Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

n B-Idanten beruhen, d. h. wieder genaue Mittelformen sind, wie
die sämmtlichen Bastarde erster Generation. Mit dem wenn
auch vereinzelten Vorkommen solcher reiner Mittelformen ist
die Möglichkeit gegeben, dass wieder Keimzellen entstehen, die
nur A-Idanten oder nur B-Idanten enthalten, und damit endlich
die Möglichkeit eines Rückschlags auf die eine oder die andere
der beiden Stammformen. Freilich werden solche Rückschläge
nur sehr selten eintreten, weil sie ganz auf dem Zufall beruhen,
ob nun gerade die in Bezug auf ihren Idioplasma-Gehalt sel-
tenste Art der Keimzellen bei der Befruchtung wirklich auch
zusammentrifft; es wird eine sehr grosse Zahl von Sämlingen
nöthig sein, um solche Fälle zu finden.

Ehe ich zur Besprechung des Rückschlags auf individuelle
Merkmale übergehe, möchte ich noch anführen, dass wir bei
der Rassenkreuzung des Menschen dasselbe Gesetz des
Rückschlags hervortreten sehen, welches durch die Pflanzen-
bastarde erkannt werden konnte: dass nämlich die Mischung
eines Rassencharakters in der ersten Generation eine gleich-
mässige ist, später aber bei Rückkreuzung mit einer der Stamm-
rassen eine ganz unregelmässige wird. Bei der Kreuzung von
Weissen und Negern entsteht ein Mulatte, dessen Hautfarbe
niemals rein weiss ist und meistens ungefähr die Mitte zwischen
den Eltern hält. Bei Rückkreuzung des Mulatten mit Weissen
nimmt die Hautfarbe nicht gleichmässig an Schwärze ab, sondern
die Nachkommen dritter, vierter Generation sind bald ganz
weiss, bald erheblich dunkel, ein Hinweis auf die Ungleichheiten
der Reductionstheilung.

2. Rückschlag auf individuelle Charaktere beim Menschen.

Der wesentliche Unterschied vom Rückschlag bei Pflanzen-
Bastarden und beim Menschen liegt darin, dass es sich bei
diesen um die Vermischung und Wiederscheidung von Art- oder

26*

n B-Idanten beruhen, d. h. wieder genaue Mittelformen sind, wie
die sämmtlichen Bastarde erster Generation. Mit dem wenn
auch vereinzelten Vorkommen solcher reiner Mittelformen ist
die Möglichkeit gegeben, dass wieder Keimzellen entstehen, die
nur A-Idanten oder nur B-Idanten enthalten, und damit endlich
die Möglichkeit eines Rückschlags auf die eine oder die andere
der beiden Stammformen. Freilich werden solche Rückschläge
nur sehr selten eintreten, weil sie ganz auf dem Zufall beruhen,
ob nun gerade die in Bezug auf ihren Idioplasma-Gehalt sel-
tenste Art der Keimzellen bei der Befruchtung wirklich auch
zusammentrifft; es wird eine sehr grosse Zahl von Sämlingen
nöthig sein, um solche Fälle zu finden.

Ehe ich zur Besprechung des Rückschlags auf individuelle
Merkmale übergehe, möchte ich noch anführen, dass wir bei
der Rassenkreuzung des Menschen dasselbe Gesetz des
Rückschlags hervortreten sehen, welches durch die Pflanzen-
bastarde erkannt werden konnte: dass nämlich die Mischung
eines Rassencharakters in der ersten Generation eine gleich-
mässige ist, später aber bei Rückkreuzung mit einer der Stamm-
rassen eine ganz unregelmässige wird. Bei der Kreuzung von
Weissen und Negern entsteht ein Mulatte, dessen Hautfarbe
niemals rein weiss ist und meistens ungefähr die Mitte zwischen
den Eltern hält. Bei Rückkreuzung des Mulatten mit Weissen
nimmt die Hautfarbe nicht gleichmässig an Schwärze ab, sondern
die Nachkommen dritter, vierter Generation sind bald ganz
weiss, bald erheblich dunkel, ein Hinweis auf die Ungleichheiten
der Reductionstheilung.

2. Rückschlag auf individuelle Charaktere beim Menschen.

Der wesentliche Unterschied vom Rückschlag bei Pflanzen-
Bastarden und beim Menschen liegt darin, dass es sich bei
diesen um die Vermischung und Wiederscheidung von Art- oder

26*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0427" n="403"/>
n B-Idanten beruhen, d. h. wieder genaue Mittelformen sind, wie<lb/>
die sämmtlichen Bastarde erster Generation. Mit dem wenn<lb/>
auch vereinzelten Vorkommen solcher reiner Mittelformen ist<lb/>
die Möglichkeit gegeben, dass wieder Keimzellen entstehen, die<lb/>
nur A-Idanten oder nur B-Idanten enthalten, und damit endlich<lb/>
die Möglichkeit eines Rückschlags auf die eine oder die andere<lb/>
der beiden Stammformen. Freilich werden solche Rückschläge<lb/>
nur sehr selten eintreten, weil sie ganz auf dem Zufall beruhen,<lb/>
ob nun gerade die in Bezug auf ihren Idioplasma-Gehalt sel-<lb/>
tenste Art der Keimzellen bei der Befruchtung wirklich auch<lb/>
zusammentrifft; es wird eine sehr grosse Zahl von Sämlingen<lb/>
nöthig sein, um solche Fälle zu finden.</p><lb/>
            <p>Ehe ich zur Besprechung des Rückschlags auf individuelle<lb/>
Merkmale übergehe, möchte ich noch anführen, dass wir bei<lb/>
der <hi rendition="#g">Rassenkreuzung des Menschen</hi> dasselbe Gesetz des<lb/>
Rückschlags hervortreten sehen, welches durch die Pflanzen-<lb/>
bastarde erkannt werden konnte: dass nämlich die Mischung<lb/>
eines Rassencharakters in der ersten Generation eine gleich-<lb/>
mässige ist, später aber bei Rückkreuzung mit einer der Stamm-<lb/>
rassen eine ganz unregelmässige wird. Bei der Kreuzung von<lb/>
Weissen und Negern entsteht ein Mulatte, dessen Hautfarbe<lb/>
niemals rein weiss ist und meistens ungefähr die Mitte zwischen<lb/>
den Eltern hält. Bei Rückkreuzung des Mulatten mit Weissen<lb/>
nimmt die Hautfarbe nicht gleichmässig an Schwärze ab, sondern<lb/>
die Nachkommen dritter, vierter Generation sind bald ganz<lb/>
weiss, bald erheblich dunkel, ein Hinweis auf die Ungleichheiten<lb/>
der Reductionstheilung.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">2. Rückschlag auf individuelle Charaktere beim Menschen.</hi> </head><lb/>
            <p>Der wesentliche Unterschied vom Rückschlag bei Pflanzen-<lb/>
Bastarden und beim Menschen liegt darin, dass es sich bei<lb/>
diesen um die Vermischung und Wiederscheidung von <hi rendition="#g">Art-</hi> oder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">26*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[403/0427] n B-Idanten beruhen, d. h. wieder genaue Mittelformen sind, wie die sämmtlichen Bastarde erster Generation. Mit dem wenn auch vereinzelten Vorkommen solcher reiner Mittelformen ist die Möglichkeit gegeben, dass wieder Keimzellen entstehen, die nur A-Idanten oder nur B-Idanten enthalten, und damit endlich die Möglichkeit eines Rückschlags auf die eine oder die andere der beiden Stammformen. Freilich werden solche Rückschläge nur sehr selten eintreten, weil sie ganz auf dem Zufall beruhen, ob nun gerade die in Bezug auf ihren Idioplasma-Gehalt sel- tenste Art der Keimzellen bei der Befruchtung wirklich auch zusammentrifft; es wird eine sehr grosse Zahl von Sämlingen nöthig sein, um solche Fälle zu finden. Ehe ich zur Besprechung des Rückschlags auf individuelle Merkmale übergehe, möchte ich noch anführen, dass wir bei der Rassenkreuzung des Menschen dasselbe Gesetz des Rückschlags hervortreten sehen, welches durch die Pflanzen- bastarde erkannt werden konnte: dass nämlich die Mischung eines Rassencharakters in der ersten Generation eine gleich- mässige ist, später aber bei Rückkreuzung mit einer der Stamm- rassen eine ganz unregelmässige wird. Bei der Kreuzung von Weissen und Negern entsteht ein Mulatte, dessen Hautfarbe niemals rein weiss ist und meistens ungefähr die Mitte zwischen den Eltern hält. Bei Rückkreuzung des Mulatten mit Weissen nimmt die Hautfarbe nicht gleichmässig an Schwärze ab, sondern die Nachkommen dritter, vierter Generation sind bald ganz weiss, bald erheblich dunkel, ein Hinweis auf die Ungleichheiten der Reductionstheilung. 2. Rückschlag auf individuelle Charaktere beim Menschen. Der wesentliche Unterschied vom Rückschlag bei Pflanzen- Bastarden und beim Menschen liegt darin, dass es sich bei diesen um die Vermischung und Wiederscheidung von Art- oder 26*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/427
Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/427>, abgerufen am 31.10.2024.