Freunde hatte kaufen lassen, ohne sie selbst zu sehen, und sie auch kein Verlangen noch Gelegenheit gehabt hatten, ihren Gebieter kennen zu lernen, so war es um so viel leich- ter, daß ihre Erkennung bis auf den gegen- wärtigen Augenblick verschoben bleiben konnte.
Nachdem sie noch eine neue Durchsuchung mit den Resten der Plünderung vorgenom- men und nichts entdeckt hatten, so beschlossen sie einmüthig, dies Land der Barbarey und der Unterdrückung zu verlassen und sich mit den großen und kleinen Diamanten nach dem humanisirtern Theil von Europa zurückzube- geben, um dort mit dem Herrn Magister Me- dardus einen Krug Apfelwein auszuleeren.
Da die Pest eben in Konstantinopel wüte- te, und der Aufruhr sich sehr schnell nach die- ser Stadt hinzog, so nahmen sie ihren Weg nach der mittäglichen Meerseite, um dort eine Gelegenheit zum Rückmarsche zu suchen. Un- terwegs erst führte sie das Gespräch auf Akanten, und Belphegorn auf den Verdacht, den sie ihm wider Fromals Freundschaft hatte beybringen wollen; allein da die Länge der Zeit und die gegenwärtige Freude über sein
K 4
Freunde hatte kaufen laſſen, ohne ſie ſelbſt zu ſehen, und ſie auch kein Verlangen noch Gelegenheit gehabt hatten, ihren Gebieter kennen zu lernen, ſo war es um ſo viel leich- ter, daß ihre Erkennung bis auf den gegen- waͤrtigen Augenblick verſchoben bleiben konnte.
Nachdem ſie noch eine neue Durchſuchung mit den Reſten der Pluͤnderung vorgenom- men und nichts entdeckt hatten, ſo beſchloſſen ſie einmuͤthig, dies Land der Barbarey und der Unterdruͤckung zu verlaſſen und ſich mit den großen und kleinen Diamanten nach dem humaniſirtern Theil von Europa zuruͤckzube- geben, um dort mit dem Herrn Magiſter Me- dardus einen Krug Apfelwein auszuleeren.
Da die Peſt eben in Konſtantinopel wuͤte- te, und der Aufruhr ſich ſehr ſchnell nach die- ſer Stadt hinzog, ſo nahmen ſie ihren Weg nach der mittaͤglichen Meerſeite, um dort eine Gelegenheit zum Ruͤckmarſche zu ſuchen. Un- terwegs erſt fuͤhrte ſie das Geſpraͤch auf Akanten, und Belphegorn auf den Verdacht, den ſie ihm wider Fromals Freundſchaft hatte beybringen wollen; allein da die Laͤnge der Zeit und die gegenwaͤrtige Freude uͤber ſein
K 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0171"n="151"/>
Freunde hatte kaufen laſſen, ohne ſie ſelbſt<lb/>
zu ſehen, und ſie auch kein Verlangen noch<lb/>
Gelegenheit gehabt hatten, ihren Gebieter<lb/>
kennen zu lernen, ſo war es um ſo viel leich-<lb/>
ter, daß ihre Erkennung bis auf den gegen-<lb/>
waͤrtigen Augenblick verſchoben bleiben konnte.</p><lb/><p>Nachdem ſie noch eine neue Durchſuchung<lb/>
mit den Reſten der Pluͤnderung vorgenom-<lb/>
men und nichts entdeckt hatten, ſo beſchloſſen<lb/>ſie einmuͤthig, dies Land der Barbarey und<lb/>
der Unterdruͤckung zu verlaſſen und ſich mit<lb/>
den großen und kleinen Diamanten nach dem<lb/>
humaniſirtern Theil von Europa zuruͤckzube-<lb/>
geben, um dort mit dem Herrn Magiſter Me-<lb/>
dardus einen Krug Apfelwein auszuleeren.</p><lb/><p>Da die Peſt eben in Konſtantinopel wuͤte-<lb/>
te, und der Aufruhr ſich ſehr ſchnell nach die-<lb/>ſer Stadt hinzog, ſo nahmen ſie ihren Weg<lb/>
nach der mittaͤglichen Meerſeite, um dort eine<lb/>
Gelegenheit zum Ruͤckmarſche zu ſuchen. Un-<lb/>
terwegs erſt fuͤhrte ſie das Geſpraͤch auf<lb/>
Akanten, und Belphegorn auf den Verdacht,<lb/>
den ſie ihm wider Fromals Freundſchaft hatte<lb/>
beybringen wollen; allein da die Laͤnge der<lb/>
Zeit und die gegenwaͤrtige Freude uͤber ſein<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 4</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[151/0171]
Freunde hatte kaufen laſſen, ohne ſie ſelbſt
zu ſehen, und ſie auch kein Verlangen noch
Gelegenheit gehabt hatten, ihren Gebieter
kennen zu lernen, ſo war es um ſo viel leich-
ter, daß ihre Erkennung bis auf den gegen-
waͤrtigen Augenblick verſchoben bleiben konnte.
Nachdem ſie noch eine neue Durchſuchung
mit den Reſten der Pluͤnderung vorgenom-
men und nichts entdeckt hatten, ſo beſchloſſen
ſie einmuͤthig, dies Land der Barbarey und
der Unterdruͤckung zu verlaſſen und ſich mit
den großen und kleinen Diamanten nach dem
humaniſirtern Theil von Europa zuruͤckzube-
geben, um dort mit dem Herrn Magiſter Me-
dardus einen Krug Apfelwein auszuleeren.
Da die Peſt eben in Konſtantinopel wuͤte-
te, und der Aufruhr ſich ſehr ſchnell nach die-
ſer Stadt hinzog, ſo nahmen ſie ihren Weg
nach der mittaͤglichen Meerſeite, um dort eine
Gelegenheit zum Ruͤckmarſche zu ſuchen. Un-
terwegs erſt fuͤhrte ſie das Geſpraͤch auf
Akanten, und Belphegorn auf den Verdacht,
den ſie ihm wider Fromals Freundſchaft hatte
beybringen wollen; allein da die Laͤnge der
Zeit und die gegenwaͤrtige Freude uͤber ſein
K 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/171>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.