Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite
Bil. Je was solls bedeuten? Es brachte ein
Kerl eine Leiche geschleppt und warff sie
in meinen Weinberg.
Jet. Jch will nicht hoffen/ daß sie aus dem
Königlichen Weinberge werden einen
Schinder-Anger machen.
Bil. Wir müssen zuvor sehen/ wer es ge-
than hat/ gegen einen grossen Herrn
dürffen wir uns doch nicht bär-beißig
machen.
Jet. Jch weiß wol/ daß wir Bauern alles
leiden sollen: Aber wenn mir gleich-
wol eine Leiche auff des Königes Grund
und Boden geschleppet würde/ so müste
ich doch nur ins Königes Nahmen ein
lose Maul haben.
Bil. Jch halte/ wir werden die Leiche um-
sonst begraben sollen. Der Todten-
gräber ist gewiß mit in den Krieg gezo-
gen.
Jet Jch muß nur sehen/ ob es auch eine
vornehme Leiche ist.
(gehet hinein)
Bil. Mein Nachbar ist wol ein Narr.
Unser Weinberg ist gleich deßwegen
angeleget/ daß vornehme Herren ihre
Leichen da auffheben lassen. Jch den-
cke
Bil. Je was ſolls bedeuten? Es brachte ein
Kerl eine Leiche geſchleppt und warff ſie
in meinen Weinberg.
Jet. Jch will nicht hoffen/ daß ſie aus dem
Koͤniglichen Weinberge werden einen
Schinder-Anger machen.
Bil. Wir muͤſſen zuvor ſehen/ wer es ge-
than hat/ gegen einen groſſen Herrn
duͤrffen wir uns doch nicht baͤr-beißig
machen.
Jet. Jch weiß wol/ daß wir Bauern alles
leiden ſollen: Aber wenn mir gleich-
wol eine Leiche auff des Koͤniges Grund
und Boden geſchleppet wuͤrde/ ſo muͤſte
ich doch nur ins Koͤniges Nahmen ein
loſe Maul haben.
Bil. Jch halte/ wir werden die Leiche um-
ſonſt begraben ſollen. Der Todten-
graͤber iſt gewiß mit in den Krieg gezo-
gen.
Jet Jch muß nur ſehen/ ob es auch eine
vornehme Leiche iſt.
(gehet hinein)
Bil. Mein Nachbar iſt wol ein Narr.
Unſer Weinberg iſt gleich deßwegen
angeleget/ daß vornehme Herren ihre
Leichen da auffheben laſſen. Jch den-
cke
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0418" n="254"/>
          <sp who="#BIL">
            <speaker>Bil.</speaker>
            <p>Je was &#x017F;olls bedeuten? Es brachte ein<lb/>
Kerl eine Leiche ge&#x017F;chleppt und warff &#x017F;ie<lb/>
in meinen Weinberg.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JET">
            <speaker>Jet.</speaker>
            <p>Jch will nicht hoffen/ daß &#x017F;ie aus dem<lb/>
Ko&#x0364;niglichen Weinberge werden einen<lb/>
Schinder-Anger machen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BIL">
            <speaker>Bil.</speaker>
            <p>Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zuvor &#x017F;ehen/ wer es ge-<lb/>
than hat/ gegen einen gro&#x017F;&#x017F;en Herrn<lb/>
du&#x0364;rffen wir uns doch nicht ba&#x0364;r-beißig<lb/>
machen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JET">
            <speaker>Jet.</speaker>
            <p>Jch weiß wol/ daß wir Bauern alles<lb/>
leiden &#x017F;ollen: Aber wenn mir gleich-<lb/>
wol eine Leiche auff des Ko&#x0364;niges Grund<lb/>
und Boden ge&#x017F;chleppet wu&#x0364;rde/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
ich doch nur ins Ko&#x0364;niges Nahmen ein<lb/>
lo&#x017F;e Maul haben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BIL">
            <speaker>Bil.</speaker>
            <p>Jch halte/ wir werden die Leiche um-<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t begraben &#x017F;ollen. Der Todten-<lb/>
gra&#x0364;ber i&#x017F;t gewiß mit in den Krieg gezo-<lb/>
gen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JET">
            <speaker>Jet</speaker>
            <p>Jch muß nur &#x017F;ehen/ ob es auch eine<lb/>
vornehme Leiche i&#x017F;t.</p>
            <stage>(gehet hinein)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BIL">
            <speaker>Bil.</speaker>
            <p>Mein Nachbar i&#x017F;t wol ein Narr.<lb/>
Un&#x017F;er Weinberg i&#x017F;t gleich deßwegen<lb/>
angeleget/ daß vornehme Herren ihre<lb/>
Leichen da auffheben la&#x017F;&#x017F;en. Jch den-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cke</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0418] Bil. Je was ſolls bedeuten? Es brachte ein Kerl eine Leiche geſchleppt und warff ſie in meinen Weinberg. Jet. Jch will nicht hoffen/ daß ſie aus dem Koͤniglichen Weinberge werden einen Schinder-Anger machen. Bil. Wir muͤſſen zuvor ſehen/ wer es ge- than hat/ gegen einen groſſen Herrn duͤrffen wir uns doch nicht baͤr-beißig machen. Jet. Jch weiß wol/ daß wir Bauern alles leiden ſollen: Aber wenn mir gleich- wol eine Leiche auff des Koͤniges Grund und Boden geſchleppet wuͤrde/ ſo muͤſte ich doch nur ins Koͤniges Nahmen ein loſe Maul haben. Bil. Jch halte/ wir werden die Leiche um- ſonſt begraben ſollen. Der Todten- graͤber iſt gewiß mit in den Krieg gezo- gen. Jet Jch muß nur ſehen/ ob es auch eine vornehme Leiche iſt. (gehet hinein) Bil. Mein Nachbar iſt wol ein Narr. Unſer Weinberg iſt gleich deßwegen angeleget/ daß vornehme Herren ihre Leichen da auffheben laſſen. Jch den- cke

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/418
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/418>, abgerufen am 24.11.2024.