Wernicke, Carl: Der aphasische Symptomencomplex. Breslau, 1874.besitzt virtuell noch das Vermögen, alles richtig zu bezeichnen, Je nach Intensität und Ausdehnung des Krankheitsprocesses, Geringere Grade der Erkrankung, bei denen die für den Folgende Punkte verdienen noch besonders hervorgehoben 1. Partielle Läsionen des sensorischen Sprachcentrums werden besitzt virtuell noch das Vermögen, alles richtig zu bezeichnen, Je nach Intensität und Ausdehnung des Krankheitsprocesses, Geringere Grade der Erkrankung, bei denen die für den Folgende Punkte verdienen noch besonders hervorgehoben 1. Partielle Läsionen des sensorischen Sprachcentrums werden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0028" n="24"/> besitzt virtuell noch das Vermögen, alles richtig zu bezeichnen,<lb/> aber er ist dessen, je nach Stimmung und Affect, in sehr ver-<lb/> schiedenem Grade Herr. Dieselben Wörter braucht er das eine<lb/> Mal richtig, das andere Mal falsch, ohne jede Regelmässigkeit. Ein<lb/> bestimmter Wortschatz, wenn darunter die nur richtig gebrauchten<lb/> Wörter verstanden werden, existirt nicht. Dabei bleibt der falsche<lb/> oder richtige Gebrauch der Wörter dem Kranken unbewusst.<lb/> Hochgradiger Affect, bei welchem das Explodiren in Bewegungen<lb/> ohne Einmischung anderer associirter Erinnerungsbilder über-<lb/> haupt begünstigt ist, wird auch hier die Correctur am wenigsten<lb/> vermissen lassen.</p><lb/> <p>Je nach Intensität und Ausdehnung des Krankheitsprocesses,<lb/> welcher die I. Schläfewindung betroffen hat, werden auch die<lb/> Symptome mehr oder weniger hochgradig sein können. In den<lb/> schwereren Formen, bei welchen nicht nur die Klangbilder der<lb/> concreten Gegenstände und Handlungen, sondern auch die der<lb/> zur Satzbildung erforderlichen Bindewörter etc. verloren gegangen<lb/> sind, wird die Diagnose nur auf zwei Momenten beruhen, <hi rendition="#g">nämlich<lb/> dem Reichtum von zu sprechenden Wörtern und dem<lb/> Mangel an Verständniss des Gehörten.</hi> Dass solche bewei-<lb/> sende Fälle bisher noch nicht beobachtet, oder wenigstens nicht<lb/> publicirt worden sind, beruht ausser auf der Seltenheit der Fälle<lb/> an sich darauf, dass selbst durchweg erfahrene und intelligente<lb/> Aerzte diesen Zustand für Verwirrtheit ansehen — wie ich selbst<lb/> zu erfahren Gelegenheit hatte. Für den psychiatrisch Gebildeten,<lb/> der die Formen der Verwirrtheit kennt, hat die Diagnose nicht die<lb/> geringste Schwierigkeit.</p><lb/> <p>Geringere Grade der Erkrankung, bei denen die für den<lb/> Satz wichtigen Formelemente noch erhalten sind, der Sinn einer<lb/> Frage daher bis auf einzelne darin enthaltene Wörter im Allge-<lb/> meinen richtig aufgefasst wird, lassen sich durch Suggestivfragen<lb/> feststellen. Wenn der Kranke z. B. bei Vorzeigung eines Glases<lb/> mit der Frage: Ist das ein Glas? nicht sofort Bescheid weiss,<lb/> sondern vielleicht zaudert, hin und her überlegt und endlich<lb/> gedrängt ein zweifelhaftes „ja‟ oder „nein‟ sagt, so gehört er<lb/> sicher zu dieser Kategorie.</p><lb/> <p>Folgende Punkte verdienen noch besonders hervorgehoben<lb/> zu werden:</p><lb/> <p>1. Partielle Läsionen des sensorischen Sprachcentrums werden<lb/> allerdings einen bestimmten Wortschatz bedingen, der sowohl beim<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0028]
besitzt virtuell noch das Vermögen, alles richtig zu bezeichnen,
aber er ist dessen, je nach Stimmung und Affect, in sehr ver-
schiedenem Grade Herr. Dieselben Wörter braucht er das eine
Mal richtig, das andere Mal falsch, ohne jede Regelmässigkeit. Ein
bestimmter Wortschatz, wenn darunter die nur richtig gebrauchten
Wörter verstanden werden, existirt nicht. Dabei bleibt der falsche
oder richtige Gebrauch der Wörter dem Kranken unbewusst.
Hochgradiger Affect, bei welchem das Explodiren in Bewegungen
ohne Einmischung anderer associirter Erinnerungsbilder über-
haupt begünstigt ist, wird auch hier die Correctur am wenigsten
vermissen lassen.
Je nach Intensität und Ausdehnung des Krankheitsprocesses,
welcher die I. Schläfewindung betroffen hat, werden auch die
Symptome mehr oder weniger hochgradig sein können. In den
schwereren Formen, bei welchen nicht nur die Klangbilder der
concreten Gegenstände und Handlungen, sondern auch die der
zur Satzbildung erforderlichen Bindewörter etc. verloren gegangen
sind, wird die Diagnose nur auf zwei Momenten beruhen, nämlich
dem Reichtum von zu sprechenden Wörtern und dem
Mangel an Verständniss des Gehörten. Dass solche bewei-
sende Fälle bisher noch nicht beobachtet, oder wenigstens nicht
publicirt worden sind, beruht ausser auf der Seltenheit der Fälle
an sich darauf, dass selbst durchweg erfahrene und intelligente
Aerzte diesen Zustand für Verwirrtheit ansehen — wie ich selbst
zu erfahren Gelegenheit hatte. Für den psychiatrisch Gebildeten,
der die Formen der Verwirrtheit kennt, hat die Diagnose nicht die
geringste Schwierigkeit.
Geringere Grade der Erkrankung, bei denen die für den
Satz wichtigen Formelemente noch erhalten sind, der Sinn einer
Frage daher bis auf einzelne darin enthaltene Wörter im Allge-
meinen richtig aufgefasst wird, lassen sich durch Suggestivfragen
feststellen. Wenn der Kranke z. B. bei Vorzeigung eines Glases
mit der Frage: Ist das ein Glas? nicht sofort Bescheid weiss,
sondern vielleicht zaudert, hin und her überlegt und endlich
gedrängt ein zweifelhaftes „ja‟ oder „nein‟ sagt, so gehört er
sicher zu dieser Kategorie.
Folgende Punkte verdienen noch besonders hervorgehoben
zu werden:
1. Partielle Läsionen des sensorischen Sprachcentrums werden
allerdings einen bestimmten Wortschatz bedingen, der sowohl beim
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