Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite

bey dem recitiren schändlich vewar-
loset werden/ daß sie bißweilen lang-
sam reden und wol gar die Worte
stamlende wiederholen. Darnach
wenn sie auff einen bekandten peri-
odum
kommen/ solchen über Halß
über Kopff heraus poltern/ und die
müssen sich alle mal inter memoriae
nimiam tenacitatem aut lubricita-
tem
herum vexiren lassen/ und wenn
sie vielmal die Worte wiederholen/
und sich gleichsam selber corrigiren/
so merckt mans/ daß sie alles aus-
wendig gelernet haben: Damit ist
die meiste grace dahin. Denn ein
Redner soll freymüthig/ ungezwun-
gen/ und also zu sagen ein Dollmet-
scher seines Hertzens/ und nicht ein
Papagey von fremden oder ausstu-
dirten Worten seyn.

Jch will doch hier stehen bleiben/ und
an gewisse Exempel gedencken/ die mir
bey meiner langwierigen
information

etliche

bey dem recitiren ſchaͤndlich vewar-
loſet werden/ daß ſie bißweilen lang-
ſam reden und wol gar die Worte
ſtamlende wiederholen. Darnach
wenn ſie auff einen bekandten peri-
odum
kommen/ ſolchen uͤber Halß
uͤber Kopff heraus poltern/ und die
muͤſſen ſich alle mal inter memoriæ
nimiam tenacitatem aut lubricita-
tem
herum vexiren laſſen/ und weñ
ſie vielmal die Worte wiederholen/
und ſich gleichſam ſelber corrigiren/
ſo merckt mans/ daß ſie alles aus-
wendig gelernet haben: Damit iſt
die meiſte grace dahin. Denn ein
Redner ſoll freymuͤthig/ ungezwun-
gen/ und alſo zu ſagen ein Dollmet-
ſcher ſeines Hertzens/ und nicht ein
Papagey von fremden oder ausſtu-
dirten Worten ſeyn.

Jch will doch hier ſtehen bleiben/ und
an gewiſſe Exempel gedencken/ die mir
bey meiner langwierigen
information

etliche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044"/>
bey dem <hi rendition="#aq">reciti</hi>ren &#x017F;cha&#x0364;ndlich vewar-<lb/>
lo&#x017F;et werden/ daß &#x017F;ie bißweilen lang-<lb/>
&#x017F;am reden und wol gar die Worte<lb/>
&#x017F;tamlende wiederholen. Darnach<lb/>
wenn &#x017F;ie auff einen bekandten <hi rendition="#aq">peri-<lb/>
odum</hi> kommen/ &#x017F;olchen u&#x0364;ber Halß<lb/>
u&#x0364;ber Kopff heraus poltern/ und die<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich alle mal <hi rendition="#aq">inter memoriæ<lb/>
nimiam tenacitatem aut lubricita-<lb/>
tem</hi> herum vexiren la&#x017F;&#x017F;en/ und wen&#x0303;<lb/>
&#x017F;ie vielmal die Worte wiederholen/<lb/>
und &#x017F;ich gleich&#x017F;am &#x017F;elber <hi rendition="#aq">corrigi</hi>ren/<lb/>
&#x017F;o merckt mans/ daß &#x017F;ie alles aus-<lb/>
wendig gelernet haben: Damit i&#x017F;t<lb/>
die mei&#x017F;te <hi rendition="#aq">grace</hi> dahin. Denn ein<lb/>
Redner &#x017F;oll freymu&#x0364;thig/ ungezwun-<lb/>
gen/ und al&#x017F;o zu &#x017F;agen ein Dollmet-<lb/>
&#x017F;cher &#x017F;eines Hertzens/ und nicht ein<lb/>
Papagey von fremden oder aus&#x017F;tu-<lb/>
dirten Worten &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Jch will doch hier &#x017F;tehen bleiben/ und<lb/>
an gewi&#x017F;&#x017F;e Exempel gedencken/ die mir<lb/>
bey meiner langwierigen</hi> <hi rendition="#aq">information</hi><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">etliche</hi> </fw><lb/>
            </hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0044] bey dem recitiren ſchaͤndlich vewar- loſet werden/ daß ſie bißweilen lang- ſam reden und wol gar die Worte ſtamlende wiederholen. Darnach wenn ſie auff einen bekandten peri- odum kommen/ ſolchen uͤber Halß uͤber Kopff heraus poltern/ und die muͤſſen ſich alle mal inter memoriæ nimiam tenacitatem aut lubricita- tem herum vexiren laſſen/ und weñ ſie vielmal die Worte wiederholen/ und ſich gleichſam ſelber corrigiren/ ſo merckt mans/ daß ſie alles aus- wendig gelernet haben: Damit iſt die meiſte grace dahin. Denn ein Redner ſoll freymuͤthig/ ungezwun- gen/ und alſo zu ſagen ein Dollmet- ſcher ſeines Hertzens/ und nicht ein Papagey von fremden oder ausſtu- dirten Worten ſeyn. Jch will doch hier ſtehen bleiben/ und an gewiſſe Exempel gedencken/ die mir bey meiner langwierigen information etliche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/44
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/44>, abgerufen am 03.05.2024.