Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Oberherr genießen ließ, schreckte ihn ab, so
gern er einen Gang mit ihnen versucht hätte.
Da diese Mine nicht springen wollte, so grub
er eine andre; er suchte die beiden Könige zu
entzweyn und sie durch sich selbst zu Grunde
zu richten. Jn einer solchen Absicht begab
er sich zu Fromaln und machte ihm Belphe-
gorn verdächtig, besonders beschuldigte er
ihn eines Bündnisses zu seinem Untergange;
seine Beschuldigungen fruchteten nichts. Er
machte bey Belphegorn den nämlichen Ver-
such und richtete nichts mehr aus: doch
hatte er beide dahingebracht, daß sie sich be-
obachteten und mehr als vorsichtig gegen
einander handelten.

Sich beobachten und argwöhnisch seyn ist
beinahe eins, wenigstens giebt das erste un-
endliche Gelegenheit, das lezte zu werden.
Sie lauerten bald auf einander und bemerk-
ten oft vieles, worüber man sich bey weni-
ger Freundschaft hätte zanken können: doch
blieb es ohne Bruch.

Belphegor hatte einen Extrakt von tum-
men Geschöpfen zu regieren bekommen, die
sich nicht im mindesten in seine Anstalten zu

R

Oberherr genießen ließ, ſchreckte ihn ab, ſo
gern er einen Gang mit ihnen verſucht haͤtte.
Da dieſe Mine nicht ſpringen wollte, ſo grub
er eine andre; er ſuchte die beiden Koͤnige zu
entzweyn und ſie durch ſich ſelbſt zu Grunde
zu richten. Jn einer ſolchen Abſicht begab
er ſich zu Fromaln und machte ihm Belphe-
gorn verdaͤchtig, beſonders beſchuldigte er
ihn eines Buͤndniſſes zu ſeinem Untergange;
ſeine Beſchuldigungen fruchteten nichts. Er
machte bey Belphegorn den naͤmlichen Ver-
ſuch und richtete nichts mehr aus: doch
hatte er beide dahingebracht, daß ſie ſich be-
obachteten und mehr als vorſichtig gegen
einander handelten.

Sich beobachten und argwoͤhniſch ſeyn iſt
beinahe eins, wenigſtens giebt das erſte un-
endliche Gelegenheit, das lezte zu werden.
Sie lauerten bald auf einander und bemerk-
ten oft vieles, woruͤber man ſich bey weni-
ger Freundſchaft haͤtte zanken koͤnnen: doch
blieb es ohne Bruch.

Belphegor hatte einen Extrakt von tum-
men Geſchoͤpfen zu regieren bekommen, die
ſich nicht im mindeſten in ſeine Anſtalten zu

R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0277" n="257"/>
Oberherr genießen ließ, &#x017F;chreckte ihn ab, &#x017F;o<lb/>
gern er einen Gang mit ihnen ver&#x017F;ucht ha&#x0364;tte.<lb/>
Da die&#x017F;e Mine nicht &#x017F;pringen wollte, &#x017F;o grub<lb/>
er eine andre; er &#x017F;uchte die beiden Ko&#x0364;nige zu<lb/>
entzweyn und &#x017F;ie durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu Grunde<lb/>
zu richten. Jn einer &#x017F;olchen Ab&#x017F;icht begab<lb/>
er &#x017F;ich zu Fromaln und machte ihm Belphe-<lb/>
gorn verda&#x0364;chtig, be&#x017F;onders be&#x017F;chuldigte er<lb/>
ihn eines Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;es zu &#x017F;einem Untergange;<lb/>
&#x017F;eine Be&#x017F;chuldigungen fruchteten nichts. Er<lb/>
machte bey Belphegorn den na&#x0364;mlichen Ver-<lb/>
&#x017F;uch und richtete nichts mehr aus: doch<lb/>
hatte er beide dahingebracht, daß &#x017F;ie &#x017F;ich be-<lb/>
obachteten und mehr als vor&#x017F;ichtig gegen<lb/>
einander handelten.</p><lb/>
        <p>Sich beobachten und argwo&#x0364;hni&#x017F;ch &#x017F;eyn i&#x017F;t<lb/>
beinahe eins, wenig&#x017F;tens giebt das er&#x017F;te un-<lb/>
endliche Gelegenheit, das lezte zu werden.<lb/>
Sie lauerten bald auf einander und bemerk-<lb/>
ten oft vieles, woru&#x0364;ber man &#x017F;ich bey weni-<lb/>
ger Freund&#x017F;chaft ha&#x0364;tte zanken ko&#x0364;nnen: doch<lb/>
blieb es ohne Bruch.</p><lb/>
        <p>Belphegor hatte einen Extrakt von tum-<lb/>
men Ge&#x017F;cho&#x0364;pfen zu regieren bekommen, die<lb/>
&#x017F;ich nicht im minde&#x017F;ten in &#x017F;eine An&#x017F;talten zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0277] Oberherr genießen ließ, ſchreckte ihn ab, ſo gern er einen Gang mit ihnen verſucht haͤtte. Da dieſe Mine nicht ſpringen wollte, ſo grub er eine andre; er ſuchte die beiden Koͤnige zu entzweyn und ſie durch ſich ſelbſt zu Grunde zu richten. Jn einer ſolchen Abſicht begab er ſich zu Fromaln und machte ihm Belphe- gorn verdaͤchtig, beſonders beſchuldigte er ihn eines Buͤndniſſes zu ſeinem Untergange; ſeine Beſchuldigungen fruchteten nichts. Er machte bey Belphegorn den naͤmlichen Ver- ſuch und richtete nichts mehr aus: doch hatte er beide dahingebracht, daß ſie ſich be- obachteten und mehr als vorſichtig gegen einander handelten. Sich beobachten und argwoͤhniſch ſeyn iſt beinahe eins, wenigſtens giebt das erſte un- endliche Gelegenheit, das lezte zu werden. Sie lauerten bald auf einander und bemerk- ten oft vieles, woruͤber man ſich bey weni- ger Freundſchaft haͤtte zanken koͤnnen: doch blieb es ohne Bruch. Belphegor hatte einen Extrakt von tum- men Geſchoͤpfen zu regieren bekommen, die ſich nicht im mindeſten in ſeine Anſtalten zu R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/277
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/277>, abgerufen am 22.11.2024.