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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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der Schnee schmilzt, zieht sich das Loch voll Wasser. Das ist keine Wohnung für Menschen, sag' ich dir.

So wird sie für wilde Thiere doch gut genug sein, grinste Wanags; nimm dich in Acht! Ich bin jetzt ein wildes Thier, wenn man mich reizt.

Ein Querkopf bist du bemerkte Geelhaar derb zufahrend. Wenn du kein Unterkommen hast, warum wendest du dich nicht an mich? Bei mir steht im Insthause eine Wohnung leer; ich will sie dir gern zum Winter überlassen, und wenn du zum Sommer bei mir arbeiten willst, Ansas, werden wir auch fürs Weitere einig werden.

Der Littauer schüttelte energisch den Kopf. Nicht zum Winter und nicht zum Sommer. Ich gehöre hierher. Ist's keine Wohnung, so ist's doch zur Noth ein Hundestall und ich will meinen eigenen Hund spielen, bis ich wieder Herr auf dem Meinigen bin.

Aber ich kann dich da nicht leiden, Ansas; ich muß aufräumen lassen.

Statt jeder Antwort griff der Littauer langsam nach dem Gewehr, hob es auf, prüfte das Schloß und setzte es wieder zur Seite. Geelhaar wußte, was er meinte. Sein breites Gesicht sah zwar aus, als ob es lachte, aber es war ihm nicht ganz wohl dabei. Du wirst dich besinnen, sagte er, und ging fort.

Erst als Wanags seine Erdhütte ganz fertig eingerichtet hatte, machte er sich eines Abends spät auf den Weg nach der Grenze zu. Er langte gegen

der Schnee schmilzt, zieht sich das Loch voll Wasser. Das ist keine Wohnung für Menschen, sag' ich dir.

So wird sie für wilde Thiere doch gut genug sein, grinste Wanags; nimm dich in Acht! Ich bin jetzt ein wildes Thier, wenn man mich reizt.

Ein Querkopf bist du bemerkte Geelhaar derb zufahrend. Wenn du kein Unterkommen hast, warum wendest du dich nicht an mich? Bei mir steht im Insthause eine Wohnung leer; ich will sie dir gern zum Winter überlassen, und wenn du zum Sommer bei mir arbeiten willst, Ansas, werden wir auch fürs Weitere einig werden.

Der Littauer schüttelte energisch den Kopf. Nicht zum Winter und nicht zum Sommer. Ich gehöre hierher. Ist's keine Wohnung, so ist's doch zur Noth ein Hundestall und ich will meinen eigenen Hund spielen, bis ich wieder Herr auf dem Meinigen bin.

Aber ich kann dich da nicht leiden, Ansas; ich muß aufräumen lassen.

Statt jeder Antwort griff der Littauer langsam nach dem Gewehr, hob es auf, prüfte das Schloß und setzte es wieder zur Seite. Geelhaar wußte, was er meinte. Sein breites Gesicht sah zwar aus, als ob es lachte, aber es war ihm nicht ganz wohl dabei. Du wirst dich besinnen, sagte er, und ging fort.

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[0095] der Schnee schmilzt, zieht sich das Loch voll Wasser. Das ist keine Wohnung für Menschen, sag' ich dir. So wird sie für wilde Thiere doch gut genug sein, grinste Wanags; nimm dich in Acht! Ich bin jetzt ein wildes Thier, wenn man mich reizt. Ein Querkopf bist du bemerkte Geelhaar derb zufahrend. Wenn du kein Unterkommen hast, warum wendest du dich nicht an mich? Bei mir steht im Insthause eine Wohnung leer; ich will sie dir gern zum Winter überlassen, und wenn du zum Sommer bei mir arbeiten willst, Ansas, werden wir auch fürs Weitere einig werden. Der Littauer schüttelte energisch den Kopf. Nicht zum Winter und nicht zum Sommer. Ich gehöre hierher. Ist's keine Wohnung, so ist's doch zur Noth ein Hundestall und ich will meinen eigenen Hund spielen, bis ich wieder Herr auf dem Meinigen bin. Aber ich kann dich da nicht leiden, Ansas; ich muß aufräumen lassen. Statt jeder Antwort griff der Littauer langsam nach dem Gewehr, hob es auf, prüfte das Schloß und setzte es wieder zur Seite. Geelhaar wußte, was er meinte. Sein breites Gesicht sah zwar aus, als ob es lachte, aber es war ihm nicht ganz wohl dabei. Du wirst dich besinnen, sagte er, und ging fort. Erst als Wanags seine Erdhütte ganz fertig eingerichtet hatte, machte er sich eines Abends spät auf den Weg nach der Grenze zu. Er langte gegen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:07:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:07:21Z)

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/95>, abgerufen am 15.05.2024.