Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.jeder sein Pläzchen: man nahm, wo es be- liebte. Bald wurde ihre Zahl größer: der Raum jener wenigen reichte für diese mehrern nicht zu: die Stärkern jagten die Schwächern fort. Die Vertriebnen ärgerten sich über das Glück ihrer Vertreiber sie kamen ver- stärkt nach einigen Zeiten wieder, schlugen je- ne todt und sezten sich auf ihren Fleck. Die Nachbarn wurden besorgt, daß ihnen dassel- be widerfahren möchte, andre, die in ihrem Distrikte ein Paar Eicheln weniger zu essen hatten, beneideten diese glücklichen Eroberer; beide thaten zusammen, schlugen sie todt und theilten ihr Stückchen Erde, ihre Eichelbäu- me, ihre Hütten unter sich. Da die tum- men Teufel nichts von der stereographischen Projektion wußten und folglich keine Thei- lungskarte machen, vielleicht nicht einmal bis auf drey zählen konnten, so mußte die Thei- lung nach einem ungewissen Augenmaaße ge- schehen. Eine Rotte wurde in der Folge, da sie im Rechnen etwas weiter gekommen war, inne, daß die andre sechs oder acht Bäume mehr besaß; sie nahm sie weg: jene wurde böse, daß man ihr ihr heiliges theuer erworbnes Recht kränkte, schlug zu, und wer N
jeder ſein Plaͤzchen: man nahm, wo es be- liebte. Bald wurde ihre Zahl groͤßer: der Raum jener wenigen reichte fuͤr dieſe mehrern nicht zu: die Staͤrkern jagten die Schwaͤchern fort. Die Vertriebnen aͤrgerten ſich uͤber das Gluͤck ihrer Vertreiber ſie kamen ver- ſtaͤrkt nach einigen Zeiten wieder, ſchlugen je- ne todt und ſezten ſich auf ihren Fleck. Die Nachbarn wurden beſorgt, daß ihnen daſſel- be widerfahren moͤchte, andre, die in ihrem Diſtrikte ein Paar Eicheln weniger zu eſſen hatten, beneideten dieſe gluͤcklichen Eroberer; beide thaten zuſammen, ſchlugen ſie todt und theilten ihr Stuͤckchen Erde, ihre Eichelbaͤu- me, ihre Huͤtten unter ſich. Da die tum- men Teufel nichts von der ſtereographiſchen Projektion wußten und folglich keine Thei- lungskarte machen, vielleicht nicht einmal bis auf drey zaͤhlen konnten, ſo mußte die Thei- lung nach einem ungewiſſen Augenmaaße ge- ſchehen. Eine Rotte wurde in der Folge, da ſie im Rechnen etwas weiter gekommen war, inne, daß die andre ſechs oder acht Baͤume mehr beſaß; ſie nahm ſie weg: jene wurde boͤſe, daß man ihr ihr heiliges theuer erworbnes Recht kraͤnkte, ſchlug zu, und wer N
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jeder ſein Plaͤzchen: man nahm, wo es be-
liebte. Bald wurde ihre Zahl groͤßer: der
Raum jener wenigen reichte fuͤr dieſe mehrern
nicht zu: die Staͤrkern jagten die Schwaͤchern
fort. Die Vertriebnen aͤrgerten ſich uͤber
das Gluͤck ihrer Vertreiber ſie kamen ver-
ſtaͤrkt nach einigen Zeiten wieder, ſchlugen je-
ne todt und ſezten ſich auf ihren Fleck. Die
Nachbarn wurden beſorgt, daß ihnen daſſel-
be widerfahren moͤchte, andre, die in ihrem
Diſtrikte ein Paar Eicheln weniger zu eſſen
hatten, beneideten dieſe gluͤcklichen Eroberer;
beide thaten zuſammen, ſchlugen ſie todt und
theilten ihr Stuͤckchen Erde, ihre Eichelbaͤu-
me, ihre Huͤtten unter ſich. Da die tum-
men Teufel nichts von der ſtereographiſchen
Projektion wußten und folglich keine Thei-
lungskarte machen, vielleicht nicht einmal bis
auf drey zaͤhlen konnten, ſo mußte die Thei-
lung nach einem ungewiſſen Augenmaaße ge-
ſchehen. Eine Rotte wurde in der Folge,
da ſie im Rechnen etwas weiter gekommen
war, inne, daß die andre ſechs oder acht
Baͤume mehr beſaß; ſie nahm ſie weg: jene
wurde boͤſe, daß man ihr ihr heiliges theuer
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Zitationshilfe: | Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/213>, abgerufen am 21.07.2024. |