Weiße, Christian Felix: Lieder für Kinder. Leipzig, 1767.Die Freyheit. Warum, du kleine Nachtigall, Hör ich nicht deiner Stimme Schall Mehr der Natur zu Ehren? Du sangst in Sträuchen ja zuvor So wunderschön, daß aller Vögel Chor Schwieg, wenn du sangst, um dich zu hören. Jm goldnen Bauer sitzest du; Jch trage dir die Speise zu Schon mit dem frühsten Morgen. Kein Sturm und Regen schadet dir; Doch du singst nicht, und sitzest traurig hier, Als hättest du recht schwere Sorgen. Wie, sollt es dich vielleicht gereun, Bey mir hier eingesperrt zu seyn? Da flieg in Freyheit wieder! O ja, du singst, schon hör ich dich Vom nächsten Baum, und du belohnest mich Dafür durch deine besten Lieder! Die
Die Freyheit. Warum, du kleine Nachtigall, Hoͤr ich nicht deiner Stimme Schall Mehr der Natur zu Ehren? Du ſangſt in Straͤuchen ja zuvor So wunderſchoͤn, daß aller Voͤgel Chor Schwieg, wenn du ſangſt, um dich zu hoͤren. Jm goldnen Bauer ſitzeſt du; Jch trage dir die Speiſe zu Schon mit dem fruͤhſten Morgen. Kein Sturm und Regen ſchadet dir; Doch du ſingſt nicht, und ſitzeſt traurig hier, Als haͤtteſt du recht ſchwere Sorgen. Wie, ſollt es dich vielleicht gereun, Bey mir hier eingeſperrt zu ſeyn? Da flieg in Freyheit wieder! O ja, du ſingſt, ſchon hoͤr ich dich Vom naͤchſten Baum, und du belohneſt mich Dafuͤr durch deine beſten Lieder! Die
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Die Freyheit.
Warum, du kleine Nachtigall,
Hoͤr ich nicht deiner Stimme Schall
Mehr der Natur zu Ehren?
Du ſangſt in Straͤuchen ja zuvor
So wunderſchoͤn, daß aller Voͤgel Chor
Schwieg, wenn du ſangſt, um dich zu
hoͤren.
Jm goldnen Bauer ſitzeſt du;
Jch trage dir die Speiſe zu
Schon mit dem fruͤhſten Morgen.
Kein Sturm und Regen ſchadet dir;
Doch du ſingſt nicht, und ſitzeſt traurig
hier,
Als haͤtteſt du recht ſchwere Sorgen.
Wie, ſollt es dich vielleicht gereun,
Bey mir hier eingeſperrt zu ſeyn?
Da flieg in Freyheit wieder!
O ja, du ſingſt, ſchon hoͤr ich dich
Vom naͤchſten Baum, und du belohneſt
mich
Dafuͤr durch deine beſten Lieder!
Die
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