Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

während deren ich das gefrässige Thier in bestem Ernährungs-
zustand hielt, wuchs der Arm nicht wieder nach. Auch hier
also scheint die Regenerationskraft in Bezug auf die Extremität
geringer zu sein, als bei den phyletisch weit jüngeren und höher
organisirten Salamandern.

Bekannt ist es auch, dass den Fröschen die abgeschnittenen
Beine nicht wieder nachwachsen, auch nicht im Larvenzustand
Besonders auffallend aber muss es erscheinen, dass selbst inner-
halb der gleichen Gattung die Reproductionskraft eine recht
verschiedene sein kann. Schreiber beobachtete, dass Triton
marmoratus im Gegensatz zu allen übrigen darauf untersuchten
Triton-Arten ein relativ sehr geringes Regenerationsvermögen
besitzt. "Selbst kleine Verletzungen des Kammes und der-
gleichen werden wenigstens in der Gefangenschaft nie wieder
ersetzt, und bei grösseren Verlusten geht das Thier regelmässig
ein." Fraisse konnte Ähnliches feststellen; "niemals wuchs
eine abgeschnittene Extremität zur normalen Grösse wieder
nach, es bildete sich nur ein etwas deformirter Kegel an dem
Amputationsstumpf; auch der Schwanz wurde nur in sehr ge-
ringem Maasse reproducirt" (a. a. O. p. 152).

In Bezug auf die Reptilien hebt schon Fraisse hervor,
dass einzelnen Gruppen die Regenerationsfähigkeit in viel ge-
ringerem Maasse zukommt, als andern. Schildkröten, Krokodile
und Schlangen "sind nicht im Stande, verloren gegangene
Theile auch nur einigermassen zu regeneriren, während diese
Fähigkeit den Eidechsen und Geckotiden in so hohem Maasse
zukommt".

Aber auch die Ungleichheit der Regenerationskraft ver-
schiedener Theile derselben Thierart
deuten darauf hin,
dass Anpassung eine grosse Rolle bei Regeneration spielt. Bei
dem sonst so wenig zur Regeneration befähigten Proteus wachsen
die abgeschnittenen Kiemen rasch wieder nach. Ebenso be-

während deren ich das gefrässige Thier in bestem Ernährungs-
zustand hielt, wuchs der Arm nicht wieder nach. Auch hier
also scheint die Regenerationskraft in Bezug auf die Extremität
geringer zu sein, als bei den phyletisch weit jüngeren und höher
organisirten Salamandern.

Bekannt ist es auch, dass den Fröschen die abgeschnittenen
Beine nicht wieder nachwachsen, auch nicht im Larvenzustand
Besonders auffallend aber muss es erscheinen, dass selbst inner-
halb der gleichen Gattung die Reproductionskraft eine recht
verschiedene sein kann. Schreiber beobachtete, dass Triton
marmoratus im Gegensatz zu allen übrigen darauf untersuchten
Triton-Arten ein relativ sehr geringes Regenerationsvermögen
besitzt. „Selbst kleine Verletzungen des Kammes und der-
gleichen werden wenigstens in der Gefangenschaft nie wieder
ersetzt, und bei grösseren Verlusten geht das Thier regelmässig
ein.“ Fraisse konnte Ähnliches feststellen; „niemals wuchs
eine abgeschnittene Extremität zur normalen Grösse wieder
nach, es bildete sich nur ein etwas deformirter Kegel an dem
Amputationsstumpf; auch der Schwanz wurde nur in sehr ge-
ringem Maasse reproducirt“ (a. a. O. p. 152).

In Bezug auf die Reptilien hebt schon Fraisse hervor,
dass einzelnen Gruppen die Regenerationsfähigkeit in viel ge-
ringerem Maasse zukommt, als andern. Schildkröten, Krokodile
und Schlangen „sind nicht im Stande, verloren gegangene
Theile auch nur einigermassen zu regeneriren, während diese
Fähigkeit den Eidechsen und Geckotiden in so hohem Maasse
zukommt“.

Aber auch die Ungleichheit der Regenerationskraft ver-
schiedener Theile derselben Thierart
deuten darauf hin,
dass Anpassung eine grosse Rolle bei Regeneration spielt. Bei
dem sonst so wenig zur Regeneration befähigten Proteus wachsen
die abgeschnittenen Kiemen rasch wieder nach. Ebenso be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0178" n="154"/>
während deren ich das gefrässige Thier in bestem Ernährungs-<lb/>
zustand hielt, wuchs der Arm nicht wieder nach. Auch hier<lb/>
also scheint die Regenerationskraft in Bezug auf die Extremität<lb/>
geringer zu sein, als bei den phyletisch weit jüngeren und höher<lb/>
organisirten Salamandern.</p><lb/>
            <p>Bekannt ist es auch, dass den Fröschen die abgeschnittenen<lb/>
Beine nicht wieder nachwachsen, auch nicht im Larvenzustand<lb/>
Besonders auffallend aber muss es erscheinen, dass selbst inner-<lb/>
halb der gleichen Gattung die Reproductionskraft eine recht<lb/>
verschiedene sein kann. <hi rendition="#g">Schreiber</hi> beobachtete, dass Triton<lb/>
marmoratus im Gegensatz zu allen übrigen darauf untersuchten<lb/>
Triton-Arten ein relativ sehr geringes Regenerationsvermögen<lb/>
besitzt. &#x201E;Selbst kleine Verletzungen des Kammes und der-<lb/>
gleichen werden wenigstens in der Gefangenschaft nie wieder<lb/>
ersetzt, und bei grösseren Verlusten geht das Thier regelmässig<lb/>
ein.&#x201C; <hi rendition="#g">Fraisse</hi> konnte Ähnliches feststellen; &#x201E;niemals wuchs<lb/>
eine abgeschnittene Extremität zur normalen Grösse wieder<lb/>
nach, es bildete sich nur ein etwas deformirter Kegel an dem<lb/>
Amputationsstumpf; auch der Schwanz wurde nur in sehr ge-<lb/>
ringem Maasse reproducirt&#x201C; (a. a. O. p. 152).</p><lb/>
            <p>In Bezug auf die Reptilien hebt schon <hi rendition="#g">Fraisse</hi> hervor,<lb/>
dass einzelnen Gruppen die Regenerationsfähigkeit in viel ge-<lb/>
ringerem Maasse zukommt, als andern. Schildkröten, Krokodile<lb/>
und Schlangen &#x201E;sind nicht im Stande, verloren gegangene<lb/>
Theile auch nur einigermassen zu regeneriren, während diese<lb/>
Fähigkeit den Eidechsen und Geckotiden in so hohem Maasse<lb/>
zukommt&#x201C;.</p><lb/>
            <p>Aber auch die Ungleichheit der Regenerationskraft <hi rendition="#g">ver-<lb/>
schiedener Theile derselben Thierart</hi> deuten darauf hin,<lb/>
dass Anpassung eine grosse Rolle bei Regeneration spielt. Bei<lb/>
dem sonst so wenig zur Regeneration befähigten Proteus wachsen<lb/>
die abgeschnittenen Kiemen rasch wieder nach. Ebenso be-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0178] während deren ich das gefrässige Thier in bestem Ernährungs- zustand hielt, wuchs der Arm nicht wieder nach. Auch hier also scheint die Regenerationskraft in Bezug auf die Extremität geringer zu sein, als bei den phyletisch weit jüngeren und höher organisirten Salamandern. Bekannt ist es auch, dass den Fröschen die abgeschnittenen Beine nicht wieder nachwachsen, auch nicht im Larvenzustand Besonders auffallend aber muss es erscheinen, dass selbst inner- halb der gleichen Gattung die Reproductionskraft eine recht verschiedene sein kann. Schreiber beobachtete, dass Triton marmoratus im Gegensatz zu allen übrigen darauf untersuchten Triton-Arten ein relativ sehr geringes Regenerationsvermögen besitzt. „Selbst kleine Verletzungen des Kammes und der- gleichen werden wenigstens in der Gefangenschaft nie wieder ersetzt, und bei grösseren Verlusten geht das Thier regelmässig ein.“ Fraisse konnte Ähnliches feststellen; „niemals wuchs eine abgeschnittene Extremität zur normalen Grösse wieder nach, es bildete sich nur ein etwas deformirter Kegel an dem Amputationsstumpf; auch der Schwanz wurde nur in sehr ge- ringem Maasse reproducirt“ (a. a. O. p. 152). In Bezug auf die Reptilien hebt schon Fraisse hervor, dass einzelnen Gruppen die Regenerationsfähigkeit in viel ge- ringerem Maasse zukommt, als andern. Schildkröten, Krokodile und Schlangen „sind nicht im Stande, verloren gegangene Theile auch nur einigermassen zu regeneriren, während diese Fähigkeit den Eidechsen und Geckotiden in so hohem Maasse zukommt“. Aber auch die Ungleichheit der Regenerationskraft ver- schiedener Theile derselben Thierart deuten darauf hin, dass Anpassung eine grosse Rolle bei Regeneration spielt. Bei dem sonst so wenig zur Regeneration befähigten Proteus wachsen die abgeschnittenen Kiemen rasch wieder nach. Ebenso be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/178
Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/178>, abgerufen am 21.11.2024.