ihr konntet euch um eines lecren Titels, ei- ner einfältigen Grille: eines blendenden Nichts, würgen, zerfetzen, verstümmeln: und doch kam keiner noch auf den edlern Vorsatz, das weibliche Geschlecht in allge- meine Freiheit zu setzen. Schämt euch, ihr Elenden! Um euern verfluchten Durst nach Golde, nach Ländern, Titeln oder an- dere noch niedrigere Leidenschaften der Ra- che, der Zanksucht, des Neides zu sättigen, macht ihr, so oft es euch beliebt, die Erde zum Schlachtfelde und wißt euren unmensch- lichen Thaten tausend schimmernde Mäntel umzuhäugen und tausend glänzende Anstriche von Edelmuth, Großmuth, Menschenliebe, Patriotismus zu geben: doch für das Ge- schlecht: das euch mit Schmerzen gebar, wagtet ihr nie einen Schritt! vergoßt ihr nie einen Tropfen eures menschenfeindlichen Blutes! Wohl den guten freundlichen Rit- tern, die während der Barbarey unsers va- terländischen Himmelsstrichs sich über alle Vortheile und Rücksichten des Eigennutzes emporschwangen und mit der Lanze in der Hand, von dem einzigen Triebe der Ehre und Menschenliebe begeistert ausgiengen, die
Ban-
ihr konntet euch um eines lecren Titels, ei- ner einfaͤltigen Grille: eines blendenden Nichts, wuͤrgen, zerfetzen, verſtuͤmmeln: und doch kam keiner noch auf den edlern Vorſatz, das weibliche Geſchlecht in allge- meine Freiheit zu ſetzen. Schaͤmt euch, ihr Elenden! Um euern verfluchten Durſt nach Golde, nach Laͤndern, Titeln oder an- dere noch niedrigere Leidenſchaften der Ra- che, der Zankſucht, des Neides zu ſaͤttigen, macht ihr, ſo oft es euch beliebt, die Erde zum Schlachtfelde und wißt euren unmenſch- lichen Thaten tauſend ſchimmernde Maͤntel umzuhaͤugen und tauſend glaͤnzende Anſtriche von Edelmuth, Großmuth, Menſchenliebe, Patriotiſmus zu geben: doch fuͤr das Ge- ſchlecht: das euch mit Schmerzen gebar, wagtet ihr nie einen Schritt! vergoßt ihr nie einen Tropfen eures menſchenfeindlichen Blutes! Wohl den guten freundlichen Rit- tern, die waͤhrend der Barbarey unſers va- terlaͤndiſchen Himmelsſtrichs ſich uͤber alle Vortheile und Ruͤckſichten des Eigennutzes emporſchwangen und mit der Lanze in der Hand, von dem einzigen Triebe der Ehre und Menſchenliebe begeiſtert ausgiengen, die
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ihr konntet euch um eines lecren Titels, ei-
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Nichts, wuͤrgen, zerfetzen, verſtuͤmmeln:
und doch kam keiner noch auf den edlern
Vorſatz, das weibliche Geſchlecht in allge-
meine Freiheit zu ſetzen. Schaͤmt euch,
ihr Elenden! Um euern verfluchten Durſt
nach Golde, nach Laͤndern, Titeln oder an-
dere noch niedrigere Leidenſchaften der Ra-
che, der Zankſucht, des Neides zu ſaͤttigen,
macht ihr, ſo oft es euch beliebt, die Erde
zum Schlachtfelde und wißt euren unmenſch-
lichen Thaten tauſend ſchimmernde Maͤntel
umzuhaͤugen und tauſend glaͤnzende Anſtriche
von Edelmuth, Großmuth, Menſchenliebe,
Patriotiſmus zu geben: doch fuͤr das Ge-
ſchlecht: das euch mit Schmerzen gebar,
wagtet ihr nie einen Schritt! vergoßt ihr
nie einen Tropfen eures menſchenfeindlichen
Blutes! Wohl den guten freundlichen Rit-
tern, die waͤhrend der Barbarey unſers va-
terlaͤndiſchen Himmelsſtrichs ſich uͤber alle
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emporſchwangen und mit der Lanze in der
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/158>, abgerufen am 22.12.2024.
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