen Brantewein schuldig blieben. Zir. Nun wil ichs sagen. Jch bin bey euren Herrn gewesen/ und habe um den Pickelherings Dienst an- gehalten: wäre mir der Bettel abgeschlagen worden/ so hatte ich mein Maul gewischt/ und wäre stillschwei- gend davon geschlichen; nun ich aber in meiner Ver- richtung so glückselig bin/ kan ichs einen guten Freun- de wol vertrauen. Zod. Habt jhr den euren Paßport oder das parla- ment wie es heist/ schon in Händen? Zir. Jch habe zwar nichts geschriebenes drüber/ aber die promessen sind mir so gewiß/ als eine vocation. Zod. Herr mich wundert/ das ein gereister Kerle die Leute nicht besser kennt: so lange als die Herrn im Hause sind/ so theilen sie lauter Aemter aus/ aber wenn sie auff jhre Schubäncke nauffkommen/ so werden sie gantz andere Menschen/ daß sie auch jhre Zusage in Grund hinein vergessen. Zir. Solte das möglich seyn? Zod. Jch will euch mein exempel anführen. Jch bin nun gleichwohl 15 Jahr in Querlequitsch gemei- ner Hirte/ und die rechte Warheit zubekennen/ so ist meine Besoldung gar schlecht; drum hielt ich an/ sie möchten mir doch eine Zulage thun/ und von jedwe- den
Der Baͤuriſche wiß an meiner Perſon etwas aggreables erſehen ha-[b]en. Heyſa/ die expedition iſt eines Frantzoͤſiſchen [L]iedgens werth. (er ſinget.) Zodiacus (koͤmt.) Sieh da guter Freundt/ wo war er hinkommen/ ich bin jhm ein Glaͤßgen Brantewein ſchuldig blieben. Zir. Nun wil ichs ſagen. Jch bin bey euren Herrn geweſen/ und habe um den Pickelherings Dienſt an- gehalten: waͤre mir der Bettel abgeſchlagen worden/ ſo hatte ich mein Maul gewiſcht/ und waͤre ſtillſchwei- gend davon geſchlichen; nun ich aber in meiner Ver- richtung ſo gluͤckſelig bin/ kan ichs einen guten Freun- de wol vertrauen. Zod. Habt jhr den euren Paßport oder das parla- ment wie es heiſt/ ſchon in Haͤnden? Zir. Jch habe zwar nichts geſchriebenes druͤber/ aber die promeſſen ſind mir ſo gewiß/ als eine vocation. Zod. Herr mich wundert/ das ein gereiſter Kerle die Leute nicht beſſer kennt: ſo lange als die Herrn im Hauſe ſind/ ſo theilen ſie lauter Aemter aus/ aber weñ ſie auff jhre Schubaͤncke nauffkommen/ ſo werden ſie gantz andere Menſchen/ daß ſie auch jhre Zuſage in Grund hinein vergeſſen. Zir. Solte das moͤglich ſeyn? Zod. Jch will euch mein exempel anfuͤhren. Jch bin nun gleichwohl 15 Jahr in Querlequitſch gemei- ner Hirte/ und die rechte Warheit zubekennen/ ſo iſt meine Beſoldung gar ſchlecht; drum hielt ich an/ ſie moͤchten mir doch eine Zulage thun/ und von jedwe- den
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#ZIR"> <p><pb facs="#f0042" n="30"/><fw place="top" type="header">Der Baͤuriſche</fw><lb/> wiß an meiner Perſon etwas <hi rendition="#aq">aggreables</hi> erſehen ha-<lb/><supplied>b</supplied>en. Heyſa/ die <hi rendition="#aq">expedition</hi> iſt eines Frantzoͤſiſchen<lb/><supplied>L</supplied>iedgens werth.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(er ſinget.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#ZOD"> <speaker> <hi rendition="#aq">Zodiacus</hi> </speaker><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(koͤmt.)</hi> </stage><lb/> <p>Sieh da guter Freundt/ wo war er hinkommen/ ich<lb/> bin jhm ein Glaͤßgen Brantewein ſchuldig blieben.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZIR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Zir.</hi> </hi> </speaker> <p>Nun wil ichs ſagen. Jch bin bey euren Herrn<lb/> geweſen/ und habe um den Pickelherings Dienſt an-<lb/> gehalten: waͤre mir der Bettel abgeſchlagen worden/<lb/> ſo hatte ich mein Maul gewiſcht/ und waͤre ſtillſchwei-<lb/> gend davon geſchlichen; nun ich aber in meiner Ver-<lb/> richtung ſo gluͤckſelig bin/ kan ichs einen guten Freun-<lb/> de wol vertrauen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZOD"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Zod.</hi> </hi> </speaker> <p>Habt jhr den euren Paß<hi rendition="#aq">port</hi> oder das <hi rendition="#aq">parla-<lb/> ment</hi> wie es heiſt/ ſchon in Haͤnden?</p> </sp><lb/> <sp who="#ZIR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Zir.</hi> </hi> </speaker> <p>Jch habe zwar nichts geſchriebenes druͤber/<lb/> aber die <hi rendition="#aq">promeſſen</hi> ſind mir ſo gewiß/ als eine <hi rendition="#aq">vocation.</hi></p> </sp><lb/> <sp who="#ZOD"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Zod.</hi> </hi> </speaker> <p>Herr mich wundert/ das ein gereiſter Kerle<lb/> die Leute nicht beſſer kennt: ſo lange als die Herrn im<lb/> Hauſe ſind/ ſo theilen ſie lauter Aemter aus/ aber weñ<lb/> ſie auff jhre Schubaͤncke nauffkommen/ ſo werden ſie<lb/> gantz andere Menſchen/ daß ſie auch jhre Zuſage in<lb/> Grund hinein vergeſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZIR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Zir.</hi> </hi> </speaker> <p>Solte das moͤglich ſeyn?</p> </sp><lb/> <sp who="#ZOD"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Zod.</hi> </hi> </speaker> <p>Jch will euch mein <hi rendition="#aq">exempel</hi> anfuͤhren. Jch<lb/> bin nun gleichwohl 15 Jahr in Querlequitſch gemei-<lb/> ner Hirte/ und die rechte Warheit zubekennen/ ſo iſt<lb/> meine Beſoldung gar ſchlecht; drum hielt ich an/ ſie<lb/> moͤchten mir doch eine Zulage thun/ und von jedwe-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [30/0042]
Der Baͤuriſche
wiß an meiner Perſon etwas aggreables erſehen ha-
ben. Heyſa/ die expedition iſt eines Frantzoͤſiſchen
Liedgens werth.
(er ſinget.)
Zodiacus
(koͤmt.)
Sieh da guter Freundt/ wo war er hinkommen/ ich
bin jhm ein Glaͤßgen Brantewein ſchuldig blieben.
Zir. Nun wil ichs ſagen. Jch bin bey euren Herrn
geweſen/ und habe um den Pickelherings Dienſt an-
gehalten: waͤre mir der Bettel abgeſchlagen worden/
ſo hatte ich mein Maul gewiſcht/ und waͤre ſtillſchwei-
gend davon geſchlichen; nun ich aber in meiner Ver-
richtung ſo gluͤckſelig bin/ kan ichs einen guten Freun-
de wol vertrauen.
Zod. Habt jhr den euren Paßport oder das parla-
ment wie es heiſt/ ſchon in Haͤnden?
Zir. Jch habe zwar nichts geſchriebenes druͤber/
aber die promeſſen ſind mir ſo gewiß/ als eine vocation.
Zod. Herr mich wundert/ das ein gereiſter Kerle
die Leute nicht beſſer kennt: ſo lange als die Herrn im
Hauſe ſind/ ſo theilen ſie lauter Aemter aus/ aber weñ
ſie auff jhre Schubaͤncke nauffkommen/ ſo werden ſie
gantz andere Menſchen/ daß ſie auch jhre Zuſage in
Grund hinein vergeſſen.
Zir. Solte das moͤglich ſeyn?
Zod. Jch will euch mein exempel anfuͤhren. Jch
bin nun gleichwohl 15 Jahr in Querlequitſch gemei-
ner Hirte/ und die rechte Warheit zubekennen/ ſo iſt
meine Beſoldung gar ſchlecht; drum hielt ich an/ ſie
moͤchten mir doch eine Zulage thun/ und von jedwe-
den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeBei der vorliegenden Ausgabe wurde die originale … [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |