katzen ihr Spiel um meine Zaninny trieben; sie kehrten ihr den Spiegel so oft und so vielfältig zu, daß das Mädchen mit ihrem ganzen Gesichte in Freundlichkeit und Wohl- gefallen zu zerfließen schien. Was ist Dir denn, Zaninny? fragte ich etliche Mal und schüttelte sie bey der Hand, als wenn ich sie aus dem Traume erwecken wollte, in welchem sie versenkt schien. Ich fragte noch einmal, und -- Brüderchen! plözlich sezte sie sich auf eine Meerkatze und trabte davon. Ich gerieth vor Schmerz und Schrecken außer mir; ich lief ihr nach, ich rufte: um- sonst! sie galopirte frisch hinweg und war mir in kurzer Zeit ganz aus den Augen. Ich wußte nicht, ob ich über sie weinen oder zürnen sollte. Ich wollte vor Unwillen allen Meerkatzen ihre verdammten Spiegel ausrei- ßen, die doch einzig daran schuld waren; ich seufzte und schmähte, ich ächzte und tobte, warf mich auf den Boden und machte mei- ner Beklemmung durch einen Strom von Thränen Luft. Indem ich, vertieft in mei- nen Schmerz, dort liege, und die Augen aufschlage -- Brüderchen, so hat mich die ganze Gesellschaft umringt, und lacht!
und
katzen ihr Spiel um meine Zaninny trieben; ſie kehrten ihr den Spiegel ſo oft und ſo vielfaͤltig zu, daß das Maͤdchen mit ihrem ganzen Geſichte in Freundlichkeit und Wohl- gefallen zu zerfließen ſchien. Was iſt Dir denn, Zaninny? fragte ich etliche Mal und ſchuͤttelte ſie bey der Hand, als wenn ich ſie aus dem Traume erwecken wollte, in welchem ſie verſenkt ſchien. Ich fragte noch einmal, und — Bruͤderchen! ploͤzlich ſezte ſie ſich auf eine Meerkatze und trabte davon. Ich gerieth vor Schmerz und Schrecken außer mir; ich lief ihr nach, ich rufte: um- ſonſt! ſie galopirte friſch hinweg und war mir in kurzer Zeit ganz aus den Augen. Ich wußte nicht, ob ich uͤber ſie weinen oder zuͤrnen ſollte. Ich wollte vor Unwillen allen Meerkatzen ihre verdammten Spiegel ausrei- ßen, die doch einzig daran ſchuld waren; ich ſeufzte und ſchmaͤhte, ich aͤchzte und tobte, warf mich auf den Boden und machte mei- ner Beklemmung durch einen Strom von Thraͤnen Luft. Indem ich, vertieft in mei- nen Schmerz, dort liege, und die Augen aufſchlage — Bruͤderchen, ſo hat mich die ganze Geſellſchaft umringt, und lacht!
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katzen ihr Spiel um meine Zaninny trieben;
ſie kehrten ihr den Spiegel ſo oft und ſo
vielfaͤltig zu, daß das Maͤdchen mit ihrem
ganzen Geſichte in Freundlichkeit und Wohl-
gefallen zu zerfließen ſchien. Was iſt Dir
denn, Zaninny? fragte ich etliche Mal
und ſchuͤttelte ſie bey der Hand, als wenn
ich ſie aus dem Traume erwecken wollte, in
welchem ſie verſenkt ſchien. Ich fragte noch
einmal, und — Bruͤderchen! ploͤzlich ſezte
ſie ſich auf eine Meerkatze und trabte davon.
Ich gerieth vor Schmerz und Schrecken
außer mir; ich lief ihr nach, ich rufte: um-
ſonſt! ſie galopirte friſch hinweg und war
mir in kurzer Zeit ganz aus den Augen. Ich
wußte nicht, ob ich uͤber ſie weinen oder
zuͤrnen ſollte. Ich wollte vor Unwillen allen
Meerkatzen ihre verdammten Spiegel ausrei-
ßen, die doch einzig daran ſchuld waren;
ich ſeufzte und ſchmaͤhte, ich aͤchzte und tobte,
warf mich auf den Boden und machte mei-
ner Beklemmung durch einen Strom von
Thraͤnen Luft. Indem ich, vertieft in mei-
nen Schmerz, dort liege, und die Augen
aufſchlage — Bruͤderchen, ſo hat mich
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/34>, abgerufen am 28.11.2024.
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