Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

einer meiner überfirnißten Damen einen Be-
such, der mich keine Minute ruhig schlum-
mern ließ, so sehr meine ermüdeten Lebens-
geister der Erhohlung bedurften. Ich ward
ungeduldig, riß mich von meinen Banden
los, ergriff die Muthwillige, die mich eben
beunruhigte, um sie aus meinem Schlafge-
mache hinauszuwerfen: sie schrie Gewalt,
und aus ihren ängstlichen Geberden konnte
ich schließen, daß sie ihren herbeyeilenden
Schwestern meine That als einen Anfall auf
ihre Tugend abmalen mochte, ob sie gleich
vorher mehrere auf die meinige gethan hatte.
Sie schrieen, lärmten und tobten alle, stei-
nigten mich, hezten ein ganzes Regiment
Meerkatzen auf mich los, die mich mit ihren
Tatzen elendiglich zerkratzten. Ich ertrug
mein Schicksal mit Geduld; aber den Tag
darauf wurde ich ausgelacht! Brüderchen,
ausgelacht, bis zur ärgsten Beschämung!
Ich forschte nach meiner Zaninny, ich lief
allenthalben herum, sie aufzusuchen; ich
fand sie nirgends: ich war untröstlich, doch
wurde ich bald durch ein lächerliches Schau-
spiel wieder aufgemuntert. Die Meerkatzen
haben das feinste Gefühl der Ehre: Neid

und

einer meiner uͤberfirnißten Damen einen Be-
ſuch, der mich keine Minute ruhig ſchlum-
mern ließ, ſo ſehr meine ermuͤdeten Lebens-
geiſter der Erhohlung bedurften. Ich ward
ungeduldig, riß mich von meinen Banden
los, ergriff die Muthwillige, die mich eben
beunruhigte, um ſie aus meinem Schlafge-
mache hinauszuwerfen: ſie ſchrie Gewalt,
und aus ihren aͤngſtlichen Geberden konnte
ich ſchließen, daß ſie ihren herbeyeilenden
Schweſtern meine That als einen Anfall auf
ihre Tugend abmalen mochte, ob ſie gleich
vorher mehrere auf die meinige gethan hatte.
Sie ſchrieen, laͤrmten und tobten alle, ſtei-
nigten mich, hezten ein ganzes Regiment
Meerkatzen auf mich los, die mich mit ihren
Tatzen elendiglich zerkratzten. Ich ertrug
mein Schickſal mit Geduld; aber den Tag
darauf wurde ich ausgelacht! Bruͤderchen,
ausgelacht, bis zur aͤrgſten Beſchaͤmung!
Ich forſchte nach meiner Zaninny, ich lief
allenthalben herum, ſie aufzuſuchen; ich
fand ſie nirgends: ich war untroͤſtlich, doch
wurde ich bald durch ein laͤcherliches Schau-
ſpiel wieder aufgemuntert. Die Meerkatzen
haben das feinſte Gefuͤhl der Ehre: Neid

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0038" n="32"/>
einer meiner u&#x0364;berfirnißten Damen einen Be-<lb/>
&#x017F;uch, der mich keine Minute ruhig &#x017F;chlum-<lb/>
mern ließ, &#x017F;o &#x017F;ehr meine ermu&#x0364;deten Lebens-<lb/>
gei&#x017F;ter der Erhohlung bedurften. Ich ward<lb/>
ungeduldig, riß mich von meinen Banden<lb/>
los, ergriff die Muthwillige, die mich eben<lb/>
beunruhigte, um &#x017F;ie aus meinem Schlafge-<lb/>
mache hinauszuwerfen: &#x017F;ie &#x017F;chrie Gewalt,<lb/>
und aus ihren a&#x0364;ng&#x017F;tlichen Geberden konnte<lb/>
ich &#x017F;chließen, daß &#x017F;ie ihren herbeyeilenden<lb/>
Schwe&#x017F;tern meine That als einen Anfall auf<lb/>
ihre Tugend abmalen mochte, ob &#x017F;ie gleich<lb/>
vorher mehrere auf die meinige gethan hatte.<lb/>
Sie &#x017F;chrieen, la&#x0364;rmten und tobten alle, &#x017F;tei-<lb/>
nigten mich, hezten ein ganzes Regiment<lb/>
Meerkatzen auf mich los, die mich mit ihren<lb/>
Tatzen elendiglich zerkratzten. Ich ertrug<lb/>
mein Schick&#x017F;al mit Geduld; aber den Tag<lb/>
darauf wurde ich ausgelacht! Bru&#x0364;derchen,<lb/>
ausgelacht, bis zur a&#x0364;rg&#x017F;ten Be&#x017F;cha&#x0364;mung!<lb/>
Ich for&#x017F;chte nach meiner <hi rendition="#fr">Zaninny,</hi> ich lief<lb/>
allenthalben herum, &#x017F;ie aufzu&#x017F;uchen; ich<lb/>
fand &#x017F;ie nirgends: ich war untro&#x0364;&#x017F;tlich, doch<lb/>
wurde ich bald durch ein la&#x0364;cherliches Schau-<lb/>
&#x017F;piel wieder aufgemuntert. Die Meerkatzen<lb/>
haben das fein&#x017F;te Gefu&#x0364;hl der Ehre: Neid<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0038] einer meiner uͤberfirnißten Damen einen Be- ſuch, der mich keine Minute ruhig ſchlum- mern ließ, ſo ſehr meine ermuͤdeten Lebens- geiſter der Erhohlung bedurften. Ich ward ungeduldig, riß mich von meinen Banden los, ergriff die Muthwillige, die mich eben beunruhigte, um ſie aus meinem Schlafge- mache hinauszuwerfen: ſie ſchrie Gewalt, und aus ihren aͤngſtlichen Geberden konnte ich ſchließen, daß ſie ihren herbeyeilenden Schweſtern meine That als einen Anfall auf ihre Tugend abmalen mochte, ob ſie gleich vorher mehrere auf die meinige gethan hatte. Sie ſchrieen, laͤrmten und tobten alle, ſtei- nigten mich, hezten ein ganzes Regiment Meerkatzen auf mich los, die mich mit ihren Tatzen elendiglich zerkratzten. Ich ertrug mein Schickſal mit Geduld; aber den Tag darauf wurde ich ausgelacht! Bruͤderchen, ausgelacht, bis zur aͤrgſten Beſchaͤmung! Ich forſchte nach meiner Zaninny, ich lief allenthalben herum, ſie aufzuſuchen; ich fand ſie nirgends: ich war untroͤſtlich, doch wurde ich bald durch ein laͤcherliches Schau- ſpiel wieder aufgemuntert. Die Meerkatzen haben das feinſte Gefuͤhl der Ehre: Neid und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/38
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/38>, abgerufen am 29.11.2024.