Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Ansas Wanags ließ sich an der Brandstelle erst nach mehreren Tagen blicken. Er hatte einen Spaten und eine Hacke mitgebracht und fing bald rüstig an, hinter der noch am besten erhaltenen Mauer den Schutt wegzuräumen und die verkohlten Balken und Bretter zur Seite zu legen. Dann grub er ein etwa manntiefes Loch in die Erde, zwölf und mehr Fuß lang und breit, und schnitt aus der einen Seite Stufen zum Hinabsteigen in die Wand. Oben um den Rand legte er regelrecht eine doppelte Schicht von Steinen und Ziegeln, vorn und hinten schräg aufsteigend nach der Mauer hin, und deckte den ganzen vertieften Raum mit einer mehrfachen Lage von alten Balken, Pfosten und Bretterresten ein. Darüber häufte er noch zur besseren Befestigung Schutt und Erde. Vorn blieb ein Loch zum Eingang, geschützt durch einen Aufwurf von allerhand zertrümmertem Material, an der hinteren Giebelseite eine kleine Oeffnung als Fenster oder Schornstein. In das Innere brachte er Stroh und Moos.

Es konnte nicht fehlen, daß sich vom Gute und aus der Nachbarschaft Leute zusammenfanden, die diesem wunderlichen Bau zuschauten und die Kunde weiter trugen, daß Ansas Wanags zurückgekehrt sei und sich auf der Brandstätte einlogire. Auch Geelhaar fühlte sich auf die erste Nachricht hin bewogen, an Ort und Stelle Erkundigungen einzuziehen, was der Littauer eigentlich beabsichtige. Sobald Ansas ihn kommen sah,

Ansas Wanags ließ sich an der Brandstelle erst nach mehreren Tagen blicken. Er hatte einen Spaten und eine Hacke mitgebracht und fing bald rüstig an, hinter der noch am besten erhaltenen Mauer den Schutt wegzuräumen und die verkohlten Balken und Bretter zur Seite zu legen. Dann grub er ein etwa manntiefes Loch in die Erde, zwölf und mehr Fuß lang und breit, und schnitt aus der einen Seite Stufen zum Hinabsteigen in die Wand. Oben um den Rand legte er regelrecht eine doppelte Schicht von Steinen und Ziegeln, vorn und hinten schräg aufsteigend nach der Mauer hin, und deckte den ganzen vertieften Raum mit einer mehrfachen Lage von alten Balken, Pfosten und Bretterresten ein. Darüber häufte er noch zur besseren Befestigung Schutt und Erde. Vorn blieb ein Loch zum Eingang, geschützt durch einen Aufwurf von allerhand zertrümmertem Material, an der hinteren Giebelseite eine kleine Oeffnung als Fenster oder Schornstein. In das Innere brachte er Stroh und Moos.

Es konnte nicht fehlen, daß sich vom Gute und aus der Nachbarschaft Leute zusammenfanden, die diesem wunderlichen Bau zuschauten und die Kunde weiter trugen, daß Ansas Wanags zurückgekehrt sei und sich auf der Brandstätte einlogire. Auch Geelhaar fühlte sich auf die erste Nachricht hin bewogen, an Ort und Stelle Erkundigungen einzuziehen, was der Littauer eigentlich beabsichtige. Sobald Ansas ihn kommen sah,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <pb facs="#f0093"/>
        <p>Ansas Wanags ließ sich an der Brandstelle erst nach mehreren Tagen blicken. Er                     hatte einen Spaten und eine Hacke mitgebracht und fing bald rüstig an, hinter                     der noch am besten erhaltenen Mauer den Schutt wegzuräumen und die verkohlten                     Balken und Bretter zur Seite zu legen. Dann grub er ein etwa manntiefes Loch in                     die Erde, zwölf und mehr Fuß lang und breit, und schnitt aus der einen Seite                     Stufen zum Hinabsteigen in die Wand. Oben um den Rand legte er regelrecht eine                     doppelte Schicht von Steinen und Ziegeln, vorn und hinten schräg aufsteigend                     nach der Mauer hin, und deckte den ganzen vertieften Raum mit einer mehrfachen                     Lage von alten Balken, Pfosten und Bretterresten ein. Darüber häufte er noch zur                     besseren Befestigung Schutt und Erde. Vorn blieb ein Loch zum Eingang, geschützt                     durch einen Aufwurf von allerhand zertrümmertem Material, an der hinteren                     Giebelseite eine kleine Oeffnung als Fenster oder Schornstein. In das Innere                     brachte er Stroh und Moos.</p><lb/>
        <p>Es konnte nicht fehlen, daß sich vom Gute und aus der Nachbarschaft Leute                     zusammenfanden, die diesem wunderlichen Bau zuschauten und die Kunde weiter                     trugen, daß Ansas Wanags zurückgekehrt sei und sich auf der Brandstätte                     einlogire. Auch Geelhaar fühlte sich auf die erste Nachricht hin bewogen, an Ort                     und Stelle Erkundigungen einzuziehen, was der Littauer eigentlich beabsichtige.                     Sobald Ansas ihn kommen sah,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0093] Ansas Wanags ließ sich an der Brandstelle erst nach mehreren Tagen blicken. Er hatte einen Spaten und eine Hacke mitgebracht und fing bald rüstig an, hinter der noch am besten erhaltenen Mauer den Schutt wegzuräumen und die verkohlten Balken und Bretter zur Seite zu legen. Dann grub er ein etwa manntiefes Loch in die Erde, zwölf und mehr Fuß lang und breit, und schnitt aus der einen Seite Stufen zum Hinabsteigen in die Wand. Oben um den Rand legte er regelrecht eine doppelte Schicht von Steinen und Ziegeln, vorn und hinten schräg aufsteigend nach der Mauer hin, und deckte den ganzen vertieften Raum mit einer mehrfachen Lage von alten Balken, Pfosten und Bretterresten ein. Darüber häufte er noch zur besseren Befestigung Schutt und Erde. Vorn blieb ein Loch zum Eingang, geschützt durch einen Aufwurf von allerhand zertrümmertem Material, an der hinteren Giebelseite eine kleine Oeffnung als Fenster oder Schornstein. In das Innere brachte er Stroh und Moos. Es konnte nicht fehlen, daß sich vom Gute und aus der Nachbarschaft Leute zusammenfanden, die diesem wunderlichen Bau zuschauten und die Kunde weiter trugen, daß Ansas Wanags zurückgekehrt sei und sich auf der Brandstätte einlogire. Auch Geelhaar fühlte sich auf die erste Nachricht hin bewogen, an Ort und Stelle Erkundigungen einzuziehen, was der Littauer eigentlich beabsichtige. Sobald Ansas ihn kommen sah,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:07:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:07:21Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/93
Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/93>, abgerufen am 21.11.2024.