Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Werner und die so unnatürliche Stille drückte uns förmlich nieder. Sieerschien drohend und unheilverkündend. Der Regen hörte jetzt eben so plötzlich auf, wie er über uns hereingebrochen war, die dichte Wolkendecke zerriß an einer Stelle, und nun kam endlich die Bö herangebraust. Hui! was für eine Masse Wind führte sie mit sich und wie peitschte sie die dunklen Wasser! Kochend und schäumend trieb sie die Wellen vor sich her, und wie vorhin die Atmosphäre vom electrischen Fluidum erglühte, so glich jetzt der vom Sturm erregte Ocean, der bis dahin in tiefer Nacht gelegen, einem Feuermeer, und die Myriaden von Wesen, welche ihn bevölkern, sprühten in phosphorischem Glanze. Als die Bö in die Segel fiel und ehe das still stehende Schiff Leider dauerte die Bö kaum eine halbe Stunde an, dann war Werner und die ſo unnatürliche Stille drückte uns förmlich nieder. Sieerſchien drohend und unheilverkündend. Der Regen hörte jetzt eben ſo plötzlich auf, wie er über uns hereingebrochen war, die dichte Wolkendecke zerriß an einer Stelle, und nun kam endlich die Bö herangebrauſt. Hui! was für eine Maſſe Wind führte ſie mit ſich und wie peitſchte ſie die dunklen Waſſer! Kochend und ſchäumend trieb ſie die Wellen vor ſich her, und wie vorhin die Atmoſphäre vom electriſchen Fluidum erglühte, ſo glich jetzt der vom Sturm erregte Ocean, der bis dahin in tiefer Nacht gelegen, einem Feuermeer, und die Myriaden von Weſen, welche ihn bevölkern, ſprühten in phosphoriſchem Glanze. Als die Bö in die Segel fiel und ehe das ſtill ſtehende Schiff Leider dauerte die Bö kaum eine halbe Stunde an, dann war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0098" n="86"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/> und die ſo unnatürliche Stille drückte uns förmlich nieder. Sie<lb/> erſchien drohend und unheilverkündend. Der Regen hörte jetzt<lb/> eben ſo plötzlich auf, wie er über uns hereingebrochen war, die<lb/> dichte Wolkendecke zerriß an einer Stelle, und nun kam endlich<lb/> die Bö herangebrauſt. Hui! was für eine Maſſe Wind führte ſie<lb/> mit ſich und wie peitſchte ſie die dunklen Waſſer! Kochend und<lb/> ſchäumend trieb ſie die Wellen vor ſich her, und wie vorhin die<lb/> Atmoſphäre vom electriſchen Fluidum erglühte, ſo glich jetzt<lb/> der vom Sturm erregte Ocean, der bis dahin in tiefer Nacht<lb/> gelegen, einem Feuermeer, und die Myriaden von Weſen, welche<lb/> ihn bevölkern, ſprühten in phosphoriſchem Glanze.</p><lb/> <p>Als die Bö in die Segel fiel und ehe das ſtill ſtehende Schiff<lb/> ſich durch das Waſſer zu bewegen begann, zitterte und krachte<lb/> es in allen Fugen. Unſer gutes Glück wollte, daß der Wind<lb/> grade von hinten kam und nur die beiden dicht gereeften Mars-<lb/> ſegel ſtanden, ſonſt hätten wir die Maſten verloren oder wären<lb/> gekentert. So aber flogen wir nach wenigen Minuten mit<lb/> 10 Knoten Fahrt platt vor dem Winde dahin und ſchwächten<lb/> um eben ſo viel die Schnelligkeit des Orcans und damit ſeine<lb/> Kraft. Es war immer noch ſchlimm genug, aber bei ſolchen<lb/> Böen iſt der erſte Stoß der gefährlichſte. Wir hatten ihn glück-<lb/> lich überwunden und der Alp, der bis dahin auf uns gelaſtet,<lb/> löſte ſich von unſrer Bruſt. Wir wußten jetzt, woran wir waren;<lb/> auch die ſchwarze Dunkelheit war etwas gewichen und unſer<lb/> gutes Schiff dem wüthenden Sturme gewachſen. Ueberdies<lb/> kam der Wind aus Norden, wir flogen direct dem Süden zu<lb/> und jede Meile die wir gewannen, war für uns Geldes werth.</p><lb/> <p>Leider dauerte die Bö kaum eine halbe Stunde an, dann war<lb/> alles wieder vorbei. Der Wind ließ nach und hörte endlich<lb/> ganz auf. Der helle Streifen am Himmel verſchwand, der<lb/> Regen begann auf’s neue, wenn auch nicht ſo gewaltig wie<lb/> vorher, in der Ferne grollte der Donner, den Horizont erhellte<lb/> noch einmal der Widerſchein der Blitze, aber das Glühen des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [86/0098]
Werner
und die ſo unnatürliche Stille drückte uns förmlich nieder. Sie
erſchien drohend und unheilverkündend. Der Regen hörte jetzt
eben ſo plötzlich auf, wie er über uns hereingebrochen war, die
dichte Wolkendecke zerriß an einer Stelle, und nun kam endlich
die Bö herangebrauſt. Hui! was für eine Maſſe Wind führte ſie
mit ſich und wie peitſchte ſie die dunklen Waſſer! Kochend und
ſchäumend trieb ſie die Wellen vor ſich her, und wie vorhin die
Atmoſphäre vom electriſchen Fluidum erglühte, ſo glich jetzt
der vom Sturm erregte Ocean, der bis dahin in tiefer Nacht
gelegen, einem Feuermeer, und die Myriaden von Weſen, welche
ihn bevölkern, ſprühten in phosphoriſchem Glanze.
Als die Bö in die Segel fiel und ehe das ſtill ſtehende Schiff
ſich durch das Waſſer zu bewegen begann, zitterte und krachte
es in allen Fugen. Unſer gutes Glück wollte, daß der Wind
grade von hinten kam und nur die beiden dicht gereeften Mars-
ſegel ſtanden, ſonſt hätten wir die Maſten verloren oder wären
gekentert. So aber flogen wir nach wenigen Minuten mit
10 Knoten Fahrt platt vor dem Winde dahin und ſchwächten
um eben ſo viel die Schnelligkeit des Orcans und damit ſeine
Kraft. Es war immer noch ſchlimm genug, aber bei ſolchen
Böen iſt der erſte Stoß der gefährlichſte. Wir hatten ihn glück-
lich überwunden und der Alp, der bis dahin auf uns gelaſtet,
löſte ſich von unſrer Bruſt. Wir wußten jetzt, woran wir waren;
auch die ſchwarze Dunkelheit war etwas gewichen und unſer
gutes Schiff dem wüthenden Sturme gewachſen. Ueberdies
kam der Wind aus Norden, wir flogen direct dem Süden zu
und jede Meile die wir gewannen, war für uns Geldes werth.
Leider dauerte die Bö kaum eine halbe Stunde an, dann war
alles wieder vorbei. Der Wind ließ nach und hörte endlich
ganz auf. Der helle Streifen am Himmel verſchwand, der
Regen begann auf’s neue, wenn auch nicht ſo gewaltig wie
vorher, in der Ferne grollte der Donner, den Horizont erhellte
noch einmal der Widerſchein der Blitze, aber das Glühen des
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