Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Agathon. waren einige zugegen, welche davor gelten konnten)bewunderten am meisten, daß er die Kunstgriffe ver- schmähte, wodurch die Sophisten gewohnt waren, einer schlimmen Sache die Gestalt einer guten zu geben -- Keine Farben, welche durch ihren Glanz das Betrüg- liche falscher oder umsonst angenommener Säze verber- gen mußten; keine künstliche Austheilung des Lichts und des Schattens. Sein Ausdruk gliech dem Sonnenschein, dessen lebender und fast geistiger Glanz sich den Gegen- ständen mittheilt, ohne ihnen etwas von ihrer eigenen Gestalt und Farbe zu benehmen. Jndessen müssen wir gestehen, daß er ein wenig grau- von
Agathon. waren einige zugegen, welche davor gelten konnten)bewunderten am meiſten, daß er die Kunſtgriffe ver- ſchmaͤhte, wodurch die Sophiſten gewohnt waren, einer ſchlimmen Sache die Geſtalt einer guten zu geben ‒‒ Keine Farben, welche durch ihren Glanz das Betruͤg- liche falſcher oder umſonſt angenommener Saͤze verber- gen mußten; keine kuͤnſtliche Austheilung des Lichts und des Schattens. Sein Ausdruk gliech dem Sonnenſchein, deſſen lebender und faſt geiſtiger Glanz ſich den Gegen- ſtaͤnden mittheilt, ohne ihnen etwas von ihrer eigenen Geſtalt und Farbe zu benehmen. Jndeſſen muͤſſen wir geſtehen, daß er ein wenig grau- von
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Agathon.
waren einige zugegen, welche davor gelten konnten)
bewunderten am meiſten, daß er die Kunſtgriffe ver-
ſchmaͤhte, wodurch die Sophiſten gewohnt waren, einer
ſchlimmen Sache die Geſtalt einer guten zu geben ‒‒
Keine Farben, welche durch ihren Glanz das Betruͤg-
liche falſcher oder umſonſt angenommener Saͤze verber-
gen mußten; keine kuͤnſtliche Austheilung des Lichts und
des Schattens. Sein Ausdruk gliech dem Sonnenſchein,
deſſen lebender und faſt geiſtiger Glanz ſich den Gegen-
ſtaͤnden mittheilt, ohne ihnen etwas von ihrer eigenen
Geſtalt und Farbe zu benehmen.
Jndeſſen muͤſſen wir geſtehen, daß er ein wenig grau-
ſam mit den Republiken umgieng. Er bewies, oder
ſchien doch allen die ihn hoͤrten zu beweiſen, daß dieſe
Art von Geſellſchaft ihren Urſprung in dem wilden
Chaos der Anarchie genommen, und daß die Weisheit
ihrer Geſezgeber ſich mit ſchwachem Erfolg bemuͤhet
haͤtte, Ordnung und Conſiſtenz in eine Verfaſſung zu
bringen, welche ihrer Natur nach, in ſteter Unruh und
innerlicher Gaͤhrung alle Augenblike Gefahr lauffe, ſich
durch ihre eigene Kraͤfte aufzureiben, und welche des
Ruheſtandes ſo wenig faͤhig ſey, daß eine ſolche Ruhe
in derſelben vielmehr die Folge der aͤuſſerſten Verderb-
niß, und gleich einer Windſtille auf dem Meer, der
gewiſſe Vorbote des Sturms und Untergangs ſeyn wuͤrde.
Er zeigte, daß die Tugend, dieſes geheiligte Palladium
der Freyſtaaten, an deſſen Erhaltung ihre Geſezgeber
das ganze Gluͤk derſelben gebunden haͤtten, eine Art
von
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