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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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ben zwölfmalhunderttausend geübte Ar-
me, und unsre Feinde kaum sechstausend:
wir müssen ihnen die sündliche Lustigkeit ver-
treiben.

Und also, ihr Barbaren, ist eure Ueber-
macht das Recht, eurem Neide so viele Un-
schuldige aufzuopfern? -- Jst das euer
Recht? --

Kerl! du bist nicht richtig im Kopfe; du
phantasirst; so ungereimtes Zeug schwatzest
du: am besten, mit dir ins Tollhaus! --
und so ergriff ihn der Kriegsmann, band ihn
mit einem Riemen an sein Pferd und ließ ihn
neben sich her außer Athem laufen, wenn er
nicht von dem Pferde geschleppt seyn wollte,
das in einem frischen Trabe fortschritt. Zwo
Stunden nach ihrer Ankunft in der nächsten
Stadt war Belphegor, zwar in keinem Toll-
hause, aber doch im Zuchthause einquartiret,
wo er an einen Pfahl gebunden und mit drei-
ßig muntern Peitschenhieben bewillkommt
wurde: darauf schloß man ihn ein und be-
fahl ihm, jeden Tag zwanzig Pfund Wolle zu
verspinnen, und da er menschlicher Weise
diese Zahl niemals vollmachte, so bekam er

ben zwoͤlfmalhunderttauſend geuͤbte Ar-
me, und unſre Feinde kaum ſechstauſend:
wir muͤſſen ihnen die ſuͤndliche Luſtigkeit ver-
treiben.

Und alſo, ihr Barbaren, iſt eure Ueber-
macht das Recht, eurem Neide ſo viele Un-
ſchuldige aufzuopfern? — Jſt das euer
Recht? —

Kerl! du biſt nicht richtig im Kopfe; du
phantaſirſt; ſo ungereimtes Zeug ſchwatzeſt
du: am beſten, mit dir ins Tollhaus! —
und ſo ergriff ihn der Kriegsmann, band ihn
mit einem Riemen an ſein Pferd und ließ ihn
neben ſich her außer Athem laufen, wenn er
nicht von dem Pferde geſchleppt ſeyn wollte,
das in einem friſchen Trabe fortſchritt. Zwo
Stunden nach ihrer Ankunft in der naͤchſten
Stadt war Belphegor, zwar in keinem Toll-
hauſe, aber doch im Zuchthauſe einquartiret,
wo er an einen Pfahl gebunden und mit drei-
ßig muntern Peitſchenhieben bewillkommt
wurde: darauf ſchloß man ihn ein und be-
fahl ihm, jeden Tag zwanzig Pfund Wolle zu
verſpinnen, und da er menſchlicher Weiſe
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[38/0058] ben zwoͤlfmalhunderttauſend geuͤbte Ar- me, und unſre Feinde kaum ſechstauſend: wir muͤſſen ihnen die ſuͤndliche Luſtigkeit ver- treiben. Und alſo, ihr Barbaren, iſt eure Ueber- macht das Recht, eurem Neide ſo viele Un- ſchuldige aufzuopfern? — Jſt das euer Recht? — Kerl! du biſt nicht richtig im Kopfe; du phantaſirſt; ſo ungereimtes Zeug ſchwatzeſt du: am beſten, mit dir ins Tollhaus! — und ſo ergriff ihn der Kriegsmann, band ihn mit einem Riemen an ſein Pferd und ließ ihn neben ſich her außer Athem laufen, wenn er nicht von dem Pferde geſchleppt ſeyn wollte, das in einem friſchen Trabe fortſchritt. Zwo Stunden nach ihrer Ankunft in der naͤchſten Stadt war Belphegor, zwar in keinem Toll- hauſe, aber doch im Zuchthauſe einquartiret, wo er an einen Pfahl gebunden und mit drei- ßig muntern Peitſchenhieben bewillkommt wurde: darauf ſchloß man ihn ein und be- fahl ihm, jeden Tag zwanzig Pfund Wolle zu verſpinnen, und da er menſchlicher Weiſe dieſe Zahl niemals vollmachte, ſo bekam er

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/58>, abgerufen am 23.11.2024.