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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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wie schön könt ihr den Nahmen darzu
schreiben/ und ich will schweren/ sonst
hätten tausend Leute sollen vorüber ge-
hen/ und niemand hätte das freundliche
Angesichte gekant.
Misch. Jhr Herren/ ich wil keinen verach-
ten/ aber ich will Gesichter mahlen las-
sen/ da müssen die Nahmen drüber ge-
schrieben werden.
Urb. Ey das ist gar recht/ wenn man ge-
wisse Personen abgemahlet/ frembde
Gebäude/ frembde Gewächse/ Thie-
re und dergleichen/ so schreibt man frey-
lich den Nahmen darzu. Aber der
schöne Meister solte neulich ein Dorff
mahlen/ darnach war alles so künstlich
getroffen/ daß er drüber schreiben mu-
ste/ das ist die Kirche/ das ist die Wind-
mühle/ das ist der Galgen/ wer nun so
künstlich ist/ daß er im Mahlen keinen
Unterschied zwischen einer Kirche und
und einem Galgen treffen kan/ der
möchte sich immer mit seiner Kunst in ei-
ne solche Kirche wünschen.
Min. Ey was frag ich nach eurem Geplau-
der/ hab ich doch wol mehr Kirchen ge-
mahlet/ als ihr.

Urb.
wie ſchoͤn koͤnt ihr den Nahmen darzu
ſchreiben/ und ich will ſchweren/ ſonſt
haͤtten tauſend Leute ſollen voruͤber ge-
hen/ und niemand haͤtte das freundliche
Angeſichte gekant.
Miſch. Jhr Herren/ ich wil keinen verach-
ten/ aber ich will Geſichter mahlen laſ-
ſen/ da muͤſſen die Nahmen druͤber ge-
ſchrieben werden.
Urb. Ey das iſt gar recht/ wenn man ge-
wiſſe Perſonen abgemahlet/ frembde
Gebaͤude/ frembde Gewaͤchſe/ Thie-
re und dergleichen/ ſo ſchreibt man frey-
lich den Nahmen darzu. Aber der
ſchoͤne Meiſter ſolte neulich ein Dorff
mahlen/ darnach war alles ſo kuͤnſtlich
getroffen/ daß er druͤber ſchreiben mu-
ſte/ das iſt die Kirche/ das iſt die Wind-
muͤhle/ das iſt der Galgen/ wer nun ſo
kuͤnſtlich iſt/ daß er im Mahlen keinen
Unterſchied zwiſchen einer Kirche und
und einem Galgen treffen kan/ der
moͤchte ſich immer mit ſeiner Kunſt in ei-
ne ſolche Kirche wuͤnſchen.
Min. Ey was frag ich nach eurem Geplau-
der/ hab ich doch wol mehr Kirchen ge-
mahlet/ als ihr.

Urb.
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[840/1008] wie ſchoͤn koͤnt ihr den Nahmen darzu ſchreiben/ und ich will ſchweren/ ſonſt haͤtten tauſend Leute ſollen voruͤber ge- hen/ und niemand haͤtte das freundliche Angeſichte gekant. Miſch. Jhr Herren/ ich wil keinen verach- ten/ aber ich will Geſichter mahlen laſ- ſen/ da muͤſſen die Nahmen druͤber ge- ſchrieben werden. Urb. Ey das iſt gar recht/ wenn man ge- wiſſe Perſonen abgemahlet/ frembde Gebaͤude/ frembde Gewaͤchſe/ Thie- re und dergleichen/ ſo ſchreibt man frey- lich den Nahmen darzu. Aber der ſchoͤne Meiſter ſolte neulich ein Dorff mahlen/ darnach war alles ſo kuͤnſtlich getroffen/ daß er druͤber ſchreiben mu- ſte/ das iſt die Kirche/ das iſt die Wind- muͤhle/ das iſt der Galgen/ wer nun ſo kuͤnſtlich iſt/ daß er im Mahlen keinen Unterſchied zwiſchen einer Kirche und und einem Galgen treffen kan/ der moͤchte ſich immer mit ſeiner Kunſt in ei- ne ſolche Kirche wuͤnſchen. Min. Ey was frag ich nach eurem Geplau- der/ hab ich doch wol mehr Kirchen ge- mahlet/ als ihr. Urb.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 840. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/1008>, abgerufen am 03.06.2024.