Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.
Nach Westindien und dem Mittelmeer Balle, zu dem natürlich alle Officiere und Cadetten geladenwaren. Später kam die Geschichte heraus; der Unverbesserliche war die Seele der Verschwörung gewesen, welcher der Kapitän zum Opfer fiel. Unter Connivenz von Fräulein Rosa und mit Hülfe von fünf Dollars waren die Bootführer von ihm be- stochen, das Boot absichtlich voll Wasser schlagen zu lassen, das nur leere Körbe enthielt, während die fertige Wäsche noch in der Plättstube ruhte. Um nachträglich noch eine Bestrafung eintreten zu lassen, war zu lange Zeit verstrichen und so kam Vogel mit einem blauen Auge davon, aber seitdem sind die Kapitäne der deutschen Marine unbarmherzig, wenn es sich um verspätete Wäsche oder ähnliche Artikel handelt und die vorher bestimmte Abfahrtszeit wird pünktlich eingehalten. Die drei Tage waren um. Aus den Schornsteinen der "Ruder Steuerbord! Langsam vorwärts!" ertönte das Das Steuerrad drehte sich unter den Händen der Ruder- Die Blicke wandern bedauernd über das zauberisch schöne Nach Weſtindien und dem Mittelmeer Balle, zu dem natürlich alle Officiere und Cadetten geladenwaren. Später kam die Geſchichte heraus; der Unverbeſſerliche war die Seele der Verſchwörung geweſen, welcher der Kapitän zum Opfer fiel. Unter Connivenz von Fräulein Roſa und mit Hülfe von fünf Dollars waren die Bootführer von ihm be- ſtochen, das Boot abſichtlich voll Waſſer ſchlagen zu laſſen, das nur leere Körbe enthielt, während die fertige Wäſche noch in der Plättſtube ruhte. Um nachträglich noch eine Beſtrafung eintreten zu laſſen, war zu lange Zeit verſtrichen und ſo kam Vogel mit einem blauen Auge davon, aber ſeitdem ſind die Kapitäne der deutſchen Marine unbarmherzig, wenn es ſich um verſpätete Wäſche oder ähnliche Artikel handelt und die vorher beſtimmte Abfahrtszeit wird pünktlich eingehalten. Die drei Tage waren um. Aus den Schornſteinen der „Ruder Steuerbord! Langſam vorwärts!“ ertönte das Das Steuerrad drehte ſich unter den Händen der Ruder- Die Blicke wandern bedauernd über das zauberiſch ſchöne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0329" n="317"/><fw place="top" type="header">Nach Weſtindien und dem Mittelmeer</fw><lb/> Balle, zu dem natürlich alle Officiere und Cadetten geladen<lb/> waren. Später kam die Geſchichte heraus; der Unverbeſſerliche<lb/> war die Seele der Verſchwörung geweſen, welcher der Kapitän<lb/> zum Opfer fiel. Unter Connivenz von Fräulein Roſa und mit<lb/> Hülfe von fünf Dollars waren die Bootführer von ihm be-<lb/> ſtochen, das Boot abſichtlich voll Waſſer ſchlagen zu laſſen, das<lb/> nur leere Körbe enthielt, während die fertige Wäſche noch in<lb/> der Plättſtube ruhte. Um nachträglich noch eine Beſtrafung<lb/> eintreten zu laſſen, war zu lange Zeit verſtrichen und ſo kam<lb/> Vogel mit einem blauen Auge davon, aber ſeitdem ſind die<lb/> Kapitäne der deutſchen Marine unbarmherzig, wenn es ſich um<lb/> verſpätete Wäſche oder ähnliche Artikel handelt und die vorher<lb/> beſtimmte Abfahrtszeit wird pünktlich eingehalten.</p><lb/> <p>Die drei Tage waren um. Aus den Schornſteinen der<lb/> Schiffe quollen ſchwarze Rauchwolken, auf dem Verdeck marſchir-<lb/> ten nach dem Tacte heiterer Muſik die Matroſen um das Gang-<lb/> ſpill. Der Anker hob ſich aus dem Grunde und der Bug des<lb/> Schiffes wandte ſich ſeewärts.</p><lb/> <p>„Ruder Steuerbord! Langſam vorwärts!“ ertönte das<lb/> Commando.</p><lb/> <p>Das Steuerrad drehte ſich unter den Händen der Ruder-<lb/> gänger und die mächtige Schraube ſetzte ſich in Bewegung. Adieu<lb/> Madeira!</p><lb/> <p>Die Blicke wandern bedauernd über das zauberiſch ſchöne<lb/> Eiland mit ſeinen Bergen und Thälern, ſeinen Villen und<lb/> Gärten, über denen gigantiſch und himmelanſtrebend der Pico-<lb/> Ruivo thront. Die Schiffe ziehen ihre Bahn durch die wogen-<lb/> den Fluthen, günſtiger Nordoſtwind ſchwellt ihre Segel und mit<lb/> fliegender Fahrt geht es nach dem Süden. Die prachtvollen<lb/> Farbentöne der Inſel verſchwimmen, Noſſa Signora dal Monte’s<lb/> weißes Gemäuer ſchimmert nur noch matt aus dem Dunkel der<lb/> Umgebung hervor. Auf den Ruivo ſenkt ſich eine graue Wolke<lb/> hernieder und verhüllt ſein Haupt. Immer tiefer taucht die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [317/0329]
Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
Balle, zu dem natürlich alle Officiere und Cadetten geladen
waren. Später kam die Geſchichte heraus; der Unverbeſſerliche
war die Seele der Verſchwörung geweſen, welcher der Kapitän
zum Opfer fiel. Unter Connivenz von Fräulein Roſa und mit
Hülfe von fünf Dollars waren die Bootführer von ihm be-
ſtochen, das Boot abſichtlich voll Waſſer ſchlagen zu laſſen, das
nur leere Körbe enthielt, während die fertige Wäſche noch in
der Plättſtube ruhte. Um nachträglich noch eine Beſtrafung
eintreten zu laſſen, war zu lange Zeit verſtrichen und ſo kam
Vogel mit einem blauen Auge davon, aber ſeitdem ſind die
Kapitäne der deutſchen Marine unbarmherzig, wenn es ſich um
verſpätete Wäſche oder ähnliche Artikel handelt und die vorher
beſtimmte Abfahrtszeit wird pünktlich eingehalten.
Die drei Tage waren um. Aus den Schornſteinen der
Schiffe quollen ſchwarze Rauchwolken, auf dem Verdeck marſchir-
ten nach dem Tacte heiterer Muſik die Matroſen um das Gang-
ſpill. Der Anker hob ſich aus dem Grunde und der Bug des
Schiffes wandte ſich ſeewärts.
„Ruder Steuerbord! Langſam vorwärts!“ ertönte das
Commando.
Das Steuerrad drehte ſich unter den Händen der Ruder-
gänger und die mächtige Schraube ſetzte ſich in Bewegung. Adieu
Madeira!
Die Blicke wandern bedauernd über das zauberiſch ſchöne
Eiland mit ſeinen Bergen und Thälern, ſeinen Villen und
Gärten, über denen gigantiſch und himmelanſtrebend der Pico-
Ruivo thront. Die Schiffe ziehen ihre Bahn durch die wogen-
den Fluthen, günſtiger Nordoſtwind ſchwellt ihre Segel und mit
fliegender Fahrt geht es nach dem Süden. Die prachtvollen
Farbentöne der Inſel verſchwimmen, Noſſa Signora dal Monte’s
weißes Gemäuer ſchimmert nur noch matt aus dem Dunkel der
Umgebung hervor. Auf den Ruivo ſenkt ſich eine graue Wolke
hernieder und verhüllt ſein Haupt. Immer tiefer taucht die
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| Zitationshilfe: | Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/329>, abgerufen am 20.05.2024. |
