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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Werkes merkte, so arbeitete er, durch versteck-
te Wege die Bekanntmachung desselben zu be-
schleunigen, und gleich darauf erfolgte ein
ganzes Packet Schmähschriften, Parodieen,
die es so lächerlich machten, daß es nieman-
den nicht einmal mittelmäßig schien: alle wa-
ren seine Arbeit, und seine Kreaturen mußten
sie ausstreuen oder drucken lassen: oft ließ er
im Manuskripte Satiren auf Werke herumlau-
fen, die noch unter der Presse brüteten. Wenn
ein neues gutes Werk ohne sein Vorwissen,
oder ohne daß seine List es hindern konnte,
an das Licht gelangte, so war er der erste,
der es unter dem Namen eines schlechten
Mannes von übelm Kredite so ausgelassen
lobte, daß es einem großen Theile schon da-
durch verdächtig, und allemal der Eindruck
desselben geschwächt wurde. Einmal wider-
fuhr ihm das Unglück, daß ein muthiger
Mann seiner List und seiner Unverschämtheit
trozte: er ließ sich mit Fleis sein Manuskript
stehlen, indessen daß er an einem entfernten
Orte eine andre Abschrift davon drucken ließ,
die schon in den Händen des Publikums war
und allgemein gelobt wurde, als der betrogne
Nikanor noch ruhig über seinen Raub trium-

Werkes merkte, ſo arbeitete er, durch verſteck-
te Wege die Bekanntmachung deſſelben zu be-
ſchleunigen, und gleich darauf erfolgte ein
ganzes Packet Schmaͤhſchriften, Parodieen,
die es ſo laͤcherlich machten, daß es nieman-
den nicht einmal mittelmaͤßig ſchien: alle wa-
ren ſeine Arbeit, und ſeine Kreaturen mußten
ſie ausſtreuen oder drucken laſſen: oft ließ er
im Manuſkripte Satiren auf Werke herumlau-
fen, die noch unter der Preſſe bruͤteten. Wenn
ein neues gutes Werk ohne ſein Vorwiſſen,
oder ohne daß ſeine Liſt es hindern konnte,
an das Licht gelangte, ſo war er der erſte,
der es unter dem Namen eines ſchlechten
Mannes von uͤbelm Kredite ſo ausgelaſſen
lobte, daß es einem großen Theile ſchon da-
durch verdaͤchtig, und allemal der Eindruck
deſſelben geſchwaͤcht wurde. Einmal wider-
fuhr ihm das Ungluͤck, daß ein muthiger
Mann ſeiner Liſt und ſeiner Unverſchaͤmtheit
trozte: er ließ ſich mit Fleis ſein Manuſkript
ſtehlen, indeſſen daß er an einem entfernten
Orte eine andre Abſchrift davon drucken ließ,
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und allgemein gelobt wurde, als der betrogne
Nikanor noch ruhig uͤber ſeinen Raub trium-

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[164/0184] Werkes merkte, ſo arbeitete er, durch verſteck- te Wege die Bekanntmachung deſſelben zu be- ſchleunigen, und gleich darauf erfolgte ein ganzes Packet Schmaͤhſchriften, Parodieen, die es ſo laͤcherlich machten, daß es nieman- den nicht einmal mittelmaͤßig ſchien: alle wa- ren ſeine Arbeit, und ſeine Kreaturen mußten ſie ausſtreuen oder drucken laſſen: oft ließ er im Manuſkripte Satiren auf Werke herumlau- fen, die noch unter der Preſſe bruͤteten. Wenn ein neues gutes Werk ohne ſein Vorwiſſen, oder ohne daß ſeine Liſt es hindern konnte, an das Licht gelangte, ſo war er der erſte, der es unter dem Namen eines ſchlechten Mannes von uͤbelm Kredite ſo ausgelaſſen lobte, daß es einem großen Theile ſchon da- durch verdaͤchtig, und allemal der Eindruck deſſelben geſchwaͤcht wurde. Einmal wider- fuhr ihm das Ungluͤck, daß ein muthiger Mann ſeiner Liſt und ſeiner Unverſchaͤmtheit trozte: er ließ ſich mit Fleis ſein Manuſkript ſtehlen, indeſſen daß er an einem entfernten Orte eine andre Abſchrift davon drucken ließ, die ſchon in den Haͤnden des Publikums war und allgemein gelobt wurde, als der betrogne Nikanor noch ruhig uͤber ſeinen Raub trium-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/184>, abgerufen am 27.11.2024.