Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.Heyrath. du wirst sehen/ wie die Gäste auf der Hochzeit be-wirthet werden/ und im übrigen wird dir keine Schwester im Wege herum gehen/ welche sich mit dir zancken kan. Lea. Herr Vater/ was höre ich? ist es mög- lich/ daß meine Schwester das Recht der Erstge- burth haben soll? Lab. Mein Kind/ ein anders ist die Erstgeburt,/ ein anders die erste Hochzeit. Lea. Aber also werde ich geschimpfet. Lab. Ein Kind wird nicht geschimpfet/ wenn es den Eltern gehorsam ist. Lea. Ach wie kan ein Vater so grausam seyn/ daß er diesen Gehorsam von einem Kinde fodert? Lab. Was ist dieses vor eine Grausamkeit/ wenn ich gegen deine Schwester gütig bin? Lea. Ist es nicht grausam genug/ daß ich von der Gütigkeit ausgeschlossen werde? Lab. Bitte GOtt/ daß ein Freyer kömt/ so wil ich dich einer gedoppelten Gütigkeit versichern. Lea. Ich sehe wol/ weil mir die sel. Frau Mutter kein rothes Schminckfleckgen in das Gesichte ge- kleibet hat/ so muß ich das Nachsehen haben. Ach warum haben sie mich mit der lieben Frau nicht in ein Grab gescharret? So möchte sich doch Rahel als die älteste Tochter tractiren lassen. Lab. Was hastu zu klagen? wenn Rahel kei- nen Freyer hätte/ so würde dir der ledige Stand nicht sauer ankommen: was hastu von der eiteln Einbildung? Lea. C 3
Heyrath. du wirſt ſehen/ wie die Gaͤſte auf der Hochzeit be-wirthet werden/ und im uͤbrigen wird dir keine Schweſter im Wege herum gehen/ welche ſich mit dir zancken kan. Lea. Herr Vater/ was hoͤre ich? iſt es moͤg- lich/ daß meine Schweſter das Recht der Erſtge- burth haben ſoll? Lab. Mein Kind/ ein anders iſt die Erſtgeburt,/ ein anders die erſte Hochzeit. Lea. Aber alſo werde ich geſchimpfet. Lab. Ein Kind wird nicht geſchimpfet/ wenn es den Eltern gehorſam iſt. Lea. Ach wie kan ein Vater ſo grauſam ſeyn/ daß er dieſen Gehorſam von einem Kinde fodert? Lab. Was iſt dieſes vor eine Grauſamkeit/ wenn ich gegen deine Schweſter guͤtig bin? Lea. Iſt es nicht grauſam genug/ daß ich von der Guͤtigkeit ausgeſchloſſen werde? Lab. Bitte GOtt/ daß ein Freyer koͤmt/ ſo wil ich dich einer gedoppelten Guͤtigkeit verſichern. Lea. Ich ſehe wol/ weil mir die ſel. Frau Mutter kein rothes Schminckfleckgen in das Geſichte ge- kleibet hat/ ſo muß ich das Nachſehen haben. Ach warum haben ſie mich mit der lieben Frau nicht in ein Grab geſcharret? So moͤchte ſich doch Rahel als die aͤlteſte Tochter tractiren laſſen. Lab. Was haſtu zu klagen? wenn Rahel kei- nen Freyer haͤtte/ ſo wuͤrde dir der ledige Stand nicht ſauer ankommen: was haſtu von der eiteln Einbildung? Lea. C 3
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Heyrath.
du wirſt ſehen/ wie die Gaͤſte auf der Hochzeit be-
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dir zancken kan.
Lea. Herr Vater/ was hoͤre ich? iſt es moͤg-
lich/ daß meine Schweſter das Recht der Erſtge-
burth haben ſoll?
Lab. Mein Kind/ ein anders iſt die Erſtgeburt,/
ein anders die erſte Hochzeit.
Lea. Aber alſo werde ich geſchimpfet.
Lab. Ein Kind wird nicht geſchimpfet/ wenn
es den Eltern gehorſam iſt.
Lea. Ach wie kan ein Vater ſo grauſam ſeyn/
daß er dieſen Gehorſam von einem Kinde fodert?
Lab. Was iſt dieſes vor eine Grauſamkeit/
wenn ich gegen deine Schweſter guͤtig bin?
Lea. Iſt es nicht grauſam genug/ daß ich von
der Guͤtigkeit ausgeſchloſſen werde?
Lab. Bitte GOtt/ daß ein Freyer koͤmt/ ſo wil
ich dich einer gedoppelten Guͤtigkeit verſichern.
Lea. Ich ſehe wol/ weil mir die ſel. Frau Mutter
kein rothes Schminckfleckgen in das Geſichte ge-
kleibet hat/ ſo muß ich das Nachſehen haben. Ach
warum haben ſie mich mit der lieben Frau nicht in
ein Grab geſcharret? So moͤchte ſich doch Rahel
als die aͤlteſte Tochter tractiren laſſen.
Lab. Was haſtu zu klagen? wenn Rahel kei-
nen Freyer haͤtte/ ſo wuͤrde dir der ledige Stand
nicht ſauer ankommen: was haſtu von der eiteln
Einbildung?
Lea.
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