Stärkre, schlug ihn zu Boden, und führte ihn izt im Triumphe auf. Belphegor ver- wies dem Ungerechten seine Grausamkeit, und ermahnte ihn, dem andern das Entwendete wieder zu ersetzen. -- Hier bin ich! er mag mirs wieder nehmen! war die Antwort, und blieb es, aller Zureden ungeachtet. Belphe- gors gutes Herz wurde warm, er nahm den Leidenden in seinen Schutz und wollte den Frechen durch lebhafte Vorstellungen zur Ge- rechtigkeit nöthigen, wofür er ein Paar Stei- ne an den Kopf, ein hönisches Gelächter und etliche Schimpfreden zum Danke bekam; die ganze übrige Gesellschaft stimmte im Unison mit ihm ein und eilte ihm nach: jedes dar- unter gab ihm Recht und vertheidigte ihn, weil er die stärksten Fäuste und das un- verschämteste Maul im ganzen Dorfe hatte.
Um seinen Schutz nicht unkräftig zu sehen, ließ sich Belphegor von dem Zurückgeblieb- nen zu seinen Eltern führen. Er trug ihnen den statum causae sehr ernsthaft und lebhaft vor, und drang in sie, den ungerechten Er- oberer mit allem väterlichen Ansehn zur Bil- ligkeit anzuhalten. Man lächelte; Belphe-
B 2
Staͤrkre, ſchlug ihn zu Boden, und fuͤhrte ihn izt im Triumphe auf. Belphegor ver- wies dem Ungerechten ſeine Grauſamkeit, und ermahnte ihn, dem andern das Entwendete wieder zu erſetzen. — Hier bin ich! er mag mirs wieder nehmen! war die Antwort, und blieb es, aller Zureden ungeachtet. Belphe- gors gutes Herz wurde warm, er nahm den Leidenden in ſeinen Schutz und wollte den Frechen durch lebhafte Vorſtellungen zur Ge- rechtigkeit noͤthigen, wofuͤr er ein Paar Stei- ne an den Kopf, ein hoͤniſches Gelaͤchter und etliche Schimpfreden zum Danke bekam; die ganze uͤbrige Geſellſchaft ſtimmte im Uniſon mit ihm ein und eilte ihm nach: jedes dar- unter gab ihm Recht und vertheidigte ihn, weil er die ſtaͤrkſten Faͤuſte und das un- verſchaͤmteſte Maul im ganzen Dorfe hatte.
Um ſeinen Schutz nicht unkraͤftig zu ſehen, ließ ſich Belphegor von dem Zuruͤckgeblieb- nen zu ſeinen Eltern fuͤhren. Er trug ihnen den ſtatum cauſae ſehr ernſthaft und lebhaft vor, und drang in ſie, den ungerechten Er- oberer mit allem vaͤterlichen Anſehn zur Bil- ligkeit anzuhalten. Man laͤchelte; Belphe-
B 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0039"n="19"/>
Staͤrkre, ſchlug ihn zu Boden, und fuͤhrte<lb/>
ihn izt im Triumphe auf. Belphegor ver-<lb/>
wies dem Ungerechten ſeine Grauſamkeit, und<lb/>
ermahnte ihn, dem andern das Entwendete<lb/>
wieder zu erſetzen. — Hier bin ich! er mag<lb/>
mirs wieder nehmen! war die Antwort, und<lb/>
blieb es, aller Zureden ungeachtet. Belphe-<lb/>
gors gutes Herz wurde warm, er nahm den<lb/>
Leidenden in ſeinen Schutz und wollte den<lb/>
Frechen durch lebhafte Vorſtellungen zur Ge-<lb/>
rechtigkeit noͤthigen, wofuͤr er ein Paar Stei-<lb/>
ne an den Kopf, ein hoͤniſches Gelaͤchter und<lb/>
etliche Schimpfreden zum Danke bekam; die<lb/>
ganze uͤbrige Geſellſchaft ſtimmte im Uniſon<lb/>
mit ihm ein und eilte ihm nach: jedes dar-<lb/>
unter gab ihm Recht und vertheidigte ihn,<lb/>
weil er die <hirendition="#fr">ſtaͤrkſten Faͤuſte</hi> und das <hirendition="#fr">un-<lb/>
verſchaͤmteſte Maul</hi> im ganzen Dorfe<lb/>
hatte.</p><lb/><p>Um ſeinen Schutz nicht unkraͤftig zu ſehen,<lb/>
ließ ſich Belphegor von dem Zuruͤckgeblieb-<lb/>
nen zu ſeinen Eltern fuͤhren. Er trug ihnen<lb/>
den <hirendition="#aq">ſtatum cauſae</hi>ſehr ernſthaft und lebhaft<lb/>
vor, und drang in ſie, den ungerechten Er-<lb/>
oberer mit allem vaͤterlichen Anſehn zur Bil-<lb/>
ligkeit anzuhalten. Man laͤchelte; Belphe-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[19/0039]
Staͤrkre, ſchlug ihn zu Boden, und fuͤhrte
ihn izt im Triumphe auf. Belphegor ver-
wies dem Ungerechten ſeine Grauſamkeit, und
ermahnte ihn, dem andern das Entwendete
wieder zu erſetzen. — Hier bin ich! er mag
mirs wieder nehmen! war die Antwort, und
blieb es, aller Zureden ungeachtet. Belphe-
gors gutes Herz wurde warm, er nahm den
Leidenden in ſeinen Schutz und wollte den
Frechen durch lebhafte Vorſtellungen zur Ge-
rechtigkeit noͤthigen, wofuͤr er ein Paar Stei-
ne an den Kopf, ein hoͤniſches Gelaͤchter und
etliche Schimpfreden zum Danke bekam; die
ganze uͤbrige Geſellſchaft ſtimmte im Uniſon
mit ihm ein und eilte ihm nach: jedes dar-
unter gab ihm Recht und vertheidigte ihn,
weil er die ſtaͤrkſten Faͤuſte und das un-
verſchaͤmteſte Maul im ganzen Dorfe
hatte.
Um ſeinen Schutz nicht unkraͤftig zu ſehen,
ließ ſich Belphegor von dem Zuruͤckgeblieb-
nen zu ſeinen Eltern fuͤhren. Er trug ihnen
den ſtatum cauſae ſehr ernſthaft und lebhaft
vor, und drang in ſie, den ungerechten Er-
oberer mit allem vaͤterlichen Anſehn zur Bil-
ligkeit anzuhalten. Man laͤchelte; Belphe-
B 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/39>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.