heit, Abscheu gegen eine so grause That, wie ein Mord, stritten mit dem wildesten Auf- ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte ihn zurückrufen, er setzte einen Fuß bedächt- lich vorwärts und zog ihn hastig wieder zu- rück; er ächzte, er zitterte, er sann, und endlich eilte er dem bösen Manne nach, um ihm seine Hülfe zu versprechen, ob er gleich bey sich den festen Vorsatz hatte, nicht Einen Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus Liebe zur Selbsterhaltung that er ihm dies verstellte Versprechen, und war willens, sich lieber einer Verrätherey gegen diesen Böse- wicht, als einer Mordthat schuldig zu machen. Der Listige, um sich ihn desto fester zu ver- binden, schlug anfangs sein Anerbieten aus, und versicherte, daß er einen solchen feigen Undankbaren nicht zu einer Unternehmung zulassen würde, für die er von einem so schlechten Werkzeuge alles fürchten müßte. Belphegor wurde ängstlich, die Qual des Verhungerns stellte sich ihm in der fürchter- lichsten Schwärze vor, er setzte in ihn, be- schwor ihn und erhielt endlich, doch als eine Freundschaft, die Erlaubniß, an der mördrischen That einen rühmlichen Antheil
zu neh-
heit, Abſcheu gegen eine ſo grauſe That, wie ein Mord, ſtritten mit dem wildeſten Auf- ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte ihn zuruͤckrufen, er ſetzte einen Fuß bedaͤcht- lich vorwaͤrts und zog ihn haſtig wieder zu- ruͤck; er aͤchzte, er zitterte, er ſann, und endlich eilte er dem boͤſen Manne nach, um ihm ſeine Huͤlfe zu verſprechen, ob er gleich bey ſich den feſten Vorſatz hatte, nicht Einen Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus Liebe zur Selbſterhaltung that er ihm dies verſtellte Verſprechen, und war willens, ſich lieber einer Verraͤtherey gegen dieſen Boͤſe- wicht, als einer Mordthat ſchuldig zu machen. Der Liſtige, um ſich ihn deſto feſter zu ver- binden, ſchlug anfangs ſein Anerbieten aus, und verſicherte, daß er einen ſolchen feigen Undankbaren nicht zu einer Unternehmung zulaſſen wuͤrde, fuͤr die er von einem ſo ſchlechten Werkzeuge alles fuͤrchten muͤßte. Belphegor wurde aͤngſtlich, die Qual des Verhungerns ſtellte ſich ihm in der fuͤrchter- lichſten Schwaͤrze vor, er ſetzte in ihn, be- ſchwor ihn und erhielt endlich, doch als eine Freundſchaft, die Erlaubniß, an der moͤrdriſchen That einen ruͤhmlichen Antheil
zu neh-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0018"n="12"/>
heit, Abſcheu gegen eine ſo grauſe That, wie<lb/>
ein Mord, ſtritten mit dem wildeſten Auf-<lb/>
ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte<lb/>
ihn zuruͤckrufen, er ſetzte einen Fuß bedaͤcht-<lb/>
lich vorwaͤrts und zog ihn haſtig wieder zu-<lb/>
ruͤck; er aͤchzte, er zitterte, er ſann, und<lb/>
endlich eilte er dem boͤſen Manne nach, um<lb/>
ihm ſeine Huͤlfe zu verſprechen, ob er gleich<lb/>
bey ſich den feſten Vorſatz hatte, nicht Einen<lb/>
Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus<lb/>
Liebe zur Selbſterhaltung that er ihm dies<lb/>
verſtellte Verſprechen, und war willens, ſich<lb/>
lieber einer Verraͤtherey gegen dieſen Boͤſe-<lb/>
wicht, als einer Mordthat ſchuldig zu machen.<lb/>
Der Liſtige, um ſich ihn deſto feſter zu ver-<lb/>
binden, ſchlug anfangs ſein Anerbieten aus,<lb/>
und verſicherte, daß er einen ſolchen feigen<lb/>
Undankbaren nicht zu einer Unternehmung<lb/>
zulaſſen wuͤrde, fuͤr die er von einem ſo<lb/>ſchlechten Werkzeuge alles fuͤrchten muͤßte.<lb/>
Belphegor wurde aͤngſtlich, die Qual des<lb/>
Verhungerns ſtellte ſich ihm in der fuͤrchter-<lb/>
lichſten Schwaͤrze vor, er ſetzte in ihn, be-<lb/>ſchwor ihn und erhielt endlich, doch als<lb/>
eine Freundſchaft, die Erlaubniß, an der<lb/>
moͤrdriſchen That einen ruͤhmlichen Antheil<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zu neh-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[12/0018]
heit, Abſcheu gegen eine ſo grauſe That, wie
ein Mord, ſtritten mit dem wildeſten Auf-
ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte
ihn zuruͤckrufen, er ſetzte einen Fuß bedaͤcht-
lich vorwaͤrts und zog ihn haſtig wieder zu-
ruͤck; er aͤchzte, er zitterte, er ſann, und
endlich eilte er dem boͤſen Manne nach, um
ihm ſeine Huͤlfe zu verſprechen, ob er gleich
bey ſich den feſten Vorſatz hatte, nicht Einen
Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus
Liebe zur Selbſterhaltung that er ihm dies
verſtellte Verſprechen, und war willens, ſich
lieber einer Verraͤtherey gegen dieſen Boͤſe-
wicht, als einer Mordthat ſchuldig zu machen.
Der Liſtige, um ſich ihn deſto feſter zu ver-
binden, ſchlug anfangs ſein Anerbieten aus,
und verſicherte, daß er einen ſolchen feigen
Undankbaren nicht zu einer Unternehmung
zulaſſen wuͤrde, fuͤr die er von einem ſo
ſchlechten Werkzeuge alles fuͤrchten muͤßte.
Belphegor wurde aͤngſtlich, die Qual des
Verhungerns ſtellte ſich ihm in der fuͤrchter-
lichſten Schwaͤrze vor, er ſetzte in ihn, be-
ſchwor ihn und erhielt endlich, doch als
eine Freundſchaft, die Erlaubniß, an der
moͤrdriſchen That einen ruͤhmlichen Antheil
zu neh-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/18>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.