Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Eine erste Seereise hinten. Es war der arme Heinrich, denn das Wasser feuerteso, daß sowohl ich wie der Untersteuermann klar einen menschlichen Körper erkannten. Da er ein guter Schwimmer war, muß er beim Fallen betäubt worden sein, denn Niemand hat einen Schrei gehört. Dann ist er langseit in die Bucht des Taues getrieben und von ihm festgehalten, bis es von mir eingeholt wurde." Die Kunde erschütterte mich auf das heftigste, weil sie In wie tiefernster Gestalt trat mir das Seeleben gleich Die Bö hatte uns erreicht und entlud ihre ganze Gewalt. Da setzte mit einem furchtbaren Stoße der Sturm ein und R. Werner, Erinnerungen. 3
Eine erſte Seereiſe hinten. Es war der arme Heinrich, denn das Waſſer feuerteſo, daß ſowohl ich wie der Unterſteuermann klar einen menſchlichen Körper erkannten. Da er ein guter Schwimmer war, muß er beim Fallen betäubt worden ſein, denn Niemand hat einen Schrei gehört. Dann iſt er langſeit in die Bucht des Taues getrieben und von ihm feſtgehalten, bis es von mir eingeholt wurde.“ Die Kunde erſchütterte mich auf das heftigſte, weil ſie In wie tiefernſter Geſtalt trat mir das Seeleben gleich Die Bö hatte uns erreicht und entlud ihre ganze Gewalt. Da ſetzte mit einem furchtbaren Stoße der Sturm ein und R. Werner, Erinnerungen. 3
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Eine erſte Seereiſe
hinten. Es war der arme Heinrich, denn das Waſſer feuerte
ſo, daß ſowohl ich wie der Unterſteuermann klar einen menſchlichen
Körper erkannten. Da er ein guter Schwimmer war, muß er
beim Fallen betäubt worden ſein, denn Niemand hat einen Schrei
gehört. Dann iſt er langſeit in die Bucht des Taues getrieben
und von ihm feſtgehalten, bis es von mir eingeholt wurde.“
Die Kunde erſchütterte mich auf das heftigſte, weil ſie
mich ſo unvermittelt traf — der friſche, von Geſundheit ſtrotzende
Knabe von ſo plötzlichem Tode ereilt!
In wie tiefernſter Geſtalt trat mir das Seeleben gleich
von vornherein entgegen, mit welcher furchtbaren Deutlichkeit
führte es mir vor Augen, daß auf einem Schiffe uns nur eine
Planke von dem ſtets offenen Grabe trennt! Wenn Heinrich
mir auch nicht beſonders nahe geſtanden hatte, war er mir doch
ein guter Kamerad geweſen, deſſen offenes, heiteres Weſen mich
anſprach und der auch mir bei jeder Gelegenheit zeigte, daß er
mich gern mochte. Ich fühlte deshalb ſeinen Verluſt um ſo
ſchmerzlicher, als ich für die übrigen jungen Leute der Mann-
ſchaft wenig Sympathie hatte. Unwillkürlich rannen mir die
Thränen über die Backen, doch blieb mir keine Zeit dieſen Ge-
danken nachzuhängen. Das „Schlimme in der Luft“ ſtürmte
jetzt mit ſeiner ganzen Schwere auf uns ein.
Die Bö hatte uns erreicht und entlud ihre ganze Gewalt.
Zuerſt kam der Hagel und dann folgte bald der Wind. Der
Kapitän wußte, um welchen Einſatz er ſpielte. Von Segel-
bergen war keine Rede; wir mußten preſſen — die unheilvolle
Küſte war ſchon zu nah, wir durften nicht treiben. Er hatte
für alle Fälle die Mannſchaft auf die Windſeite des Hinter-
decks beordert und dem Mann am Ruder befohlen, ganz nahe
am Winde zu halten.
Da ſetzte mit einem furchtbaren Stoße der Sturm ein und
legte mit übermäßigem Drucke das Schiff auf die Seite. Er
war ein paar Striche mehr nach hinten herumgegangen und
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