Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Agathon. machen muß, und aus eben diesem Grunde dessen leichtentbehren kan. Hiezu kam noch, daß in einem Staat, worinn der Geist der politischen Tugend schon erloschen ist, und grenzenlose Begierden nach Reichthümern, und der schmeichelhaften Freyheit alles zu thun, was die Sinne gelüsten (der einzigen Art von Freyheit, welche von der Tyrannie eben so sehr begünstiget als sie von der ächten bürgerlichen Freyheit ausgeschlossen wird) die Oberhand gewonnen haben; daß, sage ich, in ei- nem solchen Staat, eine ausgelassene und allein auf Be- friedigung ihrer Leidenschaften erpichte Jugend sich mit gutem Grunde von der unumschränkten Regierung eines Einzigen ihrer Art, unendlich mehr Vortheile versprach als von der Aristocratie, deren sich die ältesten und Ver- dienstvollesten bemächtigen; oder von der Democratie, worinn man ein abhängiges und ungewisses Ansehen mit soviel Beschwehrlichkeiten, Cabbalen, Unruh und Gefahr, oft auch mit Aufopferung seines Vermögens theurer erkauffen muß, als es sich der Mühe zu verloh- nen scheint. Der junge Dionysius sezte sich also durch einen Zusam- dauerten,
Agathon. machen muß, und aus eben dieſem Grunde deſſen leichtentbehren kan. Hiezu kam noch, daß in einem Staat, worinn der Geiſt der politiſchen Tugend ſchon erloſchen iſt, und grenzenloſe Begierden nach Reichthuͤmern, und der ſchmeichelhaften Freyheit alles zu thun, was die Sinne geluͤſten (der einzigen Art von Freyheit, welche von der Tyrannie eben ſo ſehr beguͤnſtiget als ſie von der aͤchten buͤrgerlichen Freyheit ausgeſchloſſen wird) die Oberhand gewonnen haben; daß, ſage ich, in ei- nem ſolchen Staat, eine ausgelaſſene und allein auf Be- friedigung ihrer Leidenſchaften erpichte Jugend ſich mit gutem Grunde von der unumſchraͤnkten Regierung eines Einzigen ihrer Art, unendlich mehr Vortheile verſprach als von der Ariſtocratie, deren ſich die aͤlteſten und Ver- dienſtvolleſten bemaͤchtigen; oder von der Democratie, worinn man ein abhaͤngiges und ungewiſſes Anſehen mit ſoviel Beſchwehrlichkeiten, Cabbalen, Unruh und Gefahr, oft auch mit Aufopferung ſeines Vermoͤgens theurer erkauffen muß, als es ſich der Muͤhe zu verloh- nen ſcheint. Der junge Dionyſius ſezte ſich alſo durch einen Zuſam- dauerten,
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Agathon.
machen muß, und aus eben dieſem Grunde deſſen leicht
entbehren kan. Hiezu kam noch, daß in einem Staat,
worinn der Geiſt der politiſchen Tugend ſchon erloſchen
iſt, und grenzenloſe Begierden nach Reichthuͤmern, und
der ſchmeichelhaften Freyheit alles zu thun, was die
Sinne geluͤſten (der einzigen Art von Freyheit, welche
von der Tyrannie eben ſo ſehr beguͤnſtiget als ſie von
der aͤchten buͤrgerlichen Freyheit ausgeſchloſſen wird)
die Oberhand gewonnen haben; daß, ſage ich, in ei-
nem ſolchen Staat, eine ausgelaſſene und allein auf Be-
friedigung ihrer Leidenſchaften erpichte Jugend ſich mit
gutem Grunde von der unumſchraͤnkten Regierung eines
Einzigen ihrer Art, unendlich mehr Vortheile verſprach
als von der Ariſtocratie, deren ſich die aͤlteſten und Ver-
dienſtvolleſten bemaͤchtigen; oder von der Democratie,
worinn man ein abhaͤngiges und ungewiſſes Anſehen
mit ſoviel Beſchwehrlichkeiten, Cabbalen, Unruh und
Gefahr, oft auch mit Aufopferung ſeines Vermoͤgens
theurer erkauffen muß, als es ſich der Muͤhe zu verloh-
nen ſcheint.
Der junge Dionyſius ſezte ſich alſo durch einen Zuſam-
menfluß guͤnſtiger Umſtaͤnde, in den ruhigen Beſiz der
hoͤchſten Gewalt zu Syracus; und es iſt leicht zu erach-
ten, wie ein uͤbelgezogner, und vom Feuer ſeines Tem-
peraments zu allen Ausſchweiffungen der Jugend hinge-
riſſener Prinz, unter einem Schwarme von Paraſiten,
dieſer Macht ſich bedient haben werde. Ergoͤzungen,
Gaſtmaͤhler, Liebeshaͤndel, Feſte welche ganze Monate
dauerten,
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