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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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nie ohne starke Wache schlafen, nirgends
ohne Begleitung sich hinwagen, nichts ohne
vorgängigen Versuch essen oder trinken, wenn
sie nicht ermordet, geblendet, vergiftet seyn
wollten. Man spielte sich, da Gewalt nichts
wider die Vorsicht vermochte, die hinterlistig-
sten Kabalen, verläumdete, verkleinerte sich,
einer untergrub des andern Kredit, beschul-
digte sich der entsezlichsten Verbrechen, weil
alle nicht auf gleiche Art blind waren, wel-
che geheime Gährung um so mehr zunahm,
als der große Neguz selbst diejenigen am vor-
züglichsten ehrte und erhub, die ihm die mei-
ste Aehnlichkeit mit seiner blinden Person
werth machte: um ihm zu gefallen, mußte
man gerade so blind seyn, wie er. Nicht
lange dauerte es, als diese Etikette zu den
Höfen seiner Vasallen übergieng, die sie so
weit trieben, daß sogar einer, dem ein Fall
in der Jugend die Nase platt an den Kopf
gedrückt hatte, allen seinen Hofschranzen das
Nasenbein zerschlagen, und ein andrer, dem
ein kalter Brand den Arm verzehrt hatte, al-
len den seinigen den kalten Brand inokuli-
ren ließ.

nie ohne ſtarke Wache ſchlafen, nirgends
ohne Begleitung ſich hinwagen, nichts ohne
vorgaͤngigen Verſuch eſſen oder trinken, wenn
ſie nicht ermordet, geblendet, vergiftet ſeyn
wollten. Man ſpielte ſich, da Gewalt nichts
wider die Vorſicht vermochte, die hinterliſtig-
ſten Kabalen, verlaͤumdete, verkleinerte ſich,
einer untergrub des andern Kredit, beſchul-
digte ſich der entſezlichſten Verbrechen, weil
alle nicht auf gleiche Art blind waren, wel-
che geheime Gaͤhrung um ſo mehr zunahm,
als der große Neguz ſelbſt diejenigen am vor-
zuͤglichſten ehrte und erhub, die ihm die mei-
ſte Aehnlichkeit mit ſeiner blinden Perſon
werth machte: um ihm zu gefallen, mußte
man gerade ſo blind ſeyn, wie er. Nicht
lange dauerte es, als dieſe Etikette zu den
Hoͤfen ſeiner Vaſallen uͤbergieng, die ſie ſo
weit trieben, daß ſogar einer, dem ein Fall
in der Jugend die Naſe platt an den Kopf
gedruͤckt hatte, allen ſeinen Hofſchranzen das
Naſenbein zerſchlagen, und ein andrer, dem
ein kalter Brand den Arm verzehrt hatte, al-
len den ſeinigen den kalten Brand inokuli-
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[287/0307] nie ohne ſtarke Wache ſchlafen, nirgends ohne Begleitung ſich hinwagen, nichts ohne vorgaͤngigen Verſuch eſſen oder trinken, wenn ſie nicht ermordet, geblendet, vergiftet ſeyn wollten. Man ſpielte ſich, da Gewalt nichts wider die Vorſicht vermochte, die hinterliſtig- ſten Kabalen, verlaͤumdete, verkleinerte ſich, einer untergrub des andern Kredit, beſchul- digte ſich der entſezlichſten Verbrechen, weil alle nicht auf gleiche Art blind waren, wel- che geheime Gaͤhrung um ſo mehr zunahm, als der große Neguz ſelbſt diejenigen am vor- zuͤglichſten ehrte und erhub, die ihm die mei- ſte Aehnlichkeit mit ſeiner blinden Perſon werth machte: um ihm zu gefallen, mußte man gerade ſo blind ſeyn, wie er. Nicht lange dauerte es, als dieſe Etikette zu den Hoͤfen ſeiner Vaſallen uͤbergieng, die ſie ſo weit trieben, daß ſogar einer, dem ein Fall in der Jugend die Naſe platt an den Kopf gedruͤckt hatte, allen ſeinen Hofſchranzen das Naſenbein zerſchlagen, und ein andrer, dem ein kalter Brand den Arm verzehrt hatte, al- len den ſeinigen den kalten Brand inokuli- ren ließ.

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/307>, abgerufen am 21.11.2024.