der Hölle: die Schlacht zwischen dem Hanni- bal und Scipio kann nicht so blutig ausge- sehn haben. -- Mich friert vor Grausen; was machst du denn, Brüderchen? --
Jch verbrenne! rief Belphegor. Gott! Geschöpfe von Einem Geschlechte, aus Einem geistigen und körperlichen Samen gezeugt, Geschöpfe, die sich einer Vernunft rühmen, erwürgen sich? erwürgen sich im tummen trunknen Taumel der Mordsucht, ohne daß eine einzige für ihre Wohlfahrt wichtige Ur- sache ihr Blut fodert! um ein Nichts, aus bloßer toller Begierde sich die Köpfe zu zer- schmeißen! -- O, Freund, den ersten besten Dolch möchte ich mir in die Brust stoßen, um nicht mehr zu einer rasenden Gattung von Geschöpfen zu gehören, die nicht verdienen, daß eine Sonne über ihnen aufgeht, oder ih- nen ein Mond leuchtet. Thiere führen doch nur den allgemeinen Krieg mit Thieren ande- rer Art, und scheuen unwissend die heiligen Bande, die sie zu Einem Geschlechte verknü- pfen: aber der Mensch -- ist das ärgste Un- geheuer der Hölle. Jch bin mir selbst gram, ein Mensch zu seyn. --
der Hoͤlle: die Schlacht zwiſchen dem Hanni- bal und Scipio kann nicht ſo blutig ausge- ſehn haben. — Mich friert vor Grauſen; was machſt du denn, Bruͤderchen? —
Jch verbrenne! rief Belphegor. Gott! Geſchoͤpfe von Einem Geſchlechte, aus Einem geiſtigen und koͤrperlichen Samen gezeugt, Geſchoͤpfe, die ſich einer Vernunft ruͤhmen, erwuͤrgen ſich? erwuͤrgen ſich im tummen trunknen Taumel der Mordſucht, ohne daß eine einzige fuͤr ihre Wohlfahrt wichtige Ur- ſache ihr Blut fodert! um ein Nichts, aus bloßer toller Begierde ſich die Koͤpfe zu zer- ſchmeißen! — O, Freund, den erſten beſten Dolch moͤchte ich mir in die Bruſt ſtoßen, um nicht mehr zu einer raſenden Gattung von Geſchoͤpfen zu gehoͤren, die nicht verdienen, daß eine Sonne uͤber ihnen aufgeht, oder ih- nen ein Mond leuchtet. Thiere fuͤhren doch nur den allgemeinen Krieg mit Thieren ande- rer Art, und ſcheuen unwiſſend die heiligen Bande, die ſie zu Einem Geſchlechte verknuͤ- pfen: aber der Menſch — iſt das aͤrgſte Un- geheuer der Hoͤlle. Jch bin mir ſelbſt gram, ein Menſch zu ſeyn. —
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0166"n="146"/>
der Hoͤlle: die Schlacht zwiſchen dem Hanni-<lb/>
bal und Scipio kann nicht ſo blutig ausge-<lb/>ſehn haben. — Mich friert vor Grauſen;<lb/>
was machſt <hirendition="#fr">du</hi> denn, Bruͤderchen? —</p><lb/><p>Jch verbrenne! rief Belphegor. Gott!<lb/>
Geſchoͤpfe von Einem Geſchlechte, aus Einem<lb/>
geiſtigen und koͤrperlichen Samen gezeugt,<lb/>
Geſchoͤpfe, die ſich einer Vernunft ruͤhmen,<lb/>
erwuͤrgen ſich? erwuͤrgen ſich im tummen<lb/>
trunknen Taumel der Mordſucht, ohne daß<lb/>
eine einzige fuͤr ihre Wohlfahrt wichtige Ur-<lb/>ſache ihr Blut fodert! um ein Nichts, aus<lb/>
bloßer toller Begierde ſich die Koͤpfe zu zer-<lb/>ſchmeißen! — O, Freund, den erſten beſten<lb/>
Dolch moͤchte ich mir in die Bruſt ſtoßen, um<lb/>
nicht mehr zu einer raſenden Gattung von<lb/>
Geſchoͤpfen zu gehoͤren, die nicht verdienen,<lb/>
daß eine Sonne uͤber ihnen aufgeht, oder ih-<lb/>
nen ein Mond leuchtet. Thiere fuͤhren doch<lb/>
nur den allgemeinen Krieg mit Thieren ande-<lb/>
rer Art, und ſcheuen unwiſſend die heiligen<lb/>
Bande, die ſie zu Einem Geſchlechte verknuͤ-<lb/>
pfen: aber der Menſch — iſt das aͤrgſte Un-<lb/>
geheuer der Hoͤlle. Jch bin mir ſelbſt gram,<lb/>
ein Menſch zu ſeyn. —</p><lb/></div></body></text></TEI>
[146/0166]
der Hoͤlle: die Schlacht zwiſchen dem Hanni-
bal und Scipio kann nicht ſo blutig ausge-
ſehn haben. — Mich friert vor Grauſen;
was machſt du denn, Bruͤderchen? —
Jch verbrenne! rief Belphegor. Gott!
Geſchoͤpfe von Einem Geſchlechte, aus Einem
geiſtigen und koͤrperlichen Samen gezeugt,
Geſchoͤpfe, die ſich einer Vernunft ruͤhmen,
erwuͤrgen ſich? erwuͤrgen ſich im tummen
trunknen Taumel der Mordſucht, ohne daß
eine einzige fuͤr ihre Wohlfahrt wichtige Ur-
ſache ihr Blut fodert! um ein Nichts, aus
bloßer toller Begierde ſich die Koͤpfe zu zer-
ſchmeißen! — O, Freund, den erſten beſten
Dolch moͤchte ich mir in die Bruſt ſtoßen, um
nicht mehr zu einer raſenden Gattung von
Geſchoͤpfen zu gehoͤren, die nicht verdienen,
daß eine Sonne uͤber ihnen aufgeht, oder ih-
nen ein Mond leuchtet. Thiere fuͤhren doch
nur den allgemeinen Krieg mit Thieren ande-
rer Art, und ſcheuen unwiſſend die heiligen
Bande, die ſie zu Einem Geſchlechte verknuͤ-
pfen: aber der Menſch — iſt das aͤrgſte Un-
geheuer der Hoͤlle. Jch bin mir ſelbſt gram,
ein Menſch zu ſeyn. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/166>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.