Welczeck, Adelheid von: Das Frauenstimmrecht in den verschiedenen Ländern. Gautzsch b. Leipzig, 1908 (= Kultur und Fortschritt, Bd. 135).tagswahlen unzweideutig zu Tage getreten. Unmittelbar nach der Auf- In Frankfurt a. M. bildete sich ein Frauenwahlkomitee, welches die Während sich in Frankfurt mehrere Kandidaten als Freunde des Die Mehrzahl dieser Frauen ist für liberale Kandidaten eingetreten, Der Vorstand des deutschen Verbandes hat an die verschiedenen Jedenfalls unterliegt es keinem Zweifel, daß die öffentliche Meinung Die Teilnahme des Publikums an den Verhandlungen war eine ausser- Bedeutungsvoll waren die Verhandlungen über Neuorganisation *) Verlag W. u. S. Loewenthal, Berlin, Grünstr. 4.
tagswahlen unzweideutig zu Tage getreten. Unmittelbar nach der Auf- In Frankfurt a. M. bildete sich ein Frauenwahlkomitee, welches die Während sich in Frankfurt mehrere Kandidaten als Freunde des Die Mehrzahl dieser Frauen ist für liberale Kandidaten eingetreten, Der Vorstand des deutschen Verbandes hat an die verschiedenen Jedenfalls unterliegt es keinem Zweifel, daß die öffentliche Meinung Die Teilnahme des Publikums an den Verhandlungen war eine ausser- Bedeutungsvoll waren die Verhandlungen über Neuorganisation *) Verlag W. u. S. Loewenthal, Berlin, Grünstr. 4.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="15"/> tagswahlen unzweideutig zu Tage getreten. Unmittelbar nach der Auf-<lb/> lösung des Reichstags am 13. Dezember 1906 erging an die Zweigvereine,<lb/> Ortsgruppen und Einzelmitglieder ein Anschreiben des Vorstandes mit<lb/> der Aufforderung sich an den Vorarbeiten für die Reichstagswahlen zu<lb/> beteiligen. Dieser Aufforderung wurde vielfach Folge geleistet, insbe-<lb/> sondere in Süddeutschland war die Anteilnahme der Mitglieder eine sehr<lb/> rege. In München, Stuttgart, Konstanz, Mannheim, Worms arbeiteten<lb/> viele Frauen in den Wahlbureaus, besuchten die Wahlversammlungen<lb/> und interpellierten die Kandidaten schriftlich und mündlich über ihre<lb/> Stellungnahme zum Frauenstimmrecht.</p><lb/> <p>In Frankfurt a. M. bildete sich ein Frauenwahlkomitee, welches die<lb/> Mitarbeit der Frauen in systematischer Weise leitete.</p><lb/> <p>Während sich in Frankfurt mehrere Kandidaten als Freunde des<lb/> Frauenstimmrechts bekannt hatten, lagen die Verhältnisse in Nord- und<lb/> Mitteldeutschland bedeutend weniger günstig; vielfach erhielten die<lb/> Mitglieder auf ihre Anfragen an die Kandidaten über ihre Stellungnahme<lb/> zum Frauenstimmrecht keine oder ablehnende Antwort. So mußten<lb/> sich die Mitglieder vielfach darauf beschränken durch Besuch der Wahl-<lb/> versammlungen zu den politischen Fragen Stellung zu nehmen. Immer-<lb/> hin haben sich die Mitglieder in einer Anzahl von Städten aktiv an den<lb/> Wahlarbeiten beteiligt, so in Danzig, Königsberg, Bromberg, Görlitz,<lb/> Bunzlau, Hannover, Hamburg, Köln u.a.</p><lb/> <p>Die Mehrzahl dieser Frauen ist für liberale Kandidaten eingetreten,<lb/> einige auch für sozialdemokratische Kandidaten.</p><lb/> <p>Der Vorstand des deutschen Verbandes hat an die verschiedenen<lb/> politischen Parteien wiederholt das Gesuch gerichtet, das Frauenstimm-<lb/> recht in ihr Parteiprogramm aufzunehmen, bisher ohne Erfolg, obgleich<lb/> einzelne Abgeordnete sich, wie bereits erwähnt, durchaus zu gunsten des<lb/> Frauenstimmrechts geäußert haben. So bleibt nach wie vor die <hi rendition="#g">so-<lb/> zialdemokratische Partei</hi> die <hi rendition="#g">einzige</hi>, die programm-<lb/> mäßig das Frauenstimmrecht vertritt.</p><lb/> <p>Jedenfalls unterliegt es keinem Zweifel, daß die öffentliche Meinung<lb/> in bezug auf das Frauenstimmrecht in einer günstigen Wandlung be-<lb/> griffen ist. Die Generalversammlung des deutschen Verbandes in Frank-<lb/> furt im September dieses Jahres hat das auf das Schlagendste bewiesen.</p><lb/> <p>Die Teilnahme des Publikums an den Verhandlungen war eine ausser-<lb/> ordentlich rege; von besonderem Interesse war das Referat der zweiten<lb/> Vorsitzenden Lida-Gustava Heymann über das allgemeine, direkte und<lb/> geheime Wahlrecht; die Vortragende wies den oft erhobenen Vorwurf<lb/> der Verband sei für ein beschränktes Wahlrecht eingetreten, mit aller<lb/> Entschiedenheit zurück; auch die Mitglieder erklärten sich in der Debatte<lb/> durchaus für das allgemeine und gleiche Wahlrecht – diese Forderung<lb/> wurde als Programmpunkt in die Satzungen des Verbandes aufgenom-<lb/> men (der Verband besitzt jetzt ein eigenes Organ in der Zeitschrift für Frauenstimmrecht, herausgegeben von Dr. Augspurg.)<note place="foot" n="*)">Verlag W. u. S. Loewenthal, Berlin, Grünstr. 4.</note></p><lb/> <p>Bedeutungsvoll waren die Verhandlungen über Neuorganisation<lb/> des Verbandes, welche sich durch die fortschreitende Entwicklung der<lb/> Zweigvereine als notwendig erwiesen hatte. Da die Zweigvereine vom<lb/> Verbande aus gegründet wurden, so hatten sie zunächst dessen Satzungen<lb/> als die ihrigen angenommen, auch waren sie in der Kassenführung von<lb/> der Hauptkasse abhängig. Der Wunsch der Zweigvereine nach größerer<lb/> Selbständigkeit gab dem Vorstande Veranlassung einen Satzungsentwurf<lb/> vorzulegen, welcher zur Annahme gelangte und den Vereinen völlige<lb/> Bewegungsfreiheit gewährt; sie werden fortan eigene Satzungen haben<lb/> (dieselben dürfen mit den Satzungen des Verbandes nicht in Wider-<lb/> spruch stehen) eigene Kassenführung und die selbständige Vertretung<lb/> der Bewegung in den ihnen zugehörigen Gebieten. Als Grundlage der </p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0016]
tagswahlen unzweideutig zu Tage getreten. Unmittelbar nach der Auf-
lösung des Reichstags am 13. Dezember 1906 erging an die Zweigvereine,
Ortsgruppen und Einzelmitglieder ein Anschreiben des Vorstandes mit
der Aufforderung sich an den Vorarbeiten für die Reichstagswahlen zu
beteiligen. Dieser Aufforderung wurde vielfach Folge geleistet, insbe-
sondere in Süddeutschland war die Anteilnahme der Mitglieder eine sehr
rege. In München, Stuttgart, Konstanz, Mannheim, Worms arbeiteten
viele Frauen in den Wahlbureaus, besuchten die Wahlversammlungen
und interpellierten die Kandidaten schriftlich und mündlich über ihre
Stellungnahme zum Frauenstimmrecht.
In Frankfurt a. M. bildete sich ein Frauenwahlkomitee, welches die
Mitarbeit der Frauen in systematischer Weise leitete.
Während sich in Frankfurt mehrere Kandidaten als Freunde des
Frauenstimmrechts bekannt hatten, lagen die Verhältnisse in Nord- und
Mitteldeutschland bedeutend weniger günstig; vielfach erhielten die
Mitglieder auf ihre Anfragen an die Kandidaten über ihre Stellungnahme
zum Frauenstimmrecht keine oder ablehnende Antwort. So mußten
sich die Mitglieder vielfach darauf beschränken durch Besuch der Wahl-
versammlungen zu den politischen Fragen Stellung zu nehmen. Immer-
hin haben sich die Mitglieder in einer Anzahl von Städten aktiv an den
Wahlarbeiten beteiligt, so in Danzig, Königsberg, Bromberg, Görlitz,
Bunzlau, Hannover, Hamburg, Köln u.a.
Die Mehrzahl dieser Frauen ist für liberale Kandidaten eingetreten,
einige auch für sozialdemokratische Kandidaten.
Der Vorstand des deutschen Verbandes hat an die verschiedenen
politischen Parteien wiederholt das Gesuch gerichtet, das Frauenstimm-
recht in ihr Parteiprogramm aufzunehmen, bisher ohne Erfolg, obgleich
einzelne Abgeordnete sich, wie bereits erwähnt, durchaus zu gunsten des
Frauenstimmrechts geäußert haben. So bleibt nach wie vor die so-
zialdemokratische Partei die einzige, die programm-
mäßig das Frauenstimmrecht vertritt.
Jedenfalls unterliegt es keinem Zweifel, daß die öffentliche Meinung
in bezug auf das Frauenstimmrecht in einer günstigen Wandlung be-
griffen ist. Die Generalversammlung des deutschen Verbandes in Frank-
furt im September dieses Jahres hat das auf das Schlagendste bewiesen.
Die Teilnahme des Publikums an den Verhandlungen war eine ausser-
ordentlich rege; von besonderem Interesse war das Referat der zweiten
Vorsitzenden Lida-Gustava Heymann über das allgemeine, direkte und
geheime Wahlrecht; die Vortragende wies den oft erhobenen Vorwurf
der Verband sei für ein beschränktes Wahlrecht eingetreten, mit aller
Entschiedenheit zurück; auch die Mitglieder erklärten sich in der Debatte
durchaus für das allgemeine und gleiche Wahlrecht – diese Forderung
wurde als Programmpunkt in die Satzungen des Verbandes aufgenom-
men (der Verband besitzt jetzt ein eigenes Organ in der Zeitschrift für Frauenstimmrecht, herausgegeben von Dr. Augspurg.) *)
Bedeutungsvoll waren die Verhandlungen über Neuorganisation
des Verbandes, welche sich durch die fortschreitende Entwicklung der
Zweigvereine als notwendig erwiesen hatte. Da die Zweigvereine vom
Verbande aus gegründet wurden, so hatten sie zunächst dessen Satzungen
als die ihrigen angenommen, auch waren sie in der Kassenführung von
der Hauptkasse abhängig. Der Wunsch der Zweigvereine nach größerer
Selbständigkeit gab dem Vorstande Veranlassung einen Satzungsentwurf
vorzulegen, welcher zur Annahme gelangte und den Vereinen völlige
Bewegungsfreiheit gewährt; sie werden fortan eigene Satzungen haben
(dieselben dürfen mit den Satzungen des Verbandes nicht in Wider-
spruch stehen) eigene Kassenführung und die selbständige Vertretung
der Bewegung in den ihnen zugehörigen Gebieten. Als Grundlage der
*) Verlag W. u. S. Loewenthal, Berlin, Grünstr. 4.
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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen
: Bereitstellung der Texttranskription.
(2018-04-10T14:02:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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