Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Werner herrscht im Gebiete der kleinen fleißigen Baumeister, die vomdunkeln Meeresgrunde aufwärts streben zum belebenden Lichte der Sonne. In je größerer Tiefe sie leben und je mehr sie gegen Bewegung des umgebenden Wassers geschützt sind, desto feiner und zarter ist ihre Structur, und gar mancher Zug mit dem Schleppnetze muß vergeblich gemacht werden, ehe es ge- lingt, die einzelnen Exemplare unbeschädigt heraufzubringen. Wir versäumten nicht, auch für unsere heimischen Museen Die Seefeder hatte eine bräunlich gelbe Färbung und war Werner herrſcht im Gebiete der kleinen fleißigen Baumeiſter, die vomdunkeln Meeresgrunde aufwärts ſtreben zum belebenden Lichte der Sonne. In je größerer Tiefe ſie leben und je mehr ſie gegen Bewegung des umgebenden Waſſers geſchützt ſind, deſto feiner und zarter iſt ihre Structur, und gar mancher Zug mit dem Schleppnetze muß vergeblich gemacht werden, ehe es ge- lingt, die einzelnen Exemplare unbeſchädigt heraufzubringen. Wir verſäumten nicht, auch für unſere heimiſchen Muſeen Die Seefeder hatte eine bräunlich gelbe Färbung und war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0338" n="326"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/> herrſcht im Gebiete der kleinen fleißigen Baumeiſter, die vom<lb/> dunkeln Meeresgrunde aufwärts ſtreben zum belebenden Lichte<lb/> der Sonne. In je größerer Tiefe ſie leben und je mehr ſie<lb/> gegen Bewegung des umgebenden Waſſers geſchützt ſind, deſto<lb/> feiner und zarter iſt ihre Structur, und gar mancher Zug mit<lb/> dem Schleppnetze muß vergeblich gemacht werden, ehe es ge-<lb/> lingt, die einzelnen Exemplare unbeſchädigt heraufzubringen.</p><lb/> <p>Wir verſäumten nicht, auch für unſere heimiſchen Muſeen<lb/> dieſen ergiebigen Boden mit dem Schleppnetze zu durchſuchen<lb/> und die darauf verwandte Mühe wurde reich belohnt. Oefter<lb/> traf man freilich Strecken von Meilen Länge, wo das Netz<lb/> nichts ergab, dann aber wieder kam es bis an den Rand ge-<lb/> füllt herauf und brachte Seltenheiten mit, auf die ſelbſt Herr<lb/> Rawſon eiferſüchtig werden konnte. So z. B. fiſchten wir ein<lb/> großes Exemplar einer Seefeder in einer Tiefe von einigen acht-<lb/> zig Metern, das mit einem ſeiner ſchwachen Aeſte den Bügel<lb/> des Netzes gefaßt und den langen Weg ungefährdet zurückge-<lb/> legt hatte. Dieſe Koralline war für die Naturforſchung inſo-<lb/> fern von Bedeutung, als ſie auf das Anſchaulichſte darthat, wie<lb/> Thiere im Stande ſind, ſich in ihrer äußeren Erſcheinung will-<lb/> kührlich zu ändern, um dadurch ihnen drohenden Gefahren zu<lb/> entgehen.</p><lb/> <p>Die Seefeder hatte eine bräunlich gelbe Färbung und war<lb/> mit weißen Pünktchen beſät, die bei näherer Unterſuchung ſich<lb/> als Mundöffnungen der die Koralline bewohnenden Polypen<lb/> herausſtellten und wie Sterne aus Blättchen von weißer muſchel-<lb/> artiger Subſtanz gebildet wurden. In ihrem Gezweig hatten ſich<lb/> eine Maſſe kleiner Seeſterne feſtgeſetzt, und es war ganz deutlich<lb/> wahrzunehmen, daß ſie ihren jetzigen Aufenthaltsort zu den ver-<lb/> ſchiedenſten Zeiten erwählt hatten. Dies ergab ſich aus den<lb/> Nüancen ihrer Färbung. Während etwa die Hälfte bereits voll-<lb/> ſtändig das Ausſehen der Seefeder angenommen hatte und ſelbſt<lb/> mit den weißen Punkten beſetzt war, die ſich jedoch unter der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [326/0338]
Werner
herrſcht im Gebiete der kleinen fleißigen Baumeiſter, die vom
dunkeln Meeresgrunde aufwärts ſtreben zum belebenden Lichte
der Sonne. In je größerer Tiefe ſie leben und je mehr ſie
gegen Bewegung des umgebenden Waſſers geſchützt ſind, deſto
feiner und zarter iſt ihre Structur, und gar mancher Zug mit
dem Schleppnetze muß vergeblich gemacht werden, ehe es ge-
lingt, die einzelnen Exemplare unbeſchädigt heraufzubringen.
Wir verſäumten nicht, auch für unſere heimiſchen Muſeen
dieſen ergiebigen Boden mit dem Schleppnetze zu durchſuchen
und die darauf verwandte Mühe wurde reich belohnt. Oefter
traf man freilich Strecken von Meilen Länge, wo das Netz
nichts ergab, dann aber wieder kam es bis an den Rand ge-
füllt herauf und brachte Seltenheiten mit, auf die ſelbſt Herr
Rawſon eiferſüchtig werden konnte. So z. B. fiſchten wir ein
großes Exemplar einer Seefeder in einer Tiefe von einigen acht-
zig Metern, das mit einem ſeiner ſchwachen Aeſte den Bügel
des Netzes gefaßt und den langen Weg ungefährdet zurückge-
legt hatte. Dieſe Koralline war für die Naturforſchung inſo-
fern von Bedeutung, als ſie auf das Anſchaulichſte darthat, wie
Thiere im Stande ſind, ſich in ihrer äußeren Erſcheinung will-
kührlich zu ändern, um dadurch ihnen drohenden Gefahren zu
entgehen.
Die Seefeder hatte eine bräunlich gelbe Färbung und war
mit weißen Pünktchen beſät, die bei näherer Unterſuchung ſich
als Mundöffnungen der die Koralline bewohnenden Polypen
herausſtellten und wie Sterne aus Blättchen von weißer muſchel-
artiger Subſtanz gebildet wurden. In ihrem Gezweig hatten ſich
eine Maſſe kleiner Seeſterne feſtgeſetzt, und es war ganz deutlich
wahrzunehmen, daß ſie ihren jetzigen Aufenthaltsort zu den ver-
ſchiedenſten Zeiten erwählt hatten. Dies ergab ſich aus den
Nüancen ihrer Färbung. Während etwa die Hälfte bereits voll-
ſtändig das Ausſehen der Seefeder angenommen hatte und ſelbſt
mit den weißen Punkten beſetzt war, die ſich jedoch unter der
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