Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite
Tage besser/ daß ich vor meinem Ende
das wenigste werde gelesen haben.
Qver. Meine Manuscripta sind weitläuff-
tiger/ als eines andern seine Bibliothec.
Mod. Jch bin zufrieden/ denn ich habe we-
nig Zeit mit Abschreiben verderbet.
Qver. Und was ists mit euch Kerlen/ wenn
einer meinesgleichen mit neuen Princi-
piis
auffgezogen kömmt. Und deßwe-
gen erhub sich der Streit/ daß mir
der Lumpenhund nicht antworten
kunte: An jus naturae cadat in bruta?
Mod. Jch hätte lieber disputiret: An bru-
talitas cadat in homines?
Qver. Ach wenn ich an meine Collectanea
gedencke/ da ein ander Stümper nicht
ein Blätgen excerpiret hat/ da er auch
nicht weiß/ wie er die Griffe nach dem
güldenen A. B. C. einrichten sol. Ha!
so darff er doch im Discurse thun/ als
wenn er was verstehen wolte.
Mod. Jch bete alle Morgen: Lieber Gott/
wilstu mir kein Judicium geben/ so be-
hüte mich doch vor den Collectaneis.
Qver. Und wo bleibt denn meine Corre-
spondenz,
da ich manchmal ein Buch
vor
Tage beſſer/ daß ich vor meinem Ende
das wenigſte werde geleſen haben.
Qver. Meine Manuſcripta ſind weitlaͤuff-
tiger/ als eines andern ſeine Bibliothec.
Mod. Jch bin zufrieden/ denn ich habe we-
nig Zeit mit Abſchreiben verderbet.
Qver. Und was iſts mit euch Kerlen/ wenn
einer meinesgleichen mit neuen Princi-
piis
auffgezogen koͤmmt. Und deßwe-
gen erhub ſich der Streit/ daß mir
der Lumpenhund nicht antworten
kunte: An jus naturæ cadat in bruta?
Mod. Jch haͤtte lieber diſputiret: An bru-
talitas cadat in homines?
Qver. Ach wenn ich an meine Collectanea
gedencke/ da ein ander Stuͤmper nicht
ein Blaͤtgen excerpiret hat/ da er auch
nicht weiß/ wie er die Griffe nach dem
guͤldenen A. B. C. einrichten ſol. Ha!
ſo darff er doch im Diſcurſe thun/ als
wenn er was verſtehen wolte.
Mod. Jch bete alle Morgen: Lieber Gott/
wilſtu mir kein Judicium geben/ ſo be-
huͤte mich doch vor den Collectaneis.
Qver. Und wo bleibt denn meine Corre-
ſpondenz,
da ich manchmal ein Buch
vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MOD">
            <p><pb facs="#f0892" n="724"/>
Tage be&#x017F;&#x017F;er/ daß ich vor meinem Ende<lb/>
das wenig&#x017F;te werde gele&#x017F;en haben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#QVE">
            <speaker>Qver.</speaker>
            <p>Meine <hi rendition="#aq">Manu&#x017F;cripta</hi> &#x017F;ind weitla&#x0364;uff-<lb/>
tiger/ als eines andern &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Bibliothec.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MOD">
            <speaker>Mod.</speaker>
            <p>Jch bin zufrieden/ denn ich habe we-<lb/>
nig Zeit mit Ab&#x017F;chreiben verderbet.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#QVE">
            <speaker>Qver.</speaker>
            <p>Und was i&#x017F;ts mit euch Kerlen/ wenn<lb/>
einer meinesgleichen mit neuen <hi rendition="#aq">Princi-<lb/>
piis</hi> auffgezogen ko&#x0364;mmt. Und deßwe-<lb/>
gen erhub &#x017F;ich der Streit/ daß mir<lb/>
der Lumpenhund nicht antworten<lb/>
kunte: <hi rendition="#aq">An jus naturæ cadat in bruta?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MOD">
            <speaker>Mod.</speaker>
            <p>Jch ha&#x0364;tte lieber <hi rendition="#aq">di&#x017F;puti</hi>ret: <hi rendition="#aq">An bru-<lb/>
talitas cadat in homines?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#QVE">
            <speaker>Qver.</speaker>
            <p>Ach wenn ich an meine <hi rendition="#aq">Collectanea</hi><lb/>
gedencke/ da ein ander Stu&#x0364;mper nicht<lb/>
ein Bla&#x0364;tgen <hi rendition="#aq">excerpi</hi>ret hat/ da er auch<lb/>
nicht weiß/ wie er die Griffe nach dem<lb/>
gu&#x0364;ldenen <hi rendition="#aq">A. B. C.</hi> einrichten &#x017F;ol. Ha!<lb/>
&#x017F;o darff er doch im <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cur</hi>&#x017F;e thun/ als<lb/>
wenn er was ver&#x017F;tehen wolte.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MOD">
            <speaker>Mod.</speaker>
            <p>Jch bete alle Morgen: Lieber Gott/<lb/>
wil&#x017F;tu mir kein <hi rendition="#aq">Judicium</hi> geben/ &#x017F;o be-<lb/>
hu&#x0364;te mich doch vor den <hi rendition="#aq">Collectaneis.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#QVE">
            <speaker>Qver.</speaker>
            <p>Und wo bleibt denn meine <hi rendition="#aq">Corre-<lb/>
&#x017F;pondenz,</hi> da ich manchmal ein Buch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[724/0892] Tage beſſer/ daß ich vor meinem Ende das wenigſte werde geleſen haben. Qver. Meine Manuſcripta ſind weitlaͤuff- tiger/ als eines andern ſeine Bibliothec. Mod. Jch bin zufrieden/ denn ich habe we- nig Zeit mit Abſchreiben verderbet. Qver. Und was iſts mit euch Kerlen/ wenn einer meinesgleichen mit neuen Princi- piis auffgezogen koͤmmt. Und deßwe- gen erhub ſich der Streit/ daß mir der Lumpenhund nicht antworten kunte: An jus naturæ cadat in bruta? Mod. Jch haͤtte lieber diſputiret: An bru- talitas cadat in homines? Qver. Ach wenn ich an meine Collectanea gedencke/ da ein ander Stuͤmper nicht ein Blaͤtgen excerpiret hat/ da er auch nicht weiß/ wie er die Griffe nach dem guͤldenen A. B. C. einrichten ſol. Ha! ſo darff er doch im Diſcurſe thun/ als wenn er was verſtehen wolte. Mod. Jch bete alle Morgen: Lieber Gott/ wilſtu mir kein Judicium geben/ ſo be- huͤte mich doch vor den Collectaneis. Qver. Und wo bleibt denn meine Corre- ſpondenz, da ich manchmal ein Buch vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/892
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/892>, abgerufen am 22.11.2024.