Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Sill. Er soll mit Spanien und Savoyen unter einer Decke liegen: Er soll sich etwas grosses im Königreiche eingebil- det haben; Jn Summa/ wo derglei- chen Discourse können bewiesen werden/ so wird er als ein Feind des Königes zu tractiren seyn. Jch rede bey einem vertrauten Freunde etwas offenhertzig. Denn so lieb als mir dessen Person biß- hero gewesen/ so leid solte mir dessen Verbrechen seyn. Harl. Mir ist nichts bewust. Doch ist es kein Wunder/ daß die Tugend Neider hat/ und daß die Neider Anlaß nehmen übel zu judiciren. Sill. Jch revocire meine Worte/ daß ich unter die Neider nicht darff gezehlet werden. Harl. Er wird den Verstand meiner Worte besser penetriret haben. Sill. Und der Himmel helffe/ daß wir als vertraute Freunde die Worte niemals anders/ als belieblich auslegen dürffen. (Gehen ab.) Harl. Der liebe Freund war auff der rech- ten Spur: Doch es ist noch nicht Zeit/ daß
Sill. Er ſoll mit Spanien und Savoyen unter einer Decke liegen: Er ſoll ſich etwas groſſes im Koͤnigreiche eingebil- det haben; Jn Summa/ wo derglei- chen Diſcourſe koͤnnen bewieſen weꝛden/ ſo wird er als ein Feind des Koͤniges zu tractiren ſeyn. Jch rede bey einem vertrauten Freunde etwas offenhertzig. Denn ſo lieb als mir deſſen Perſon biß- hero geweſen/ ſo leid ſolte mir deſſen Verbrechen ſeyn. Harl. Mir iſt nichts bewuſt. Doch iſt es kein Wunder/ daß die Tugend Neider hat/ und daß die Neider Anlaß nehmen uͤbel zu judiciren. Sill. Jch revocire meine Worte/ daß ich unter die Neider nicht darff gezehlet werden. Harl. Er wird den Verſtand meiner Worte beſſer penetriret haben. Sill. Und der Himmel helffe/ daß wir als vertraute Freunde die Worte niemals anders/ als belieblich auslegen duͤrffen. (Gehen ab.) Harl. Der liebe Freund war auff der rech- ten Spur: Doch es iſt noch nicht Zeit/ daß
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det haben; Jn Summa/ wo derglei-
chen Diſcourſe koͤnnen bewieſen weꝛden/
ſo wird er als ein Feind des Koͤniges
zu tractiren ſeyn. Jch rede bey einem
vertrauten Freunde etwas offenhertzig.
Denn ſo lieb als mir deſſen Perſon biß-
hero geweſen/ ſo leid ſolte mir deſſen
Verbrechen ſeyn.
Harl. Mir iſt nichts bewuſt. Doch iſt es
kein Wunder/ daß die Tugend Neider
hat/ und daß die Neider Anlaß nehmen
uͤbel zu judiciren.
Sill. Jch revocire meine Worte/ daß ich
unter die Neider nicht darff gezehlet
werden.
Harl. Er wird den Verſtand meiner
Worte beſſer penetriret haben.
Sill. Und der Himmel helffe/ daß wir als
vertraute Freunde die Worte niemals
anders/ als belieblich auslegen duͤrffen.
(Gehen ab.)
Harl. Der liebe Freund war auff der rech-
ten Spur: Doch es iſt noch nicht Zeit/
daß
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