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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Agathon.
nung, die ich ohnehin geneigt war, von meiner Be-
stimmung zu fassen, bestätigten. Dieser subtile Stolz,
der sich hinter meinen besten Neigungen und tugendhaf-
testen Gesinnungen verbarg, und dadurch meinem Be-
wußtseyn sich entzog, benahm mir nichts von einer
Bescheidenheit, wodurch ich vor den meisten jungen
Leuten meiner Gattung mich zu unterscheiden schien;
und ich gewann dadurch, nebst der allgemeinen Ach-
tung des geringern Theils des Volkes, den Vortheil,
daß die Vornehmsten, die Weisesten und Erfahrensten
mich gerne um sich haben mochten, und mir durch ih-
ren Umgang eine Menge besondere Kenntnisse mit-
theilten, welche mir bey meinem frühzeitigen Auftritt
in der Republik sehr wol zu statten kamen. Die Rei-
nigkeit meiner Sitten, der gute Gebrauch, den ich
von meiner Zeit machte, der Eifer, womit ich mich zum
künftigen Dienst meines Vaterlandes vorbereitete, die
fleißige Besuchung der Gymnasien, und der Preis, den
ich in den Uebungen vor den mehresten meines Alters
davon trug: Alles dieses vereinigte sich, das günstige
Vorurtheil zu unterhalten, welches man einmal für mich
gefaßt hatte; und da mir noch die Verdienste meines
Vaters, und einer langen Reihe von Voreltern den
Weg zur Republik bahnten; so ist es nicht zu verwun-
dern, daß ich in -einem Alter, worinn die meisten
Jünglinge nur mit ihren Vergnügungen beschäftiget
sind, den Muth hatte, in den öffentlichen Versamm-
lungen aufzutreten, und das Glük, mit einem Beyfall
aufgenommen zu werden, welcher mich in Gefahr sezte,

eben

Agathon.
nung, die ich ohnehin geneigt war, von meiner Be-
ſtimmung zu faſſen, beſtaͤtigten. Dieſer ſubtile Stolz,
der ſich hinter meinen beſten Neigungen und tugendhaf-
teſten Geſinnungen verbarg, und dadurch meinem Be-
wußtſeyn ſich entzog, benahm mir nichts von einer
Beſcheidenheit, wodurch ich vor den meiſten jungen
Leuten meiner Gattung mich zu unterſcheiden ſchien;
und ich gewann dadurch, nebſt der allgemeinen Ach-
tung des geringern Theils des Volkes, den Vortheil,
daß die Vornehmſten, die Weiſeſten und Erfahrenſten
mich gerne um ſich haben mochten, und mir durch ih-
ren Umgang eine Menge beſondere Kenntniſſe mit-
theilten, welche mir bey meinem fruͤhzeitigen Auftritt
in der Republik ſehr wol zu ſtatten kamen. Die Rei-
nigkeit meiner Sitten, der gute Gebrauch, den ich
von meiner Zeit machte, der Eifer, womit ich mich zum
kuͤnftigen Dienſt meines Vaterlandes vorbereitete, die
fleißige Beſuchung der Gymnaſien, und der Preis, den
ich in den Uebungen vor den mehreſten meines Alters
davon trug: Alles dieſes vereinigte ſich, das guͤnſtige
Vorurtheil zu unterhalten, welches man einmal fuͤr mich
gefaßt hatte; und da mir noch die Verdienſte meines
Vaters, und einer langen Reihe von Voreltern den
Weg zur Republik bahnten; ſo iſt es nicht zu verwun-
dern, daß ich in -einem Alter, worinn die meiſten
Juͤnglinge nur mit ihren Vergnuͤgungen beſchaͤftiget
ſind, den Muth hatte, in den oͤffentlichen Verſamm-
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aufgenommen zu werden, welcher mich in Gefahr ſezte,

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[332/0354] Agathon. nung, die ich ohnehin geneigt war, von meiner Be- ſtimmung zu faſſen, beſtaͤtigten. Dieſer ſubtile Stolz, der ſich hinter meinen beſten Neigungen und tugendhaf- teſten Geſinnungen verbarg, und dadurch meinem Be- wußtſeyn ſich entzog, benahm mir nichts von einer Beſcheidenheit, wodurch ich vor den meiſten jungen Leuten meiner Gattung mich zu unterſcheiden ſchien; und ich gewann dadurch, nebſt der allgemeinen Ach- tung des geringern Theils des Volkes, den Vortheil, daß die Vornehmſten, die Weiſeſten und Erfahrenſten mich gerne um ſich haben mochten, und mir durch ih- ren Umgang eine Menge beſondere Kenntniſſe mit- theilten, welche mir bey meinem fruͤhzeitigen Auftritt in der Republik ſehr wol zu ſtatten kamen. Die Rei- nigkeit meiner Sitten, der gute Gebrauch, den ich von meiner Zeit machte, der Eifer, womit ich mich zum kuͤnftigen Dienſt meines Vaterlandes vorbereitete, die fleißige Beſuchung der Gymnaſien, und der Preis, den ich in den Uebungen vor den mehreſten meines Alters davon trug: Alles dieſes vereinigte ſich, das guͤnſtige Vorurtheil zu unterhalten, welches man einmal fuͤr mich gefaßt hatte; und da mir noch die Verdienſte meines Vaters, und einer langen Reihe von Voreltern den Weg zur Republik bahnten; ſo iſt es nicht zu verwun- dern, daß ich in -einem Alter, worinn die meiſten Juͤnglinge nur mit ihren Vergnuͤgungen beſchaͤftiget ſind, den Muth hatte, in den oͤffentlichen Verſamm- lungen aufzutreten, und das Gluͤk, mit einem Beyfall aufgenommen zu werden, welcher mich in Gefahr ſezte, eben

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/354>, abgerufen am 22.11.2024.