reinen rothgoldenen und einbrütigen Phlaeas Lapplands bis zu einer in zwei Jahresbruten schwarzen Eleus-Form vorkommen müssen, also zuerst zwei gleiche rothgoldene Bruten, dann eben- solche mit Neigung der Schmetterlinge bei einem Plus der auf die Puppe wirkenden Wärme schwarzbestäubt zu werden, dann Saison-Dimorphismus mit schwarzen Faltern im Sommer, roth- goldenen im Frühling, so wie es sich bei Genua wirklich vor- findet. Bei noch längerer Einwirkung stärkerer Wärme aber wird eine zuerst kleine, dann immer grössere Zahl von Schuppen- Determinanten des Keimplasma's völlig zum Schwarz hin ver- ändert, und nun haben wir zwei Bruten, die beide die Form Eleus annehmen. Ungefähr so, aber noch nicht ganz so ver- hält es sich mit der neapolitanischen Colonie der Art, indem dort in der Frühjahrsbrut zwar viele sehr schwarze Stücke vorkommen, aber auch noch viele hellere, wenn auch keine, die dem Rothgold des nordischen Phlaeas gleichkommen. Ob irgend- wo die völlige Umfärbung der Art in beiden Jahresbruten eingetreten ist, weiss ich nicht, möchte es aber am ersten vom südlichen Japan erwarten, da schon die Schmetterlinge, welche mir aus der Gegend von Tokio vorliegen, eine ungewöhnlich schwarze Färbung besitzen.
Ich habe diesem Falle eine ausführliche Besprechung ge- widmet, weil er mir eine principielle Bedeutung zu besitzen scheint, nicht blos für die Erklärung der Klima-Varietäten der Schmetterlinge, sondern für die Theorie der Vererbung, für die Annahme materieller, schon im Keimplasma vorhandener und von Generation zu Generation weiter- gegebener Determinanten in dem oben definirten Sinne. Die Thatsachen sprechen hier so bestimmt für diese Annahme, dass gar kein anderer Ausweg mehr möglich scheint. Man braucht sich nur zu erinnern, dass die künstliche Umstimmung der Flügelfarbe nicht gelingt, wenn man die verändernde Tempe-
reinen rothgoldenen und einbrütigen Phlaeas Lapplands bis zu einer in zwei Jahresbruten schwarzen Elēus-Form vorkommen müssen, also zuerst zwei gleiche rothgoldene Bruten, dann eben- solche mit Neigung der Schmetterlinge bei einem Plus der auf die Puppe wirkenden Wärme schwarzbestäubt zu werden, dann Saison-Dimorphismus mit schwarzen Faltern im Sommer, roth- goldenen im Frühling, so wie es sich bei Genua wirklich vor- findet. Bei noch längerer Einwirkung stärkerer Wärme aber wird eine zuerst kleine, dann immer grössere Zahl von Schuppen- Determinanten des Keimplasma’s völlig zum Schwarz hin ver- ändert, und nun haben wir zwei Bruten, die beide die Form Elēus annehmen. Ungefähr so, aber noch nicht ganz so ver- hält es sich mit der neapolitanischen Colonie der Art, indem dort in der Frühjahrsbrut zwar viele sehr schwarze Stücke vorkommen, aber auch noch viele hellere, wenn auch keine, die dem Rothgold des nordischen Phlaeas gleichkommen. Ob irgend- wo die völlige Umfärbung der Art in beiden Jahresbruten eingetreten ist, weiss ich nicht, möchte es aber am ersten vom südlichen Japan erwarten, da schon die Schmetterlinge, welche mir aus der Gegend von Tokio vorliegen, eine ungewöhnlich schwarze Färbung besitzen.
Ich habe diesem Falle eine ausführliche Besprechung ge- widmet, weil er mir eine principielle Bedeutung zu besitzen scheint, nicht blos für die Erklärung der Klima-Varietäten der Schmetterlinge, sondern für die Theorie der Vererbung, für die Annahme materieller, schon im Keimplasma vorhandener und von Generation zu Generation weiter- gegebener Determinanten in dem oben definirten Sinne. Die Thatsachen sprechen hier so bestimmt für diese Annahme, dass gar kein anderer Ausweg mehr möglich scheint. Man braucht sich nur zu erinnern, dass die künstliche Umstimmung der Flügelfarbe nicht gelingt, wenn man die verändernde Tempe-
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reinen rothgoldenen und einbrütigen Phlaeas Lapplands bis zu
einer in zwei Jahresbruten schwarzen Elēus-Form vorkommen
müssen, also zuerst zwei gleiche rothgoldene Bruten, dann eben-
solche mit Neigung der Schmetterlinge bei einem Plus der auf
die Puppe wirkenden Wärme schwarzbestäubt zu werden, dann
Saison-Dimorphismus mit schwarzen Faltern im Sommer, roth-
goldenen im Frühling, so wie es sich bei Genua wirklich vor-
findet. Bei noch längerer Einwirkung stärkerer Wärme aber
wird eine zuerst kleine, dann immer grössere Zahl von Schuppen-
Determinanten des Keimplasma’s völlig zum Schwarz hin ver-
ändert, und nun haben wir zwei Bruten, die beide die Form
Elēus annehmen. Ungefähr so, aber noch nicht ganz so ver-
hält es sich mit der neapolitanischen Colonie der Art, indem
dort in der Frühjahrsbrut zwar viele sehr schwarze Stücke
vorkommen, aber auch noch viele hellere, wenn auch keine, die
dem Rothgold des nordischen Phlaeas gleichkommen. Ob irgend-
wo die völlige Umfärbung der Art in beiden Jahresbruten
eingetreten ist, weiss ich nicht, möchte es aber am ersten vom
südlichen Japan erwarten, da schon die Schmetterlinge, welche
mir aus der Gegend von Tokio vorliegen, eine ungewöhnlich
schwarze Färbung besitzen.
Ich habe diesem Falle eine ausführliche Besprechung ge-
widmet, weil er mir eine principielle Bedeutung zu besitzen
scheint, nicht blos für die Erklärung der Klima-Varietäten der
Schmetterlinge, sondern für die Theorie der Vererbung,
für die Annahme materieller, schon im Keimplasma
vorhandener und von Generation zu Generation weiter-
gegebener Determinanten in dem oben definirten Sinne.
Die Thatsachen sprechen hier so bestimmt für diese Annahme,
dass gar kein anderer Ausweg mehr möglich scheint. Man
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/554>, abgerufen am 22.11.2024.
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