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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Agathon.
deklatschen der Zuschauer zu erwarten, welche nicht
Worte genug finden konnten, das Vergnügen auszu-
drüken, das ihnen Danae durch diese unerwartete Pro-
be ihres Talents gemacht hatte. Jn wenigen Minu-
ten kam sie schon wieder in ihrer eignen Person zurük.
Wie sehr ist Callias dir verbunden, schöne Danae,
sagte Phädrias indem sie hereintrat! Du allein konn-
test seinen Tadel rechtfertigen, nur diejenige konnte es,
die liebenswürdig genug ist, um die Sprödigkeit selbst
reizend zu machen. Wie sehr wäre ein Apollo zu be-
dauren, für den du Daphne wärest! "Es war glük-
lich für den guten Agathon, daß er, indem dieses mit
einem bedeutenden Blik gesagt wurde, in dem Anschauen
der schönen Danae so verlohren war, daß er nichts
hörte; denn sonst würde ein abermaliges Erröthen die
Auslegung zu diesem Text gemacht haben. Das Lob
dieser Dame, und ein Gespräch über die Tanzkunst
füllte den Ueberrest der Zeit aus, welche diese Gesell-
schaft noch beyeinander zubrachte; ein Gespräch, dessen
Mittheilung uns der Leser gerne nachlassen wird, da
wir seine Begierde nach angelegenern Materien zu befrie-
digen haben. Nur diesen Umstand können wir nicht
vorbeygehen, daß Agathon bey diesem Anlaß auf
einmal so beredt wurde, als er vorher tiefsinnig und
stillschweigend gewesen war; eine lächelnde Heiterkeit
schimmerte um sein ganzes Gesicht, und noch niemal
hatte sein Wiz sich mit solcher Lebhaftigkeit hervorge-
than. Er erhielt den Beyfall der ganzen Gesellschaft,
und die schöne Danae selbst konnte sich nicht enthalten,

ihn

Agathon.
deklatſchen der Zuſchauer zu erwarten, welche nicht
Worte genug finden konnten, das Vergnuͤgen auszu-
druͤken, das ihnen Danae durch dieſe unerwartete Pro-
be ihres Talents gemacht hatte. Jn wenigen Minu-
ten kam ſie ſchon wieder in ihrer eignen Perſon zuruͤk.
Wie ſehr iſt Callias dir verbunden, ſchoͤne Danae,
ſagte Phaͤdrias indem ſie hereintrat! Du allein konn-
teſt ſeinen Tadel rechtfertigen, nur diejenige konnte es,
die liebenswuͤrdig genug iſt, um die Sproͤdigkeit ſelbſt
reizend zu machen. Wie ſehr waͤre ein Apollo zu be-
dauren, fuͤr den du Daphne waͤreſt! „Es war gluͤk-
lich fuͤr den guten Agathon, daß er, indem dieſes mit
einem bedeutenden Blik geſagt wurde, in dem Anſchauen
der ſchoͤnen Danae ſo verlohren war, daß er nichts
hoͤrte; denn ſonſt wuͤrde ein abermaliges Erroͤthen die
Auslegung zu dieſem Text gemacht haben. Das Lob
dieſer Dame, und ein Geſpraͤch uͤber die Tanzkunſt
fuͤllte den Ueberreſt der Zeit aus, welche dieſe Geſell-
ſchaft noch beyeinander zubrachte; ein Geſpraͤch, deſſen
Mittheilung uns der Leſer gerne nachlaſſen wird, da
wir ſeine Begierde nach angelegenern Materien zu befrie-
digen haben. Nur dieſen Umſtand koͤnnen wir nicht
vorbeygehen, daß Agathon bey dieſem Anlaß auf
einmal ſo beredt wurde, als er vorher tiefſinnig und
ſtillſchweigend geweſen war; eine laͤchelnde Heiterkeit
ſchimmerte um ſein ganzes Geſicht, und noch niemal
hatte ſein Wiz ſich mit ſolcher Lebhaftigkeit hervorge-
than. Er erhielt den Beyfall der ganzen Geſellſchaft,
und die ſchoͤne Danae ſelbſt konnte ſich nicht enthalten,

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[160/0182] Agathon. deklatſchen der Zuſchauer zu erwarten, welche nicht Worte genug finden konnten, das Vergnuͤgen auszu- druͤken, das ihnen Danae durch dieſe unerwartete Pro- be ihres Talents gemacht hatte. Jn wenigen Minu- ten kam ſie ſchon wieder in ihrer eignen Perſon zuruͤk. Wie ſehr iſt Callias dir verbunden, ſchoͤne Danae, ſagte Phaͤdrias indem ſie hereintrat! Du allein konn- teſt ſeinen Tadel rechtfertigen, nur diejenige konnte es, die liebenswuͤrdig genug iſt, um die Sproͤdigkeit ſelbſt reizend zu machen. Wie ſehr waͤre ein Apollo zu be- dauren, fuͤr den du Daphne waͤreſt! „Es war gluͤk- lich fuͤr den guten Agathon, daß er, indem dieſes mit einem bedeutenden Blik geſagt wurde, in dem Anſchauen der ſchoͤnen Danae ſo verlohren war, daß er nichts hoͤrte; denn ſonſt wuͤrde ein abermaliges Erroͤthen die Auslegung zu dieſem Text gemacht haben. Das Lob dieſer Dame, und ein Geſpraͤch uͤber die Tanzkunſt fuͤllte den Ueberreſt der Zeit aus, welche dieſe Geſell- ſchaft noch beyeinander zubrachte; ein Geſpraͤch, deſſen Mittheilung uns der Leſer gerne nachlaſſen wird, da wir ſeine Begierde nach angelegenern Materien zu befrie- digen haben. Nur dieſen Umſtand koͤnnen wir nicht vorbeygehen, daß Agathon bey dieſem Anlaß auf einmal ſo beredt wurde, als er vorher tiefſinnig und ſtillſchweigend geweſen war; eine laͤchelnde Heiterkeit ſchimmerte um ſein ganzes Geſicht, und noch niemal hatte ſein Wiz ſich mit ſolcher Lebhaftigkeit hervorge- than. Er erhielt den Beyfall der ganzen Geſellſchaft, und die ſchoͤne Danae ſelbſt konnte ſich nicht enthalten, ihn

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/182>, abgerufen am 24.11.2024.