Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Nach Westindien und dem Mittelmeer giebt es auf der Insel nicht. Mit ungemeiner Mühe sucht manin einigen großen Cisternen den kargen Regen zu sammeln, aber er reicht bei Weitem nicht für die 2000 Einwohner der Insel aus. Man hat deshalb mehrere große Normandy'sche Destillir- apparate aufgestellt, welche auch aus Seewasser so viel Trink- wasser destilliren, daß davon -- allerdings zu ziemlich hohen Preisen -- selbst an passirende Schiffe abgegeben werden kann. Bekanntlich erhielt Normandy für seine segensreiche Erfindung vom englischen Parlament eine Belohnung von 20,000 L. Die Cap Verden sind überhaupt eine traurige Gruppe von Nach Weſtindien und dem Mittelmeer giebt es auf der Inſel nicht. Mit ungemeiner Mühe ſucht manin einigen großen Ciſternen den kargen Regen zu ſammeln, aber er reicht bei Weitem nicht für die 2000 Einwohner der Inſel aus. Man hat deshalb mehrere große Normandy’ſche Deſtillir- apparate aufgeſtellt, welche auch aus Seewaſſer ſo viel Trink- waſſer deſtilliren, daß davon — allerdings zu ziemlich hohen Preiſen — ſelbſt an paſſirende Schiffe abgegeben werden kann. Bekanntlich erhielt Normandy für ſeine ſegensreiche Erfindung vom engliſchen Parlament eine Belohnung von 20,000 ₤. Die Cap Verden ſind überhaupt eine traurige Gruppe von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0331" n="319"/><fw place="top" type="header">Nach Weſtindien und dem Mittelmeer</fw><lb/> giebt es auf der Inſel nicht. Mit ungemeiner Mühe ſucht man<lb/> in einigen großen Ciſternen den kargen Regen zu ſammeln, aber<lb/> er reicht bei Weitem nicht für die 2000 Einwohner der Inſel<lb/> aus. Man hat deshalb mehrere große Normandy’ſche Deſtillir-<lb/> apparate aufgeſtellt, welche auch aus Seewaſſer ſo viel Trink-<lb/> waſſer deſtilliren, daß davon — allerdings zu ziemlich hohen<lb/> Preiſen — ſelbſt an paſſirende Schiffe abgegeben werden kann.<lb/> Bekanntlich erhielt Normandy für ſeine ſegensreiche Erfindung<lb/> vom engliſchen Parlament eine Belohnung von 20,000 ₤.</p><lb/> <p>Die Cap Verden ſind überhaupt eine traurige Gruppe von<lb/> Inſeln, und dieſer Eindruck tritt um ſo mehr hervor, wenn man<lb/> direct von Madeira kommt, aber die traurigſte von allen iſt<lb/> St. Vincent. Trotzdem iſt ſie die bevölkertſte, weil ſie den<lb/> Vorzug eines ſehr geräumigen und vollſtändig geſchützten Hafens<lb/> hat. Aus dieſem Grunde und wegen ihrer bequemen Lage für<lb/> alle ſüdwärts gehenden Dampfer, hat man auf ihr eine Kohlen-<lb/> ſtation errichtet. Der Verkehr iſt ein ſehr reger, denn man<lb/> kann rechnen, daß durchſchnittlich täglich ein größeres Dampf-<lb/> ſchiff mit Kohlen aufgefüllt wird und zwar geſchieht das un-<lb/> gemein ſchnell, was man in Portugal oder portugieſiſchen Be-<lb/> ſitzungen ſonſt nicht gewohnt iſt. Um unſern Bedarf von etwa<lb/> 12,000 Centnern zu nehmen, brauchte das Geſchwader wenig<lb/> mehr als acht Stunden. Die Kohlenarbeiter ſind Neger und<lb/> Miſchlinge, die etwa zwei Drittel der Bevölkerung ausmachen,<lb/> in erbärmlichen Hütten wohnen und einen Taglohn von 50<lb/> Pfennigen nach unſerem Gelde erhalten. Da die Inſel ſelbſt<lb/> nichts producirt und ſämmtliche Lebensbedürfniſſe von auswärts,<lb/> größtentheils von dem ziemlich fruchtbaren St. Antonio ange-<lb/> bracht werden müſſen, ſo würde jener geringe Verdienſt völlig<lb/> unzureichend zum Unterhalte ſein, wenn der Hafen nicht ſo un-<lb/> gemein fiſchreich wäre. Für wenige Pfennige kauft man vier<lb/> bis fünf Kilo der ſchönſten Fiſche und die Neger leben des-<lb/> halb größtentheils davon. Wir ſelbſt mußten uns auch damit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [319/0331]
Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
giebt es auf der Inſel nicht. Mit ungemeiner Mühe ſucht man
in einigen großen Ciſternen den kargen Regen zu ſammeln, aber
er reicht bei Weitem nicht für die 2000 Einwohner der Inſel
aus. Man hat deshalb mehrere große Normandy’ſche Deſtillir-
apparate aufgeſtellt, welche auch aus Seewaſſer ſo viel Trink-
waſſer deſtilliren, daß davon — allerdings zu ziemlich hohen
Preiſen — ſelbſt an paſſirende Schiffe abgegeben werden kann.
Bekanntlich erhielt Normandy für ſeine ſegensreiche Erfindung
vom engliſchen Parlament eine Belohnung von 20,000 ₤.
Die Cap Verden ſind überhaupt eine traurige Gruppe von
Inſeln, und dieſer Eindruck tritt um ſo mehr hervor, wenn man
direct von Madeira kommt, aber die traurigſte von allen iſt
St. Vincent. Trotzdem iſt ſie die bevölkertſte, weil ſie den
Vorzug eines ſehr geräumigen und vollſtändig geſchützten Hafens
hat. Aus dieſem Grunde und wegen ihrer bequemen Lage für
alle ſüdwärts gehenden Dampfer, hat man auf ihr eine Kohlen-
ſtation errichtet. Der Verkehr iſt ein ſehr reger, denn man
kann rechnen, daß durchſchnittlich täglich ein größeres Dampf-
ſchiff mit Kohlen aufgefüllt wird und zwar geſchieht das un-
gemein ſchnell, was man in Portugal oder portugieſiſchen Be-
ſitzungen ſonſt nicht gewohnt iſt. Um unſern Bedarf von etwa
12,000 Centnern zu nehmen, brauchte das Geſchwader wenig
mehr als acht Stunden. Die Kohlenarbeiter ſind Neger und
Miſchlinge, die etwa zwei Drittel der Bevölkerung ausmachen,
in erbärmlichen Hütten wohnen und einen Taglohn von 50
Pfennigen nach unſerem Gelde erhalten. Da die Inſel ſelbſt
nichts producirt und ſämmtliche Lebensbedürfniſſe von auswärts,
größtentheils von dem ziemlich fruchtbaren St. Antonio ange-
bracht werden müſſen, ſo würde jener geringe Verdienſt völlig
unzureichend zum Unterhalte ſein, wenn der Hafen nicht ſo un-
gemein fiſchreich wäre. Für wenige Pfennige kauft man vier
bis fünf Kilo der ſchönſten Fiſche und die Neger leben des-
halb größtentheils davon. Wir ſelbſt mußten uns auch damit
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