Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Agathon. sten und Trajanen, aus Schuld derjenigen, die überihre Erziehung gesezt waren, oder durch die Unfähigkeit eines dummen, mit klösterlichen Vorurtheilen angefüll- ten Mönchen, dem sie auf Discretion überlassen wurden in Nerone und Heliogabale ausgeartet sind? --- Eine genaue und ausführliche Entwiklung, wie dieses zugehe; wie es unter gewissen gegebenen Umständen nicht an- ders möglich sey, als daß durch eine so fehlerhafte Ver- anstaltung das beste Naturell, in ein Caricaturenmässi- ges moralisches Mißgeschöpfe verzogen werden müsse, wäre, wie uns däucht, ein sehr nüzlicher Stoff, den wir der Bearbeitung irgend eines Mannes von Genie empfehlen, der bey philosophischen Einsichten eine hin- längliche Kenntniß der Welt besässe. Unsre aufgeklärten und politen Zeiten sind weder dieses noch jenes in so hohem Grade, daß ein solches Werk überflüssig seyn sollte; und wenn die Ausführung der Würde des Stof- fes zusagte, so zweifeln wir nicht, daß es glüklich ge- nug werden könnte, von mancher Provinz die lange Folge von Plagen abzuwenden, welche ihr vielleicht durch die fehlerhafte Erziehung ihrer noch ungebohrnen Beherrscher in den nächsten hundert Jahren bevor- stehen. Zweytes
Agathon. ſten und Trajanen, aus Schuld derjenigen, die uͤberihre Erziehung geſezt waren, oder durch die Unfaͤhigkeit eines dummen, mit kloͤſterlichen Vorurtheilen angefuͤll- ten Moͤnchen, dem ſie auf Diſcretion uͤberlaſſen wurden in Nerone und Heliogabale ausgeartet ſind? ‒‒‒ Eine genaue und ausfuͤhrliche Entwiklung, wie dieſes zugehe; wie es unter gewiſſen gegebenen Umſtaͤnden nicht an- ders moͤglich ſey, als daß durch eine ſo fehlerhafte Ver- anſtaltung das beſte Naturell, in ein Caricaturenmaͤſſi- ges moraliſches Mißgeſchoͤpfe verzogen werden muͤſſe, waͤre, wie uns daͤucht, ein ſehr nuͤzlicher Stoff, den wir der Bearbeitung irgend eines Mannes von Genie empfehlen, der bey philoſophiſchen Einſichten eine hin- laͤngliche Kenntniß der Welt beſaͤſſe. Unſre aufgeklaͤrten und politen Zeiten ſind weder dieſes noch jenes in ſo hohem Grade, daß ein ſolches Werk uͤberfluͤſſig ſeyn ſollte; und wenn die Ausfuͤhrung der Wuͤrde des Stof- fes zuſagte, ſo zweifeln wir nicht, daß es gluͤklich ge- nug werden koͤnnte, von mancher Provinz die lange Folge von Plagen abzuwenden, welche ihr vielleicht durch die fehlerhafte Erziehung ihrer noch ungebohrnen Beherrſcher in den naͤchſten hundert Jahren bevor- ſtehen. Zweytes
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0092" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Agathon.</hi></hi></fw><lb/> ſten und Trajanen, aus Schuld derjenigen, die uͤber<lb/> ihre Erziehung geſezt waren, oder durch die Unfaͤhigkeit<lb/> eines dummen, mit kloͤſterlichen Vorurtheilen angefuͤll-<lb/> ten Moͤnchen, dem ſie auf Diſcretion uͤberlaſſen wurden<lb/> in Nerone und Heliogabale ausgeartet ſind? ‒‒‒ Eine<lb/> genaue und ausfuͤhrliche Entwiklung, wie dieſes zugehe;<lb/> wie es unter gewiſſen gegebenen Umſtaͤnden nicht an-<lb/> ders moͤglich ſey, als daß durch eine ſo fehlerhafte Ver-<lb/> anſtaltung das beſte Naturell, in ein Caricaturenmaͤſſi-<lb/> ges moraliſches Mißgeſchoͤpfe verzogen werden muͤſſe,<lb/> waͤre, wie uns daͤucht, ein ſehr nuͤzlicher Stoff, den<lb/> wir der Bearbeitung irgend eines Mannes von Genie<lb/> empfehlen, der bey philoſophiſchen Einſichten eine hin-<lb/> laͤngliche Kenntniß der Welt beſaͤſſe. Unſre aufgeklaͤrten<lb/> und politen Zeiten ſind weder dieſes noch jenes in ſo<lb/> hohem Grade, daß ein ſolches Werk uͤberfluͤſſig ſeyn<lb/> ſollte; und wenn die Ausfuͤhrung der Wuͤrde des Stof-<lb/> fes zuſagte, ſo zweifeln wir nicht, daß es gluͤklich ge-<lb/> nug werden koͤnnte, von mancher Provinz die lange<lb/> Folge von Plagen abzuwenden, welche ihr vielleicht<lb/> durch die fehlerhafte Erziehung ihrer noch ungebohrnen<lb/> Beherrſcher in den naͤchſten hundert Jahren bevor-<lb/> ſtehen.</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Zweytes</hi> </hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0092]
Agathon.
ſten und Trajanen, aus Schuld derjenigen, die uͤber
ihre Erziehung geſezt waren, oder durch die Unfaͤhigkeit
eines dummen, mit kloͤſterlichen Vorurtheilen angefuͤll-
ten Moͤnchen, dem ſie auf Diſcretion uͤberlaſſen wurden
in Nerone und Heliogabale ausgeartet ſind? ‒‒‒ Eine
genaue und ausfuͤhrliche Entwiklung, wie dieſes zugehe;
wie es unter gewiſſen gegebenen Umſtaͤnden nicht an-
ders moͤglich ſey, als daß durch eine ſo fehlerhafte Ver-
anſtaltung das beſte Naturell, in ein Caricaturenmaͤſſi-
ges moraliſches Mißgeſchoͤpfe verzogen werden muͤſſe,
waͤre, wie uns daͤucht, ein ſehr nuͤzlicher Stoff, den
wir der Bearbeitung irgend eines Mannes von Genie
empfehlen, der bey philoſophiſchen Einſichten eine hin-
laͤngliche Kenntniß der Welt beſaͤſſe. Unſre aufgeklaͤrten
und politen Zeiten ſind weder dieſes noch jenes in ſo
hohem Grade, daß ein ſolches Werk uͤberfluͤſſig ſeyn
ſollte; und wenn die Ausfuͤhrung der Wuͤrde des Stof-
fes zuſagte, ſo zweifeln wir nicht, daß es gluͤklich ge-
nug werden koͤnnte, von mancher Provinz die lange
Folge von Plagen abzuwenden, welche ihr vielleicht
durch die fehlerhafte Erziehung ihrer noch ungebohrnen
Beherrſcher in den naͤchſten hundert Jahren bevor-
ſtehen.
Zweytes
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |