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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Nach Westindien und dem Mittelmeer
des Schiffes als Wohnraum überwiesen, er war mit seinem
Stabe mein Gast und es freute mich, seine Erklärung den Leuten
gegenüber zu hören, daß er materiell nichts entbehre; was das
Uebrige betreffe, so sei er der Gewalt gewichen und die weitere
Entwickelung der Dinge müsse ruhig abgewartet werden.

Durch unseren Consul erfuhr ich, daß sich an Bord der
Prisen nur noch für einen Tag Lebensmittel befänden; in
diesem Umstande glaubte ich, eine bedeutende Hülfe für die Lösung
der schwierigen Aufgabe zu erblicken, die Mannschaften gutwillig
zum Verlassen der Schiffe zu bewegen. Bevor die Deputation
wieder an Bord der letzteren zurückkehrte, sprach ich deshalb
eindringlich mit ihr über die Verhältnisse und suchte ihr die-
selben klar zu machen. Ich betonte, wie es unerläßlich sei, daß
die Besatzungen ohne Waffen ausgeschifft würden; da es aber
wol begreiflich sei, wie schwer ihnen ein solcher Entschluß
werden müsse, so wolle ich ihnen 24 Stunden Bedenkzeit, bis
zum andern Abend fünf Uhr, geben. Dann aber müßten sie
unbedingt von Bord und es würde mir ungemein leid thun,
Gewaltmaßregeln anzuwenden, nachdem bisher alles ohne Blut-
vergießen abgegangen sei, um so mehr, als ein Widerstand ihrer-
seits gegen unsere Uebermacht keinerlei vernünftigen Zweck haben
würde. Ihr gesammtes Privateigenthum könnten sie ungehindert
mit von Bord nehmen, sämmtliche Waffen müßten dagegen aus-
geliefert werden. Kapitän Ward, der ebenfalls der spanischen
Sprache mächtig war, redete in gleichem Sinne, und es schien,
als ob unsere Worte den Eindruck machten, den wir von ihnen
erhofften. Der nächste Morgen schon brachte die Bestätigung
unserer Voraussetzungen. Mit Tagesanbruch wurde auf beiden
Schiffen eine blaue Flagge geheißt, das verabredete Signal für
das Eingehen der Besatzungen auf die gestellten Bedingungen.
Der wohlwollende wenn auch ernste Ton unserer Ansprachen,
die scharfe Ueberwachung während der Nacht durch die Patrouillen-

Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
des Schiffes als Wohnraum überwieſen, er war mit ſeinem
Stabe mein Gaſt und es freute mich, ſeine Erklärung den Leuten
gegenüber zu hören, daß er materiell nichts entbehre; was das
Uebrige betreffe, ſo ſei er der Gewalt gewichen und die weitere
Entwickelung der Dinge müſſe ruhig abgewartet werden.

Durch unſeren Conſul erfuhr ich, daß ſich an Bord der
Priſen nur noch für einen Tag Lebensmittel befänden; in
dieſem Umſtande glaubte ich, eine bedeutende Hülfe für die Löſung
der ſchwierigen Aufgabe zu erblicken, die Mannſchaften gutwillig
zum Verlaſſen der Schiffe zu bewegen. Bevor die Deputation
wieder an Bord der letzteren zurückkehrte, ſprach ich deshalb
eindringlich mit ihr über die Verhältniſſe und ſuchte ihr die-
ſelben klar zu machen. Ich betonte, wie es unerläßlich ſei, daß
die Beſatzungen ohne Waffen ausgeſchifft würden; da es aber
wol begreiflich ſei, wie ſchwer ihnen ein ſolcher Entſchluß
werden müſſe, ſo wolle ich ihnen 24 Stunden Bedenkzeit, bis
zum andern Abend fünf Uhr, geben. Dann aber müßten ſie
unbedingt von Bord und es würde mir ungemein leid thun,
Gewaltmaßregeln anzuwenden, nachdem bisher alles ohne Blut-
vergießen abgegangen ſei, um ſo mehr, als ein Widerſtand ihrer-
ſeits gegen unſere Uebermacht keinerlei vernünftigen Zweck haben
würde. Ihr geſammtes Privateigenthum könnten ſie ungehindert
mit von Bord nehmen, ſämmtliche Waffen müßten dagegen aus-
geliefert werden. Kapitän Ward, der ebenfalls der ſpaniſchen
Sprache mächtig war, redete in gleichem Sinne, und es ſchien,
als ob unſere Worte den Eindruck machten, den wir von ihnen
erhofften. Der nächſte Morgen ſchon brachte die Beſtätigung
unſerer Vorausſetzungen. Mit Tagesanbruch wurde auf beiden
Schiffen eine blaue Flagge geheißt, das verabredete Signal für
das Eingehen der Beſatzungen auf die geſtellten Bedingungen.
Der wohlwollende wenn auch ernſte Ton unſerer Anſprachen,
die ſcharfe Ueberwachung während der Nacht durch die Patrouillen-

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[407/0419] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer des Schiffes als Wohnraum überwieſen, er war mit ſeinem Stabe mein Gaſt und es freute mich, ſeine Erklärung den Leuten gegenüber zu hören, daß er materiell nichts entbehre; was das Uebrige betreffe, ſo ſei er der Gewalt gewichen und die weitere Entwickelung der Dinge müſſe ruhig abgewartet werden. Durch unſeren Conſul erfuhr ich, daß ſich an Bord der Priſen nur noch für einen Tag Lebensmittel befänden; in dieſem Umſtande glaubte ich, eine bedeutende Hülfe für die Löſung der ſchwierigen Aufgabe zu erblicken, die Mannſchaften gutwillig zum Verlaſſen der Schiffe zu bewegen. Bevor die Deputation wieder an Bord der letzteren zurückkehrte, ſprach ich deshalb eindringlich mit ihr über die Verhältniſſe und ſuchte ihr die- ſelben klar zu machen. Ich betonte, wie es unerläßlich ſei, daß die Beſatzungen ohne Waffen ausgeſchifft würden; da es aber wol begreiflich ſei, wie ſchwer ihnen ein ſolcher Entſchluß werden müſſe, ſo wolle ich ihnen 24 Stunden Bedenkzeit, bis zum andern Abend fünf Uhr, geben. Dann aber müßten ſie unbedingt von Bord und es würde mir ungemein leid thun, Gewaltmaßregeln anzuwenden, nachdem bisher alles ohne Blut- vergießen abgegangen ſei, um ſo mehr, als ein Widerſtand ihrer- ſeits gegen unſere Uebermacht keinerlei vernünftigen Zweck haben würde. Ihr geſammtes Privateigenthum könnten ſie ungehindert mit von Bord nehmen, ſämmtliche Waffen müßten dagegen aus- geliefert werden. Kapitän Ward, der ebenfalls der ſpaniſchen Sprache mächtig war, redete in gleichem Sinne, und es ſchien, als ob unſere Worte den Eindruck machten, den wir von ihnen erhofften. Der nächſte Morgen ſchon brachte die Beſtätigung unſerer Vorausſetzungen. Mit Tagesanbruch wurde auf beiden Schiffen eine blaue Flagge geheißt, das verabredete Signal für das Eingehen der Beſatzungen auf die geſtellten Bedingungen. Der wohlwollende wenn auch ernſte Ton unſerer Anſprachen, die ſcharfe Ueberwachung während der Nacht durch die Patrouillen-

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/419>, abgerufen am 21.11.2024.