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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Freunde hatte kaufen lassen, ohne sie selbst
zu sehen, und sie auch kein Verlangen noch
Gelegenheit gehabt hatten, ihren Gebieter
kennen zu lernen, so war es um so viel leich-
ter, daß ihre Erkennung bis auf den gegen-
wärtigen Augenblick verschoben bleiben konnte.

Nachdem sie noch eine neue Durchsuchung
mit den Resten der Plünderung vorgenom-
men und nichts entdeckt hatten, so beschlossen
sie einmüthig, dies Land der Barbarey und
der Unterdrückung zu verlassen und sich mit
den großen und kleinen Diamanten nach dem
humanisirtern Theil von Europa zurückzube-
geben, um dort mit dem Herrn Magister Me-
dardus einen Krug Apfelwein auszuleeren.

Da die Pest eben in Konstantinopel wüte-
te, und der Aufruhr sich sehr schnell nach die-
ser Stadt hinzog, so nahmen sie ihren Weg
nach der mittäglichen Meerseite, um dort eine
Gelegenheit zum Rückmarsche zu suchen. Un-
terwegs erst führte sie das Gespräch auf
Akanten, und Belphegorn auf den Verdacht,
den sie ihm wider Fromals Freundschaft hatte
beybringen wollen; allein da die Länge der
Zeit und die gegenwärtige Freude über sein

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Freunde hatte kaufen laſſen, ohne ſie ſelbſt
zu ſehen, und ſie auch kein Verlangen noch
Gelegenheit gehabt hatten, ihren Gebieter
kennen zu lernen, ſo war es um ſo viel leich-
ter, daß ihre Erkennung bis auf den gegen-
waͤrtigen Augenblick verſchoben bleiben konnte.

Nachdem ſie noch eine neue Durchſuchung
mit den Reſten der Pluͤnderung vorgenom-
men und nichts entdeckt hatten, ſo beſchloſſen
ſie einmuͤthig, dies Land der Barbarey und
der Unterdruͤckung zu verlaſſen und ſich mit
den großen und kleinen Diamanten nach dem
humaniſirtern Theil von Europa zuruͤckzube-
geben, um dort mit dem Herrn Magiſter Me-
dardus einen Krug Apfelwein auszuleeren.

Da die Peſt eben in Konſtantinopel wuͤte-
te, und der Aufruhr ſich ſehr ſchnell nach die-
ſer Stadt hinzog, ſo nahmen ſie ihren Weg
nach der mittaͤglichen Meerſeite, um dort eine
Gelegenheit zum Ruͤckmarſche zu ſuchen. Un-
terwegs erſt fuͤhrte ſie das Geſpraͤch auf
Akanten, und Belphegorn auf den Verdacht,
den ſie ihm wider Fromals Freundſchaft hatte
beybringen wollen; allein da die Laͤnge der
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[151/0171] Freunde hatte kaufen laſſen, ohne ſie ſelbſt zu ſehen, und ſie auch kein Verlangen noch Gelegenheit gehabt hatten, ihren Gebieter kennen zu lernen, ſo war es um ſo viel leich- ter, daß ihre Erkennung bis auf den gegen- waͤrtigen Augenblick verſchoben bleiben konnte. Nachdem ſie noch eine neue Durchſuchung mit den Reſten der Pluͤnderung vorgenom- men und nichts entdeckt hatten, ſo beſchloſſen ſie einmuͤthig, dies Land der Barbarey und der Unterdruͤckung zu verlaſſen und ſich mit den großen und kleinen Diamanten nach dem humaniſirtern Theil von Europa zuruͤckzube- geben, um dort mit dem Herrn Magiſter Me- dardus einen Krug Apfelwein auszuleeren. Da die Peſt eben in Konſtantinopel wuͤte- te, und der Aufruhr ſich ſehr ſchnell nach die- ſer Stadt hinzog, ſo nahmen ſie ihren Weg nach der mittaͤglichen Meerſeite, um dort eine Gelegenheit zum Ruͤckmarſche zu ſuchen. Un- terwegs erſt fuͤhrte ſie das Geſpraͤch auf Akanten, und Belphegorn auf den Verdacht, den ſie ihm wider Fromals Freundſchaft hatte beybringen wollen; allein da die Laͤnge der Zeit und die gegenwaͤrtige Freude uͤber ſein K 4

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/171>, abgerufen am 25.11.2024.