Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.schützen kamen ihm in den Sinn. Zurück, zurück! rief es ihm zu. Die Bäume schienen hereinzulangen und ihm den Weg zu versperren. Er fuhr sich mit der Hand über Stirn und Augen; er zauderte -- aber er ging weiter. Er hörte im Kloster die Abendglocke läuten; es mußte also halb neun Uhr sein, als er an den Fußpfad kam, der von der Mühle nach den sieben Buchen führt. Es war ihm zuwider, daß er hier ein kaum abgebranntes Feuer fand und niedergetretenes Gebüsch und Kraut; er machte sich aber vergeblich Gedanken darüber; und da es ringsum still war, ließ er es auch sein, setzte sich ins Dickicht am Weg und wartete. Das Mädchen dachte wohl auch an die Stunde, aber sie mußte warten, bis der Maurer erst mit dem Reh fort war, und ihr Vater aufhörte mit dem Basler zu reden, welcher matt und krank, aber doch wieder aufrecht, auf der Ofenbank saß und unwirrsch war, daß er heute gerade zu Hause bleiben mußte, wo er so doppelt nöthig war, weil sich der Schluchtmüller durch Nichts bereden ließ, nur noch ein Allerletztesmal die Bande anzuführen. Endlich aber war der Bursche schon geraume Zeit weg, daß er über dem Berge sein mußte, und der Vater sagte Gute Nacht. Sie wartete noch eine Weile; dann öffnete sie leise ihr Kammerfenster, horchte hinaus und schaute nach den Wolken. Ein leichter Sprung brachte sie auf schützen kamen ihm in den Sinn. Zurück, zurück! rief es ihm zu. Die Bäume schienen hereinzulangen und ihm den Weg zu versperren. Er fuhr sich mit der Hand über Stirn und Augen; er zauderte — aber er ging weiter. Er hörte im Kloster die Abendglocke läuten; es mußte also halb neun Uhr sein, als er an den Fußpfad kam, der von der Mühle nach den sieben Buchen führt. Es war ihm zuwider, daß er hier ein kaum abgebranntes Feuer fand und niedergetretenes Gebüsch und Kraut; er machte sich aber vergeblich Gedanken darüber; und da es ringsum still war, ließ er es auch sein, setzte sich ins Dickicht am Weg und wartete. Das Mädchen dachte wohl auch an die Stunde, aber sie mußte warten, bis der Maurer erst mit dem Reh fort war, und ihr Vater aufhörte mit dem Basler zu reden, welcher matt und krank, aber doch wieder aufrecht, auf der Ofenbank saß und unwirrsch war, daß er heute gerade zu Hause bleiben mußte, wo er so doppelt nöthig war, weil sich der Schluchtmüller durch Nichts bereden ließ, nur noch ein Allerletztesmal die Bande anzuführen. Endlich aber war der Bursche schon geraume Zeit weg, daß er über dem Berge sein mußte, und der Vater sagte Gute Nacht. Sie wartete noch eine Weile; dann öffnete sie leise ihr Kammerfenster, horchte hinaus und schaute nach den Wolken. Ein leichter Sprung brachte sie auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063"/> schützen kamen ihm in den Sinn. Zurück, zurück! rief es ihm zu. Die Bäume schienen hereinzulangen und ihm den Weg zu versperren. Er fuhr sich mit der Hand über Stirn und Augen; er zauderte — aber er ging weiter.</p><lb/> <p>Er hörte im Kloster die Abendglocke läuten; es mußte also halb neun Uhr sein, als er an den Fußpfad kam, der von der Mühle nach den sieben Buchen führt. Es war ihm zuwider, daß er hier ein kaum abgebranntes Feuer fand und niedergetretenes Gebüsch und Kraut; er machte sich aber vergeblich Gedanken darüber; und da es ringsum still war, ließ er es auch sein, setzte sich ins Dickicht am Weg und wartete.</p><lb/> <p>Das Mädchen dachte wohl auch an die Stunde, aber sie mußte warten, bis der Maurer erst mit dem Reh fort war, und ihr Vater aufhörte mit dem Basler zu reden, welcher matt und krank, aber doch wieder aufrecht, auf der Ofenbank saß und unwirrsch war, daß er heute gerade zu Hause bleiben mußte, wo er so doppelt nöthig war, weil sich der Schluchtmüller durch Nichts bereden ließ, nur noch ein Allerletztesmal die Bande anzuführen.</p><lb/> <p>Endlich aber war der Bursche schon geraume Zeit weg, daß er über dem Berge sein mußte, und der Vater sagte Gute Nacht.</p><lb/> <p>Sie wartete noch eine Weile; dann öffnete sie leise ihr Kammerfenster, horchte hinaus und schaute nach den Wolken. Ein leichter Sprung brachte sie auf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0063]
schützen kamen ihm in den Sinn. Zurück, zurück! rief es ihm zu. Die Bäume schienen hereinzulangen und ihm den Weg zu versperren. Er fuhr sich mit der Hand über Stirn und Augen; er zauderte — aber er ging weiter.
Er hörte im Kloster die Abendglocke läuten; es mußte also halb neun Uhr sein, als er an den Fußpfad kam, der von der Mühle nach den sieben Buchen führt. Es war ihm zuwider, daß er hier ein kaum abgebranntes Feuer fand und niedergetretenes Gebüsch und Kraut; er machte sich aber vergeblich Gedanken darüber; und da es ringsum still war, ließ er es auch sein, setzte sich ins Dickicht am Weg und wartete.
Das Mädchen dachte wohl auch an die Stunde, aber sie mußte warten, bis der Maurer erst mit dem Reh fort war, und ihr Vater aufhörte mit dem Basler zu reden, welcher matt und krank, aber doch wieder aufrecht, auf der Ofenbank saß und unwirrsch war, daß er heute gerade zu Hause bleiben mußte, wo er so doppelt nöthig war, weil sich der Schluchtmüller durch Nichts bereden ließ, nur noch ein Allerletztesmal die Bande anzuführen.
Endlich aber war der Bursche schon geraume Zeit weg, daß er über dem Berge sein mußte, und der Vater sagte Gute Nacht.
Sie wartete noch eine Weile; dann öffnete sie leise ihr Kammerfenster, horchte hinaus und schaute nach den Wolken. Ein leichter Sprung brachte sie auf
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T13:16:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T13:16:28Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |