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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Nach Westindien und dem Mittelmeer
da sich die Communistenpartei unter Salvochea dieser Stadt
zu bemeistern drohte und der deutsche Consul auf das dringendste
um die Hülfe eines Kriegsschiffes bat.

In Cartagena schien man inzwischen durch die Fortnahme
der "Vigilante" doch etwas vorsichtiger geworden zu sein. Bei
Gelegenheit der Verhandlungen hatte ich die Erklärung abge-
geben, daß ich jedes bewaffnete Schiff unter rother Flagge fort-
nehmen würde, und das hatte Contreras wol bedenklich gemacht,
um so mehr als nun auch noch die "Elisabeth" eingetroffen war.
Am 25. Juli Morgens war deshalb auf allen Festungswerken
und Kriegsschiffen im Hafen die rothe Flagge verschwunden und
die spanische, wenn auch ohne die Krone darin, die sich mit der
Republik nicht vertrug, wieder geheißt.

Damit fiel für mich ein Grund zur Aufbringung der
Schiffe fort; doch schien Contreras seiner Sache nicht ganz
sicher zu sein, denn am 28. Juli Morgens hatte er alle Con-
suln zusammenberufen und in ihrer Gegenwart den unsrigen ge-
fragt, ob ich die Schiffe unter spanischer Flagge passiren lassen
würde. Ich hatte diese Frage vorausgesehen und unseren Con-
sul schon im Vorwege ersucht, dieselbe eventuell dahin zu be-
antworten, daß ich die Schiffe so lange unbehelligt lassen würde,
als sie die internationalen Gesetze respectirten und keinem Deut-
schen ein Unrecht zufügten. Contreras gab darauf das feier-
liche Versprechen, daß beides nicht geschehen solle, und ich erfuhr,
daß er am 28. abends, nach Ablauf der in unserem Vertrage
festgesetzten Frist, mit der Fregatte "Almansa" (60 Kanonen)
und dem Panzerschiff "Victoria" (23 Kanonen), mit einer Ge-
sammtbesatzung von 1400 Mann, nach Almeria und von dort
nach Malaga abgehen würde.

Von der deutschen Regierung waren bis zu diesem Tage
zwar keine weiteren directen Instructionen für mich eingetroffen,
indessen hatte ich durch unseren Geschäftsträger in Madrid die
Anweisung erhalten, die Schiffe der Intransigenten zu über-

Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
da ſich die Communiſtenpartei unter Salvochea dieſer Stadt
zu bemeiſtern drohte und der deutſche Conſul auf das dringendſte
um die Hülfe eines Kriegsſchiffes bat.

In Cartagena ſchien man inzwiſchen durch die Fortnahme
der „Vigilante“ doch etwas vorſichtiger geworden zu ſein. Bei
Gelegenheit der Verhandlungen hatte ich die Erklärung abge-
geben, daß ich jedes bewaffnete Schiff unter rother Flagge fort-
nehmen würde, und das hatte Contreras wol bedenklich gemacht,
um ſo mehr als nun auch noch die „Eliſabeth“ eingetroffen war.
Am 25. Juli Morgens war deshalb auf allen Feſtungswerken
und Kriegsſchiffen im Hafen die rothe Flagge verſchwunden und
die ſpaniſche, wenn auch ohne die Krone darin, die ſich mit der
Republik nicht vertrug, wieder geheißt.

Damit fiel für mich ein Grund zur Aufbringung der
Schiffe fort; doch ſchien Contreras ſeiner Sache nicht ganz
ſicher zu ſein, denn am 28. Juli Morgens hatte er alle Con-
ſuln zuſammenberufen und in ihrer Gegenwart den unſrigen ge-
fragt, ob ich die Schiffe unter ſpaniſcher Flagge paſſiren laſſen
würde. Ich hatte dieſe Frage vorausgeſehen und unſeren Con-
ſul ſchon im Vorwege erſucht, dieſelbe eventuell dahin zu be-
antworten, daß ich die Schiffe ſo lange unbehelligt laſſen würde,
als ſie die internationalen Geſetze reſpectirten und keinem Deut-
ſchen ein Unrecht zufügten. Contreras gab darauf das feier-
liche Verſprechen, daß beides nicht geſchehen ſolle, und ich erfuhr,
daß er am 28. abends, nach Ablauf der in unſerem Vertrage
feſtgeſetzten Friſt, mit der Fregatte „Almanſa“ (60 Kanonen)
und dem Panzerſchiff „Victoria“ (23 Kanonen), mit einer Ge-
ſammtbeſatzung von 1400 Mann, nach Almeria und von dort
nach Malaga abgehen würde.

Von der deutſchen Regierung waren bis zu dieſem Tage
zwar keine weiteren directen Inſtructionen für mich eingetroffen,
indeſſen hatte ich durch unſeren Geſchäftsträger in Madrid die
Anweiſung erhalten, die Schiffe der Intranſigenten zu über-

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[395/0407] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer da ſich die Communiſtenpartei unter Salvochea dieſer Stadt zu bemeiſtern drohte und der deutſche Conſul auf das dringendſte um die Hülfe eines Kriegsſchiffes bat. In Cartagena ſchien man inzwiſchen durch die Fortnahme der „Vigilante“ doch etwas vorſichtiger geworden zu ſein. Bei Gelegenheit der Verhandlungen hatte ich die Erklärung abge- geben, daß ich jedes bewaffnete Schiff unter rother Flagge fort- nehmen würde, und das hatte Contreras wol bedenklich gemacht, um ſo mehr als nun auch noch die „Eliſabeth“ eingetroffen war. Am 25. Juli Morgens war deshalb auf allen Feſtungswerken und Kriegsſchiffen im Hafen die rothe Flagge verſchwunden und die ſpaniſche, wenn auch ohne die Krone darin, die ſich mit der Republik nicht vertrug, wieder geheißt. Damit fiel für mich ein Grund zur Aufbringung der Schiffe fort; doch ſchien Contreras ſeiner Sache nicht ganz ſicher zu ſein, denn am 28. Juli Morgens hatte er alle Con- ſuln zuſammenberufen und in ihrer Gegenwart den unſrigen ge- fragt, ob ich die Schiffe unter ſpaniſcher Flagge paſſiren laſſen würde. Ich hatte dieſe Frage vorausgeſehen und unſeren Con- ſul ſchon im Vorwege erſucht, dieſelbe eventuell dahin zu be- antworten, daß ich die Schiffe ſo lange unbehelligt laſſen würde, als ſie die internationalen Geſetze reſpectirten und keinem Deut- ſchen ein Unrecht zufügten. Contreras gab darauf das feier- liche Verſprechen, daß beides nicht geſchehen ſolle, und ich erfuhr, daß er am 28. abends, nach Ablauf der in unſerem Vertrage feſtgeſetzten Friſt, mit der Fregatte „Almanſa“ (60 Kanonen) und dem Panzerſchiff „Victoria“ (23 Kanonen), mit einer Ge- ſammtbeſatzung von 1400 Mann, nach Almeria und von dort nach Malaga abgehen würde. Von der deutſchen Regierung waren bis zu dieſem Tage zwar keine weiteren directen Inſtructionen für mich eingetroffen, indeſſen hatte ich durch unſeren Geſchäftsträger in Madrid die Anweiſung erhalten, die Schiffe der Intranſigenten zu über-

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/407>, abgerufen am 21.11.2024.