So lange er wider die Ungerechtigkeiten und den Stolz der gebornen Spanier dekla- mirte und mit seiner gewöhnlichen Heftig- keit auf die Verachtung loszog, die sie gegen alle Kreolen blicken ließen, auch zuweilen dadurch, daß er zu heftig die Partie der Kreolen nahm, sich blaue, braune, gelbe und rothe Flecken, Wunden und Beulen verursachte, so überhäufte ihn sein Herr mit Liebkosungen und Geschenken, Belphe- gor empfieng die freundlichsten gütigsten Bli- cke unter allen im ganzen Hause, sein Ge- spräch war die liebste, die einzige Unterhal- tung seines Herrn, und dieser konnte ihm stundenlang zuhören, wenn er eine Straf- predigt über Welt und Menschen hielt und die Züge in seinen Gemälden des kindischen menschlichen Stolzes von gebornen Spa- niern entlehnte: sobald er aber Einen Zug der Unterdrückung einfließen ließ, die der Kreole so gut als der Spanier begieng, so schwieg man anfangs still, und wenn er seine Schilderungen mit solchen Dingen gar zu sehr überladete, so wurde die Unterhal- tung abgebrochen. Belphegor, der seinen Herrn, im Durchschnitte gerechnet, für gut
hielt,
So lange er wider die Ungerechtigkeiten und den Stolz der gebornen Spanier dekla- mirte und mit ſeiner gewoͤhnlichen Heftig- keit auf die Verachtung loszog, die ſie gegen alle Kreolen blicken ließen, auch zuweilen dadurch, daß er zu heftig die Partie der Kreolen nahm, ſich blaue, braune, gelbe und rothe Flecken, Wunden und Beulen verurſachte, ſo uͤberhaͤufte ihn ſein Herr mit Liebkoſungen und Geſchenken, Belphe- gor empfieng die freundlichſten guͤtigſten Bli- cke unter allen im ganzen Hauſe, ſein Ge- ſpraͤch war die liebſte, die einzige Unterhal- tung ſeines Herrn, und dieſer konnte ihm ſtundenlang zuhoͤren, wenn er eine Straf- predigt uͤber Welt und Menſchen hielt und die Zuͤge in ſeinen Gemaͤlden des kindiſchen menſchlichen Stolzes von gebornen Spa- niern entlehnte: ſobald er aber Einen Zug der Unterdruͤckung einfließen ließ, die der Kreole ſo gut als der Spanier begieng, ſo ſchwieg man anfangs ſtill, und wenn er ſeine Schilderungen mit ſolchen Dingen gar zu ſehr uͤberladete, ſo wurde die Unterhal- tung abgebrochen. Belphegor, der ſeinen Herrn, im Durchſchnitte gerechnet, fuͤr gut
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So lange er wider die Ungerechtigkeiten
und den Stolz der gebornen Spanier dekla-
mirte und mit ſeiner gewoͤhnlichen Heftig-
keit auf die Verachtung loszog, die ſie gegen
alle Kreolen blicken ließen, auch zuweilen
dadurch, daß er zu heftig die Partie der
Kreolen nahm, ſich blaue, braune, gelbe
und rothe Flecken, Wunden und Beulen
verurſachte, ſo uͤberhaͤufte ihn ſein Herr
mit Liebkoſungen und Geſchenken, Belphe-
gor empfieng die freundlichſten guͤtigſten Bli-
cke unter allen im ganzen Hauſe, ſein Ge-
ſpraͤch war die liebſte, die einzige Unterhal-
tung ſeines Herrn, und dieſer konnte ihm
ſtundenlang zuhoͤren, wenn er eine Straf-
predigt uͤber Welt und Menſchen hielt und
die Zuͤge in ſeinen Gemaͤlden des kindiſchen
menſchlichen Stolzes von gebornen Spa-
niern entlehnte: ſobald er aber Einen Zug
der Unterdruͤckung einfließen ließ, die der
Kreole ſo gut als der Spanier begieng, ſo
ſchwieg man anfangs ſtill, und wenn er
ſeine Schilderungen mit ſolchen Dingen gar
zu ſehr uͤberladete, ſo wurde die Unterhal-
tung abgebrochen. Belphegor, der ſeinen
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/243>, abgerufen am 22.12.2024.
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