charakteristischen Structur des Zellkörpers in den Zellkörper gesandt wird. Ich meine die von J. Rückert am Ei eines Haifischs gemachte Beobachtung über den auffallenden Wechsel in der Grösse der Chromosomen des Eikernes während des Wachsthums des Eies. Einer der 30--36 Chromosomen des jüngsten zur Beobachtung gelangten Eierstockeies von 2 Mm. Durchmesser misst 12 Micro in der Länge und hat etwa 2 Cubikmicra im Inhalt, später im nahezu reifen Ei beträgt die Länge eines Chromosoma bis zu 100 Micro, sein Inhalt 7850 Cubikmicra, oder, da es sich inzwischen durch Theilung verdoppelt, hat 15,700 Cubikmicra. Noch etwas später, wenn das Ei seine volle Grösse und seine fertige Structur erreicht hat, also unmittelbar vor der ersten Richtungstheilung, sinkt die Länge des einzelnen Chromosoma auf 2 Micro und der Inhalt eines Doppelstäbchens auf 3 Cubikmicra herab. Also -- so schliesst Rückert -- wird während der allmäligen Reifung des Eies eine grosse Menge von Substanz von den Chromosomen an das Ei abgegeben und man wird ihm darin nur zustimmen können. Es fragt sich aber, in welcher Weise man sich diese Abgabe von Substanz zu denken habe, ob in der gewöhnlichen Form von gelösten Nährsubstanzen, welche dann vom Zellkörper assimilirt werden, oder anderswie. Mir scheint hier Nichts der Annahme im Wege zu stehen, dass nicht blosse Nahrung, sondern specifische kleine Lebenstheilchen von dem Chromosoma während des Wachsthums des Eies in Masse zuerst hervorgebracht und dann durch die Kernmembran in den Zell- körper entsandt werden. Ich kann hier auf die merkwürdigen morphologischen Umgestaltungen der Chromosomen, welche sie während dieses Wachsthums durchmachen, nicht näher eintreten, man wird noch weitere Thatsachen sammeln müssen, ehe man an die Deutung der Vorgänge im Einzelnen herantreten kann. Soviel aber darf heute schon gesagt werden, dass nämlich diese
charakteristischen Structur des Zellkörpers in den Zellkörper gesandt wird. Ich meine die von J. Rückert am Ei eines Haifischs gemachte Beobachtung über den auffallenden Wechsel in der Grösse der Chromosomen des Eikernes während des Wachsthums des Eies. Einer der 30—36 Chromosomen des jüngsten zur Beobachtung gelangten Eierstockeies von 2 Mm. Durchmesser misst 12 Micro in der Länge und hat etwa 2 Cubikmicra im Inhalt, später im nahezu reifen Ei beträgt die Länge eines Chromosoma bis zu 100 Micro, sein Inhalt 7850 Cubikmicra, oder, da es sich inzwischen durch Theilung verdoppelt, hat 15,700 Cubikmicra. Noch etwas später, wenn das Ei seine volle Grösse und seine fertige Structur erreicht hat, also unmittelbar vor der ersten Richtungstheilung, sinkt die Länge des einzelnen Chromosoma auf 2 Micro und der Inhalt eines Doppelstäbchens auf 3 Cubikmicra herab. Also — so schliesst Rückert — wird während der allmäligen Reifung des Eies eine grosse Menge von Substanz von den Chromosomen an das Ei abgegeben und man wird ihm darin nur zustimmen können. Es fragt sich aber, in welcher Weise man sich diese Abgabe von Substanz zu denken habe, ob in der gewöhnlichen Form von gelösten Nährsubstanzen, welche dann vom Zellkörper assimilirt werden, oder anderswie. Mir scheint hier Nichts der Annahme im Wege zu stehen, dass nicht blosse Nahrung, sondern specifische kleine Lebenstheilchen von dem Chromosoma während des Wachsthums des Eies in Masse zuerst hervorgebracht und dann durch die Kernmembran in den Zell- körper entsandt werden. Ich kann hier auf die merkwürdigen morphologischen Umgestaltungen der Chromosomen, welche sie während dieses Wachsthums durchmachen, nicht näher eintreten, man wird noch weitere Thatsachen sammeln müssen, ehe man an die Deutung der Vorgänge im Einzelnen herantreten kann. Soviel aber darf heute schon gesagt werden, dass nämlich diese
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0092"n="68"/>
charakteristischen Structur des Zellkörpers in den Zellkörper<lb/>
gesandt wird. Ich meine die von J. <hirendition="#g">Rückert</hi> am Ei eines<lb/>
Haifischs gemachte Beobachtung über den auffallenden <hirendition="#g">Wechsel<lb/>
in der Grösse der Chromosomen</hi> des Eikernes <hirendition="#g">während<lb/>
des Wachsthums des Eies</hi>. Einer der 30—36 Chromosomen<lb/>
des jüngsten zur Beobachtung gelangten Eierstockeies von<lb/>
2 Mm. Durchmesser misst 12 Micro in der Länge und hat etwa<lb/>
2 Cubikmicra im Inhalt, später im nahezu reifen Ei beträgt<lb/>
die Länge eines Chromosoma bis zu 100 Micro, sein Inhalt<lb/>
7850 Cubikmicra, oder, da es sich inzwischen durch Theilung<lb/>
verdoppelt, hat 15,700 Cubikmicra. Noch etwas später, wenn<lb/>
das Ei seine volle Grösse und seine fertige Structur erreicht<lb/>
hat, also unmittelbar vor der ersten Richtungstheilung, sinkt<lb/>
die Länge des einzelnen Chromosoma auf 2 Micro und der<lb/>
Inhalt eines Doppelstäbchens auf 3 Cubikmicra herab. Also —<lb/>
so schliesst <hirendition="#g">Rückert</hi>— wird während der allmäligen Reifung<lb/>
des Eies eine grosse Menge von Substanz von den Chromosomen<lb/>
an das Ei abgegeben und man wird ihm darin nur zustimmen<lb/>
können. Es fragt sich aber, in welcher Weise man sich diese<lb/>
Abgabe von Substanz zu denken habe, ob in der gewöhnlichen<lb/>
Form von gelösten Nährsubstanzen, welche dann vom Zellkörper<lb/>
assimilirt werden, oder anderswie. Mir scheint hier Nichts der<lb/>
Annahme im Wege zu stehen, dass nicht blosse <hirendition="#g">Nahrung</hi>,<lb/>
sondern <hirendition="#g">specifische kleine Lebenstheilchen</hi> von dem<lb/>
Chromosoma während des Wachsthums des Eies in Masse zuerst<lb/>
hervorgebracht und dann durch die Kernmembran in den Zell-<lb/>
körper entsandt werden. Ich kann hier auf die merkwürdigen<lb/>
morphologischen Umgestaltungen der Chromosomen, welche sie<lb/>
während dieses Wachsthums durchmachen, nicht näher eintreten,<lb/>
man wird noch weitere Thatsachen sammeln müssen, ehe man<lb/>
an die Deutung der Vorgänge im Einzelnen herantreten kann.<lb/>
Soviel aber darf heute schon gesagt werden, dass nämlich diese<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[68/0092]
charakteristischen Structur des Zellkörpers in den Zellkörper
gesandt wird. Ich meine die von J. Rückert am Ei eines
Haifischs gemachte Beobachtung über den auffallenden Wechsel
in der Grösse der Chromosomen des Eikernes während
des Wachsthums des Eies. Einer der 30—36 Chromosomen
des jüngsten zur Beobachtung gelangten Eierstockeies von
2 Mm. Durchmesser misst 12 Micro in der Länge und hat etwa
2 Cubikmicra im Inhalt, später im nahezu reifen Ei beträgt
die Länge eines Chromosoma bis zu 100 Micro, sein Inhalt
7850 Cubikmicra, oder, da es sich inzwischen durch Theilung
verdoppelt, hat 15,700 Cubikmicra. Noch etwas später, wenn
das Ei seine volle Grösse und seine fertige Structur erreicht
hat, also unmittelbar vor der ersten Richtungstheilung, sinkt
die Länge des einzelnen Chromosoma auf 2 Micro und der
Inhalt eines Doppelstäbchens auf 3 Cubikmicra herab. Also —
so schliesst Rückert — wird während der allmäligen Reifung
des Eies eine grosse Menge von Substanz von den Chromosomen
an das Ei abgegeben und man wird ihm darin nur zustimmen
können. Es fragt sich aber, in welcher Weise man sich diese
Abgabe von Substanz zu denken habe, ob in der gewöhnlichen
Form von gelösten Nährsubstanzen, welche dann vom Zellkörper
assimilirt werden, oder anderswie. Mir scheint hier Nichts der
Annahme im Wege zu stehen, dass nicht blosse Nahrung,
sondern specifische kleine Lebenstheilchen von dem
Chromosoma während des Wachsthums des Eies in Masse zuerst
hervorgebracht und dann durch die Kernmembran in den Zell-
körper entsandt werden. Ich kann hier auf die merkwürdigen
morphologischen Umgestaltungen der Chromosomen, welche sie
während dieses Wachsthums durchmachen, nicht näher eintreten,
man wird noch weitere Thatsachen sammeln müssen, ehe man
an die Deutung der Vorgänge im Einzelnen herantreten kann.
Soviel aber darf heute schon gesagt werden, dass nämlich diese
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/92>, abgerufen am 30.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.