Wernicke, Carl: Der aphasische Symptomencomplex. Breslau, 1874.angeführten Falle, die Fähigkeit aufheben, Geschriebenes und V. Unterbrechung der Bahn bb1, (S. Fig. 3), der von der I. Stirn- angeführten Falle, die Fähigkeit aufheben, Geschriebenes und V. Unterbrechung der Bahn bb1, (S. Fig. 3), der von der I. Stirn- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0035" n="31"/> angeführten Falle, die Fähigkeit aufheben, Geschriebenes und<lb/> Gedrucktes zu verstehen.</p><lb/> <p>V. Unterbrechung der Bahn bb<hi rendition="#sub">1</hi>, (S. Fig. 3), der von der I. Stirn-<lb/> windung zunächst nach den grossen Ganglien convergirenden Fase-<lb/> rung, muss ganz den gleichen Effect haben, wie die Zerstörung der be-<lb/> treffenden Rindengebiete selbst; <hi rendition="#g">es muss dadurch dieselbe<lb/> motorische Aphasie entstehen,</hi> die eben geschildert worden<lb/> ist. An sich wird kaum zu erwarten sein, dass jemals ein Process<lb/> gerade nur diesen Theil der in den Linsenkern und Streifenhügel<lb/> einstrahlenden Faserung zerstören und die übrigen ganz intact<lb/> lassen wird, dass er also reine Aphasie ohne jede anderweitige<lb/> Lähmung hervorbringen sollte. Noch mehr aber gilt dies für den<lb/> Verlauf dieser Faserung durch den Linsenkern-Streifenhügel. Zer-<lb/> störungen von geringer Ausdehnung innerhalb des Linsenkernes<lb/> treffen schon auf eine ganz andere Anordnung der Fasern. Es<lb/> verhält sich nämlich höchst wahrscheinlich so, dass aus den ver-<lb/> schiedenen Rindenprovinzen des Stirnhirnes die den verschiedenen<lb/> Bewegungsvorstellungen angehörigen Fasern in den Linsenkern ein-<lb/> treten und sich in demselben so anordnen, dass das Gebiet eines<lb/> peripherischen Nerven schon in annähernd umgrenzter Ausdeh-<lb/> nung durch bestimmte Massen grauer Gangliensubstanz vertreten<lb/> ist. Um ein Beispiel zu wählen: Es ist mit Sicherheit anzuneh-<lb/> men, dass das Gebiet des Facialis im Linsenkerne durch zwei um-<lb/> grenzte, weit auseinander liegende Ganglienmassen repräsentirt<lb/> wird; die eine davon vereinigt alle Fasern für das Mundgebiet<lb/> desselben, mögen dieselben nun aus der I. Stirnwindung stammen<lb/> und zu Sprechbewegungen dienen, oder aus irgend einem andern<lb/> Windungsbezirke des Stirnhirnes, der vielleicht die mimischen Be-<lb/> wegungsvorstellungen enthält. Die andere circumscripte Anhäufung<lb/> grauer Substanz vereinigt wieder alle Fasern für das Orbital-<lb/> gebiet des Facialis, gleichgiltig, welchen Bewegungsvorstellungen sie<lb/> entsprechen. Ebenso wird die Zungenmuskulatur ihren eigenen<lb/> Kern haben, in welchem also wieder Fasern aus differenten Rin-<lb/> dengebieten zusammenlaufen, je nachdem Sprachbewegungen oder<lb/> Kau-, oder Schlingbewegungen, endlich andere bewusst ausführ-<lb/> bare Bewegungen ausgeführt werden sollen. Daraus folgt, dass<lb/> durch circumscripte Zerstörungen innerhalb des Linsenkernes nie<lb/> zugleich alle Sprachbewegungen betroffen sein können, sondern<lb/> es werden partielle Aphasien erzeugt, welche den Anschein des<lb/> lähmungsartigen Ausfalles gewisser, beim Sprechact innervirter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0035]
angeführten Falle, die Fähigkeit aufheben, Geschriebenes und
Gedrucktes zu verstehen.
V. Unterbrechung der Bahn bb1, (S. Fig. 3), der von der I. Stirn-
windung zunächst nach den grossen Ganglien convergirenden Fase-
rung, muss ganz den gleichen Effect haben, wie die Zerstörung der be-
treffenden Rindengebiete selbst; es muss dadurch dieselbe
motorische Aphasie entstehen, die eben geschildert worden
ist. An sich wird kaum zu erwarten sein, dass jemals ein Process
gerade nur diesen Theil der in den Linsenkern und Streifenhügel
einstrahlenden Faserung zerstören und die übrigen ganz intact
lassen wird, dass er also reine Aphasie ohne jede anderweitige
Lähmung hervorbringen sollte. Noch mehr aber gilt dies für den
Verlauf dieser Faserung durch den Linsenkern-Streifenhügel. Zer-
störungen von geringer Ausdehnung innerhalb des Linsenkernes
treffen schon auf eine ganz andere Anordnung der Fasern. Es
verhält sich nämlich höchst wahrscheinlich so, dass aus den ver-
schiedenen Rindenprovinzen des Stirnhirnes die den verschiedenen
Bewegungsvorstellungen angehörigen Fasern in den Linsenkern ein-
treten und sich in demselben so anordnen, dass das Gebiet eines
peripherischen Nerven schon in annähernd umgrenzter Ausdeh-
nung durch bestimmte Massen grauer Gangliensubstanz vertreten
ist. Um ein Beispiel zu wählen: Es ist mit Sicherheit anzuneh-
men, dass das Gebiet des Facialis im Linsenkerne durch zwei um-
grenzte, weit auseinander liegende Ganglienmassen repräsentirt
wird; die eine davon vereinigt alle Fasern für das Mundgebiet
desselben, mögen dieselben nun aus der I. Stirnwindung stammen
und zu Sprechbewegungen dienen, oder aus irgend einem andern
Windungsbezirke des Stirnhirnes, der vielleicht die mimischen Be-
wegungsvorstellungen enthält. Die andere circumscripte Anhäufung
grauer Substanz vereinigt wieder alle Fasern für das Orbital-
gebiet des Facialis, gleichgiltig, welchen Bewegungsvorstellungen sie
entsprechen. Ebenso wird die Zungenmuskulatur ihren eigenen
Kern haben, in welchem also wieder Fasern aus differenten Rin-
dengebieten zusammenlaufen, je nachdem Sprachbewegungen oder
Kau-, oder Schlingbewegungen, endlich andere bewusst ausführ-
bare Bewegungen ausgeführt werden sollen. Daraus folgt, dass
durch circumscripte Zerstörungen innerhalb des Linsenkernes nie
zugleich alle Sprachbewegungen betroffen sein können, sondern
es werden partielle Aphasien erzeugt, welche den Anschein des
lähmungsartigen Ausfalles gewisser, beim Sprechact innervirter
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