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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Werner
Kämpfe mit den Indianern. Geschlagen und mit Verlust seiner
meisten Leute, mußte er sich nach Coriana zurückziehen, wo er
seinen Wunden 1535 erlag.

Ihm folgten nach einander Allemann, Georg von Speyer
und Claus Federmann, aber auch sie verfielen in dieselben Fehler
wie ihr Vorgänger und für eine geregelte Colonisation wurde
nicht einmal eine Grundlage geschaffen. Dann entstanden
Streitigkeiten über Zehnten und Abgaben mit den spanischen
Behörden und die Welser zögerten eine Zeit lang mit Wieder-
besetzung der Stelle eines Oberbefehlshabers. Dieser Umstand
bot Isabella, der Gemahlin des Infanten Philipp II. eine will-
kommene Handhabe, ihre vermeintlichen Anrechte auf Venezuela
geltend zu machen. Sie wirkte auf den Indischen Rath in St.
Domingo ein und dieser gab dem ausgeübten Drucke nach. Er
entsandte einen spanischen Statthalter und sprach das Lehn im
Jahre 1555 überhaupt den Welsern ab. Damit war die ein-
zige und glänzende Gelegenheit für Deutschland, eine Colonial-
macht zu werden und Theil an der Weltherrschaft zu nehmen,
für immer verloren.

Von den 600,000 Einwohnern Venezuela's sind die Hälfte
Nachkommen der spanischen Eroberer, wenn auch in den meisten
das europäische Blut nicht mehr rein erhalten ist. Die andere
Hälfte besteht aus prononcirten Mischlingen und Indianern. Von
letzteren ist fast ein Drittheil noch ganz unabhängig, 200,000
sind nominell civilisirt, d. h. nicht in stetem Kampfe gegen die
Weißen begriffen, sonst aber ebenso "wild" wie ehedem. In-
folge Jahrhunderte langer Mißregierung ist die große Masse
der Venezuelaner europäischer Abstammung verkommen, träge
und unwissend und selbst unter vorzüglichen Machthabern wird
es noch Generationen dauern, bis darin eine Wandlung zum
Bessern geschaffen werden kann.

Wie bereits bemerkt würde die Republik für deutsche Ein-
wanderung eins der geeignetsten Länder sein, was Klima und

Werner
Kämpfe mit den Indianern. Geſchlagen und mit Verluſt ſeiner
meiſten Leute, mußte er ſich nach Coriana zurückziehen, wo er
ſeinen Wunden 1535 erlag.

Ihm folgten nach einander Allemann, Georg von Speyer
und Claus Federmann, aber auch ſie verfielen in dieſelben Fehler
wie ihr Vorgänger und für eine geregelte Coloniſation wurde
nicht einmal eine Grundlage geſchaffen. Dann entſtanden
Streitigkeiten über Zehnten und Abgaben mit den ſpaniſchen
Behörden und die Welſer zögerten eine Zeit lang mit Wieder-
beſetzung der Stelle eines Oberbefehlshabers. Dieſer Umſtand
bot Iſabella, der Gemahlin des Infanten Philipp II. eine will-
kommene Handhabe, ihre vermeintlichen Anrechte auf Venezuela
geltend zu machen. Sie wirkte auf den Indiſchen Rath in St.
Domingo ein und dieſer gab dem ausgeübten Drucke nach. Er
entſandte einen ſpaniſchen Statthalter und ſprach das Lehn im
Jahre 1555 überhaupt den Welſern ab. Damit war die ein-
zige und glänzende Gelegenheit für Deutſchland, eine Colonial-
macht zu werden und Theil an der Weltherrſchaft zu nehmen,
für immer verloren.

Von den 600,000 Einwohnern Venezuela’s ſind die Hälfte
Nachkommen der ſpaniſchen Eroberer, wenn auch in den meiſten
das europäiſche Blut nicht mehr rein erhalten iſt. Die andere
Hälfte beſteht aus prononcirten Miſchlingen und Indianern. Von
letzteren iſt faſt ein Drittheil noch ganz unabhängig, 200,000
ſind nominell civiliſirt, d. h. nicht in ſtetem Kampfe gegen die
Weißen begriffen, ſonſt aber ebenſo „wild“ wie ehedem. In-
folge Jahrhunderte langer Mißregierung iſt die große Maſſe
der Venezuelaner europäiſcher Abſtammung verkommen, träge
und unwiſſend und ſelbſt unter vorzüglichen Machthabern wird
es noch Generationen dauern, bis darin eine Wandlung zum
Beſſern geſchaffen werden kann.

Wie bereits bemerkt würde die Republik für deutſche Ein-
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[336/0348] Werner Kämpfe mit den Indianern. Geſchlagen und mit Verluſt ſeiner meiſten Leute, mußte er ſich nach Coriana zurückziehen, wo er ſeinen Wunden 1535 erlag. Ihm folgten nach einander Allemann, Georg von Speyer und Claus Federmann, aber auch ſie verfielen in dieſelben Fehler wie ihr Vorgänger und für eine geregelte Coloniſation wurde nicht einmal eine Grundlage geſchaffen. Dann entſtanden Streitigkeiten über Zehnten und Abgaben mit den ſpaniſchen Behörden und die Welſer zögerten eine Zeit lang mit Wieder- beſetzung der Stelle eines Oberbefehlshabers. Dieſer Umſtand bot Iſabella, der Gemahlin des Infanten Philipp II. eine will- kommene Handhabe, ihre vermeintlichen Anrechte auf Venezuela geltend zu machen. Sie wirkte auf den Indiſchen Rath in St. Domingo ein und dieſer gab dem ausgeübten Drucke nach. Er entſandte einen ſpaniſchen Statthalter und ſprach das Lehn im Jahre 1555 überhaupt den Welſern ab. Damit war die ein- zige und glänzende Gelegenheit für Deutſchland, eine Colonial- macht zu werden und Theil an der Weltherrſchaft zu nehmen, für immer verloren. Von den 600,000 Einwohnern Venezuela’s ſind die Hälfte Nachkommen der ſpaniſchen Eroberer, wenn auch in den meiſten das europäiſche Blut nicht mehr rein erhalten iſt. Die andere Hälfte beſteht aus prononcirten Miſchlingen und Indianern. Von letzteren iſt faſt ein Drittheil noch ganz unabhängig, 200,000 ſind nominell civiliſirt, d. h. nicht in ſtetem Kampfe gegen die Weißen begriffen, ſonſt aber ebenſo „wild“ wie ehedem. In- folge Jahrhunderte langer Mißregierung iſt die große Maſſe der Venezuelaner europäiſcher Abſtammung verkommen, träge und unwiſſend und ſelbſt unter vorzüglichen Machthabern wird es noch Generationen dauern, bis darin eine Wandlung zum Beſſern geſchaffen werden kann. Wie bereits bemerkt würde die Republik für deutſche Ein- wanderung eins der geeignetſten Länder ſein, was Klima und

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/348>, abgerufen am 22.11.2024.