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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Die Seejunker
gewissen Berechtigung, denn sie hatten wirklich die See gesehen,
wenn auch nur ein paar Stunden lang. Eine kurze Zeit war
sogar die Küste aus Sicht gewesen und einige von ihnen wären
beinah seekrank geworden, wenn man nicht leider so schönes
Wetter getroffen hätte. Und was für interessante Erinnerungen
knüpften sich an die Tour, wie viel Neues hatte sich den er-
staunten Blicken geboten! Da war ein rothgemaltes Feuerschiff
passirt, Delphine hatten um das Schiff gespielt und draußen
in den Mündungen der Elbe und Weser lebendige Seehunde
mit verwunderten Augen das große Schiff angestaunt, das so
verdächtig nahe an den Sänden vorbeistreifte, wo sie ihre
Mittagsruhe halten wollten. Und was für Fährlichkeiten hatte
man trotz des schönen Wetters ausgestanden! Während man die
Reise bei günstigem Winde und ruhiger See sonst bequem in
einem halben Tage macht, hatte sie unter denselben Umständen
drei Mal vierundzwanzig Stunden gedauert, das Schiff auf
der Strecke nicht weniger als drei Mal gesessen und drei schwere
Kabeltaue waren bei den Versuchen, es wieder flott zu machen,
gebrochen. An Bord hatte sich eine lebhafte Controverse dar-
über entsponnen, wer eigentlich an dem Festkommen die Schuld
trage. Einige schoben es dem Commandanten in die Schuhe, der
selbst alle Manöver commandirt habe, andere wieder dem Lootsen,
aber der Kapitän selbst hatte die Sache sehr ruhig genommen.
Die "Deutschland" war von gutem soliden Teakholz gebaut,
ihr hatte das verschiedentliche "Aufbrummen" nicht weiter ge-
schadet, als höchstens etwas Kupfer vom Boden abgescheuert, und
so hatte der Commandant den Vorfall lediglich vom pädagogi-
schen Standpunkte aus betrachtet und schmunzelnd gemeint, die
Seejunker hätten viel Profit von der Reise gehabt und gelernt,
wie man ein an Grund gerathenes Schiff wieder abbrächte.
Darin hatte er zwar nun Recht, indessen wollte es selbst den
Seejunkern nicht einleuchten, daß man Kriegsschiffe zu diesem
Zwecke so oft auf den Grund setze.


Die Seejunker
gewiſſen Berechtigung, denn ſie hatten wirklich die See geſehen,
wenn auch nur ein paar Stunden lang. Eine kurze Zeit war
ſogar die Küſte aus Sicht geweſen und einige von ihnen wären
beinah ſeekrank geworden, wenn man nicht leider ſo ſchönes
Wetter getroffen hätte. Und was für intereſſante Erinnerungen
knüpften ſich an die Tour, wie viel Neues hatte ſich den er-
ſtaunten Blicken geboten! Da war ein rothgemaltes Feuerſchiff
paſſirt, Delphine hatten um das Schiff geſpielt und draußen
in den Mündungen der Elbe und Weſer lebendige Seehunde
mit verwunderten Augen das große Schiff angeſtaunt, das ſo
verdächtig nahe an den Sänden vorbeiſtreifte, wo ſie ihre
Mittagsruhe halten wollten. Und was für Fährlichkeiten hatte
man trotz des ſchönen Wetters ausgeſtanden! Während man die
Reiſe bei günſtigem Winde und ruhiger See ſonſt bequem in
einem halben Tage macht, hatte ſie unter denſelben Umſtänden
drei Mal vierundzwanzig Stunden gedauert, das Schiff auf
der Strecke nicht weniger als drei Mal geſeſſen und drei ſchwere
Kabeltaue waren bei den Verſuchen, es wieder flott zu machen,
gebrochen. An Bord hatte ſich eine lebhafte Controverſe dar-
über entſponnen, wer eigentlich an dem Feſtkommen die Schuld
trage. Einige ſchoben es dem Commandanten in die Schuhe, der
ſelbſt alle Manöver commandirt habe, andere wieder dem Lootſen,
aber der Kapitän ſelbſt hatte die Sache ſehr ruhig genommen.
Die „Deutſchland“ war von gutem ſoliden Teakholz gebaut,
ihr hatte das verſchiedentliche „Aufbrummen“ nicht weiter ge-
ſchadet, als höchſtens etwas Kupfer vom Boden abgeſcheuert, und
ſo hatte der Commandant den Vorfall lediglich vom pädagogi-
ſchen Standpunkte aus betrachtet und ſchmunzelnd gemeint, die
Seejunker hätten viel Profit von der Reiſe gehabt und gelernt,
wie man ein an Grund gerathenes Schiff wieder abbrächte.
Darin hatte er zwar nun Recht, indeſſen wollte es ſelbſt den
Seejunkern nicht einleuchten, daß man Kriegsſchiffe zu dieſem
Zwecke ſo oft auf den Grund ſetze.


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[293/0305] Die Seejunker gewiſſen Berechtigung, denn ſie hatten wirklich die See geſehen, wenn auch nur ein paar Stunden lang. Eine kurze Zeit war ſogar die Küſte aus Sicht geweſen und einige von ihnen wären beinah ſeekrank geworden, wenn man nicht leider ſo ſchönes Wetter getroffen hätte. Und was für intereſſante Erinnerungen knüpften ſich an die Tour, wie viel Neues hatte ſich den er- ſtaunten Blicken geboten! Da war ein rothgemaltes Feuerſchiff paſſirt, Delphine hatten um das Schiff geſpielt und draußen in den Mündungen der Elbe und Weſer lebendige Seehunde mit verwunderten Augen das große Schiff angeſtaunt, das ſo verdächtig nahe an den Sänden vorbeiſtreifte, wo ſie ihre Mittagsruhe halten wollten. Und was für Fährlichkeiten hatte man trotz des ſchönen Wetters ausgeſtanden! Während man die Reiſe bei günſtigem Winde und ruhiger See ſonſt bequem in einem halben Tage macht, hatte ſie unter denſelben Umſtänden drei Mal vierundzwanzig Stunden gedauert, das Schiff auf der Strecke nicht weniger als drei Mal geſeſſen und drei ſchwere Kabeltaue waren bei den Verſuchen, es wieder flott zu machen, gebrochen. An Bord hatte ſich eine lebhafte Controverſe dar- über entſponnen, wer eigentlich an dem Feſtkommen die Schuld trage. Einige ſchoben es dem Commandanten in die Schuhe, der ſelbſt alle Manöver commandirt habe, andere wieder dem Lootſen, aber der Kapitän ſelbſt hatte die Sache ſehr ruhig genommen. Die „Deutſchland“ war von gutem ſoliden Teakholz gebaut, ihr hatte das verſchiedentliche „Aufbrummen“ nicht weiter ge- ſchadet, als höchſtens etwas Kupfer vom Boden abgeſcheuert, und ſo hatte der Commandant den Vorfall lediglich vom pädagogi- ſchen Standpunkte aus betrachtet und ſchmunzelnd gemeint, die Seejunker hätten viel Profit von der Reiſe gehabt und gelernt, wie man ein an Grund gerathenes Schiff wieder abbrächte. Darin hatte er zwar nun Recht, indeſſen wollte es ſelbſt den Seejunkern nicht einleuchten, daß man Kriegsſchiffe zu dieſem Zwecke ſo oft auf den Grund ſetze.

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/305>, abgerufen am 22.11.2024.