Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.in kälteren Nächten zugebracht, ohne daß es ihr was geschadet hätte. Es kommt auch einmal anders. Wenn der Teufel einen haben will, macht er ihn erst eine Weile sicher; eh' man sich's versieht, schlägt er dann zu. Der Kämmerer nickte zustimmend und schüttelte gleich darauf doch wieder bedenklich den Kopf. Es kann sein, meinte er, aber es ist doch noch etwas Anderes dabei gewesen. Was? Ja -- was? Ich hab' in diesen Tagen das Haus aufgeräumt und auch die Kammer in Ordnung gebracht, in der die Alte gehaus't hatte. Du weißt, daß sie im Wandschrank neben dem Ofen zu verwahren pflegte, was sie zur Nothdurft brauchte. Da standen denn auch leere Flaschen und darunter die große, in der sie aus dem Kruge den Branntwein holte -- sie war auch leer. Ansas lachte auf. Natürlich! Wie hätte sie sterben können, wenn noch ein Tropfen übrig gewesen wäre? Aber es ist ein ganz merkwürdiger Bodensatz darin -- einen halben Finger hoch, weiß und glänzend. Der Littauer horchte auf. Sollte die Hexe -- Dergleichen thut doch sonst Niemand selbst in den Branntwein hinein, bemerkte der Kämmerer, der sehr gut wußte, daß Ansas errieth, um was es sich handelte. in kälteren Nächten zugebracht, ohne daß es ihr was geschadet hätte. Es kommt auch einmal anders. Wenn der Teufel einen haben will, macht er ihn erst eine Weile sicher; eh' man sich's versieht, schlägt er dann zu. Der Kämmerer nickte zustimmend und schüttelte gleich darauf doch wieder bedenklich den Kopf. Es kann sein, meinte er, aber es ist doch noch etwas Anderes dabei gewesen. Was? Ja — was? Ich hab' in diesen Tagen das Haus aufgeräumt und auch die Kammer in Ordnung gebracht, in der die Alte gehaus't hatte. Du weißt, daß sie im Wandschrank neben dem Ofen zu verwahren pflegte, was sie zur Nothdurft brauchte. Da standen denn auch leere Flaschen und darunter die große, in der sie aus dem Kruge den Branntwein holte — sie war auch leer. Ansas lachte auf. Natürlich! Wie hätte sie sterben können, wenn noch ein Tropfen übrig gewesen wäre? Aber es ist ein ganz merkwürdiger Bodensatz darin — einen halben Finger hoch, weiß und glänzend. Der Littauer horchte auf. Sollte die Hexe — Dergleichen thut doch sonst Niemand selbst in den Branntwein hinein, bemerkte der Kämmerer, der sehr gut wußte, daß Ansas errieth, um was es sich handelte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079"/> in kälteren Nächten zugebracht, ohne daß es ihr was geschadet hätte.</p><lb/> <p>Es kommt auch einmal anders. Wenn der Teufel einen haben will, macht er ihn erst eine Weile sicher; eh' man sich's versieht, schlägt er dann zu.</p><lb/> <p>Der Kämmerer nickte zustimmend und schüttelte gleich darauf doch wieder bedenklich den Kopf. Es kann sein, meinte er, aber es ist doch noch etwas Anderes dabei gewesen.</p><lb/> <p>Was?</p><lb/> <p>Ja — was? Ich hab' in diesen Tagen das Haus aufgeräumt und auch die Kammer in Ordnung gebracht, in der die Alte gehaus't hatte. Du weißt, daß sie im Wandschrank neben dem Ofen zu verwahren pflegte, was sie zur Nothdurft brauchte. Da standen denn auch leere Flaschen und darunter die große, in der sie aus dem Kruge den Branntwein holte — sie war auch leer.</p><lb/> <p>Ansas lachte auf. Natürlich! Wie hätte sie sterben können, wenn noch ein Tropfen übrig gewesen wäre?</p><lb/> <p>Aber es ist ein ganz merkwürdiger Bodensatz darin — einen halben Finger hoch, weiß und glänzend.</p><lb/> <p>Der Littauer horchte auf. Sollte die Hexe —</p><lb/> <p>Dergleichen thut doch sonst Niemand selbst in den Branntwein hinein, bemerkte der Kämmerer, der sehr gut wußte, daß Ansas errieth, um was es sich handelte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0079]
in kälteren Nächten zugebracht, ohne daß es ihr was geschadet hätte.
Es kommt auch einmal anders. Wenn der Teufel einen haben will, macht er ihn erst eine Weile sicher; eh' man sich's versieht, schlägt er dann zu.
Der Kämmerer nickte zustimmend und schüttelte gleich darauf doch wieder bedenklich den Kopf. Es kann sein, meinte er, aber es ist doch noch etwas Anderes dabei gewesen.
Was?
Ja — was? Ich hab' in diesen Tagen das Haus aufgeräumt und auch die Kammer in Ordnung gebracht, in der die Alte gehaus't hatte. Du weißt, daß sie im Wandschrank neben dem Ofen zu verwahren pflegte, was sie zur Nothdurft brauchte. Da standen denn auch leere Flaschen und darunter die große, in der sie aus dem Kruge den Branntwein holte — sie war auch leer.
Ansas lachte auf. Natürlich! Wie hätte sie sterben können, wenn noch ein Tropfen übrig gewesen wäre?
Aber es ist ein ganz merkwürdiger Bodensatz darin — einen halben Finger hoch, weiß und glänzend.
Der Littauer horchte auf. Sollte die Hexe —
Dergleichen thut doch sonst Niemand selbst in den Branntwein hinein, bemerkte der Kämmerer, der sehr gut wußte, daß Ansas errieth, um was es sich handelte.
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Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/79>, abgerufen am 16.02.2025. |